Mo, 1. Juli 2019
Krusterhof (1.050 m) - Dorf Tirol (700 m)
Der letzte Tag auf dem Meraner Höhenweg hält nochmal eine lange Wanderung mit reichlich Höhenmetern bereit. Schließlich müssen sämtliche Seitentäler ausgelaufen werden. Und dann schlägt auch noch das Wetter um!
Recht stickig war die Nacht in unserem ansonsten sehr gemütlichen Zimmer im Krusterhof. Durch die Balkontür kam kein Lüftchen rein. Richtig kühl ist dagegen der Frühstücksraum im Keller des Hofes. Hier lässt sich’s aushalten. Mein gestern Abend noch dick geschwollener Knöchel schmerzt zwar noch etwas, ist aber zum Glück fast wieder auf Normalmaß geschrumpft.
Kurz nach acht machen wir uns auf den Weg. Eine lange letzte Etappe liegt vor uns. Als wir auf die Straße treten, kommen uns zwei lachende Frauen entgegen - die Berlinerinnen. Die beiden amüsieren sich königlich, dass wir uns nun schon wieder über den Weg laufen. Sie hatten unten im Tal übernachtet und sich mit einem Taxi zurück auf den Höhenweg bringen lassen. Bald schließen die Männer auf und wir setzen die Wanderung für eine Weile gemeinsam fort.
Diese Etappe markiert den Tiefpunkt der Tour
Wie an einer Perlenkette reihen sich die Bergbauernhöfe über dem Passeier aneinander, mal wandern wir auf Straßen, mal auf Feld- oder Waldwegen. Es geht ständig rauf und runter. Sonderlich reizvoll ist die Wegführung hier nicht. Im Kalmbachtal erreichen wir 820 Meter über Meer den niedrigsten Punkt des ganzen Meraner Höhenweges. Nach dem Gegenanstieg auf wieder 1.100 Meter legen wir in der Hofschenke Alpenland eine Pause ein. Die wirkt zwar etwas ramschig, aber die wie ein Wasserfall schwatzende Wirtin allein ist schon den Besuch wert. Sie lässt mich nicht gehen, ohne einen ihrer hausgemachten Schnäpse probiert zu haben.
Die nächste Rast kommt dann erst zweieinhalb Stunden später beim Gasthof Longfall tief im Spronser Tal. Der Besuch ist eine Zeitreise in längst vergangene Jahrzehnte. Fast könnte man meinen, an einem Filmset gelandet zu sein. Der alte Bauer sitzt auf einer Bank am Zugang zur Terrasse und freut sich, immer wieder neuen Gästen seine Lebensgeschichte zu erzählen. Grandios ist der Blick das Tal hinauf, wo ein Wasserfall von den steilen Felswänden rauscht. Der speist seit über 600 Jahren einen Kanal, den “Kuenser Waal”, der das Wasser des Spronser Bachs fast zwei Kilometer lang bis in die Obst- und Weingärten von Kuens transportiert.
Die letzte Herausforderung
Nach der Mittagspause ist Trittsicherheit gefragt, denn auf unzähligen Stufen geht es aus dem Tal hinaus und um die Hänge des Mutkopfs. Wo der Wald sich lichtet, breitet sich unter uns der Kessel von Meran aus. Über dem sind dunkle Wolken aufgezogen, Richtung Bozen lassen sich Schauer ausmachen. Wir fühlen bald die ersten Tropfen auf der Haut. Eigentlich sind die eine willkommene Erfrischung, es regnet dann aber doch genug, dass wir lieber mal die Rucksäcke einpacken. Haben wir den Nässeschutz wenigstens nicht ganz umsonst mitgenommen.
Um halb vier kommen wir an einer Weggabelung raus. Nach rechts geht es zum Talbauer-Hof und dann steil hinauf durch die Wiesen zum Gasthof Hochmuth und damit zur Bergstation der Seilbahn, nach links direkt hinunter zum Dorf Tirol. Angesicht der Wetterlage entscheiden wir uns fürs Linksabbiegen. Wer weiß, ob bei Gewitter die Seilbahn fährt…
Der Abstieg ist nicht ohne und führt in engen Serpentinen durch eine Schlucht. Die Wurzeln und Felsen sind nun richtig schön rutschig, wobei uns das Blätterdach vor dem ärgsten Regen schützt. Nach einer Stunde erreichen wir den Ortsrand und die oberhalb der Seilbahnstation gelegene Pension Praidlerhof. Und das keine Sekunde zu früh.
Nach uns die Sintflut
Als uns die Dame des Hauses aufs Zimmer führt und die Fensterläden, die zum Schutz vor der Sonne geschlossen waren, aufmacht, bricht ein Sturm los, dass es die Apfelbäume rund um das Dorf biegt. Nicht auszudenken, wir wären jetzt noch am Berg unterwegs…
Wir breiten den Inhalt unserer Rucksäcke in dem geräumigen Doppelzimmer aus, das wir zum Abschluss der Wanderwoche für zwei Nächte gebucht haben. Morgen wollen wir vor allem ausspannen. Die Pension verfügt dazu über einen Pool, das war mir ganz wichtig. Bei dem Wetter stellt sich freilich die Frage, ob wir von dem viel haben werden.
Abendessen gibt es auf der Terrasse. Der Praidlerhof hat nur eine kleine Abendkarte, aber solange auf der Leberkäse mit Spiegelei steht, müssen wir nicht darüber nachdenken, noch woanders hinzugehen. Für heute haben wir genug der Schritte getan.
Unterkunft: Pension Praidlerhof, Dorf Tirol - DZ 39 EUR pP
Wegstrecke: 19,9 km
Höhenmeter: +1.110 / -1.461
Nützliche Links
Meraner Höhenweg - Etappenplanung, Unterkünfte, Wissenswertes
Bergwelten - schöner Artikel zur Einstimmung
Meraner Land - interaktive Karte mit aktuellen Infos zu Sperrungen
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