20150730 E5 06
Verpeiljoch


Do, 30. Juli 2015

IN EINE WELT AUS EIS UND FELS

Mit der Wanderung aus dem Pitztal über das Verpeiljoch bekommt unsere Tour auf dem E5 wieder hochalpinen Charakter. Auf dem Kaunergrat erwartet uns eine weltromantische Bergwelt mit schroffen Gipfeln und urgemütlichen Hütten.       

Ein grummelnder Magen bringt mich um eine erholsame Nacht im Landhaus Edelweiss. Das muss das schlechte Bier gestern gewesen sein. Vielleicht ist's aber auch die Höhe. Oder der Brechdurchfall, vor dem im Fall des Trinkens aus dem Bach an der Memminger Hütte gewarnt wurde. Wobei - wirklich schlecht ist mir morgens nicht. Also keine Ausrede, weiter geht's!


Das gilt allerdings nicht für alle. Flo, Beate und Thomas nehmen sich eine Auszeit und bleiben im komfortablen Hotel. Der Rest vom Fest nimmt um 7:19 Uhr den Bus nach Trenkwald. Das ist zwei Örtchen weiter und Ausgangspunkt für allerlei Wanderungen auf dem Kaunergrat. Heute geht es wieder hoch hinaus!


Kraxelei am Verpeiljoch


Wie schon gestern startet unsere Wanderung durch den Bergwald in dichtem Nebel. Der lichtet sich mit Erreichen der Neururer Alm in einer Höhe von 2.000 Metern. Immer steiler wird nun der Weg entlang des Seebachs, der den Neururer Ferner entwässert - oder das, was von dem Gletscher noch übrig ist. Oberhalb von 2.500 Metern gibt es jedenfalls nur noch Eis und Fels.



Aufs Verpeiljoch hinauf ist es eine mühselige Kraxelei über rutschigen Schotter und wir sind sehr froh, als wir auf 2.832 Metern, dem höchsten Punkt der bisherigen Tour, ankommen. Ich fühle mich erstmals in dieser Woche ans körperliche Limit gebracht.



Der Abstieg auf der Kaunertaler Seite erfolgt über zwischen Drahtseile gespannte Holzstufen. Zusätzlichen Halt bieten in der Felswand verschraubte Seile. Der Fels hier oben ist so bröckelig, dass man ihn wohl auch einfach in großen Schritten hinabsurfen könnte - würde man damit die unter einem Absteigenden nicht ständiger Steinschlaggefahr aussetzen.


Hochgefühl beim Abstieg


Mir macht das Ganze überhaupt keine Angst. Während sich einige aus der Gruppe ob des steil abfallenden Hangs sehr langsam und unsicher vorantasten, kann ich die Wanderung von hier an richtig genießen. Mein Kreislauf hat sich erholt, der Puls schlägt wieder im grünen Bereich, ich fühle mich trittsicher und auch der Magen scheint sich beruhigt zu haben. Fast überkommt mich ein Hochgefühl. Irgendwie bin ich sehr zuversichtlich, dass ab jetzt alles nur noch Spaß machen wird.



Nach einer Stunde ist der anspruchsvollste Teil der heutigen Strecke bewältigt und wir wandern auf den Muränenhängen der Verpeilferner bergab. Mit einem Mal reißen die auf dieser Seite bisher wie Watte am Hang klebenden Wolken auf und geben den Blick frei auf eine inmitten einer lieblichen Almenlandschaft in der Sonne liegenden Berghütte. Es ist die Verpeilhütte, unser Ziel. Schon wieder so ein magisch schöner Moment!


Es dauert dann allerdings noch eine ganze Stunde bis wir die Hütte auch erreichen. Die ist so richtig urig und Wirtin Agnes und ihr (ausschließlich weibliches) Team genießen einen fast schon legendären Ruf in Bergwandererkreisen. Zu verdanken haben sie den nicht zuletzt ihrem Kaiserschmarrn, dem ich allerdings eine Käsknödelsuppe vorziehe. Auch superlecker!



Vorsicht, Kühe!


Schöne Details wie rund um die Hütte verteilte Sitzsäcke, Loungemöbel und nette kleine Deko-Elemente sorgen für höchsten Wohlfühlfaktor auf der Verpeilhütte, die der Frankfurter Sektion des Deutschen Alpenvereins gehört. Einzig mit den Kühen muss man sich arrangieren. Nicht nur, dass die wohl die ganze Nacht durchbimmeln werden, sie stibitzen auch gerne verschwitzte Klamotten, die Wanderer zum Trocken aufhängen. Barbara muss alles geben, um ihre Kniemanschette aus dem Maul einer Kuh zu befreien. Merke: Mit Salz fängt man Kühe.


Wir kommen in einem Zehner-Lager unter, was aber voll okay ist, weil die Matratzen ausreichend breit sind, so dass man dem Schlafnachbarn nicht auf die Pelle rücken muss. Die Verpeilhütte verfügt allerdings nur über eine einzige Dusche, die sich auch noch im Damen-Waschraum befindet. Mir reicht daher mal wieder die Katzenwäsche. Man glaubt es ja vor so einer Tour nicht, wie weit man mit zwei Unterhosen und zwei Paar Socken kommt, ohne verdächtig zu werden, ein Barbar zu sein.


Zum Abendessen gibt es Spaghetti mit frischen Tomaten als Hauptgang. Schmecken richtig italienisch. Dazu ein schöner Rotwein - was geht's uns gut...

Wanderung:  8 km

Höhenmeter: +1.334 / -818

Übernachtung: Verpeilhütte - 34 EUR inkl. Halbpension