20150729 E5 05
Blick vom Kreuzjöchl


Mi, 29. Juli 2015

AUF EINSAMEN PFADEN INS PITZTAL

Statt auf dem direkten Weg zur Braunschweiger Hütte am Ende des Pitztals zu bleiben, dreht die von der Mainzer DAV-Sektion begangene Variante des E5 einige Ehrenrunden über den Kaunergrat. Mit der heutigen Etappe betreten wir dabei sogar Neuland.   

Wo wir mit unserer Blockhütte so eine bequeme Unterkunft in Neu Amerika haben, kommt das Aufstehen um 6 Uhr definitiv zu früh. Vor allem, da es draußen bald anfängt, Bindfäden zu regnen. Aber wir sind sehr gespannt auf die heutige Tour, die vor uns noch keine DAV-Gruppe als E5-Variante gelaufen ist.


Ohnehin gibt es diverse Variationsmöglichkeiten für den Weg über die Alpen entlang der Route des E5. Bei der klassischen Version steigt man vom Venet nach Wenns ab und nimmt von dort den Bus durchs Pitztal bis an dessen Ende, wo es rauf auf die Braunschweiger Hütte geht. Die Etappe ist in einem Tag machbar.


Wir werden die Braunschweiger Hütte dagegen erst am Beginn der zweiten Woche erreichen und stattdessen eine alpinere Alternative über den Kaunergrat wandern. Diese ist auch als "Mainzer Variante" bekannt. Der Mainzer an sich ist schließlich Genussmensch, dem Schönheit über Geschwindigkeit geht. Nicht ganz zufällig werden wir dabei auch in den Hütten der DAV-Sektionen Frankfurt und Mainz Station machen.


Es empfiehlt sich sowieso für die Tourenplanung auf dem E5 ein bisschen flexibel zu sein, ist es doch mitunter schwierig, eine Unterkunft entlang der einschlägigen "Rennstrecken" zu finden. Das gilt für eine große Gruppe wie die unsere natürlich um so mehr.


Aussichtsreiche Tour dank ortskundigem Führer


Weil der Weg so unbekannt ist, bekommen wir eigens vom Pitztaler Tourismusverband einen ortskundigen Führer an die Seite, Thomas Neuer. Der steht um Punkt 8 Uhr vor der Tür des Saloons der Ranch. Ein bisschen dezimiert ist unsere Gruppe heute. Helena braucht dringend neue Schuhe, in denen sie sich keine Blasen läuft, Barbara muss ihre Erkältung pflegen und auch Beate und Thomas ziehen der Bergtour die Busfahrt zum nächsten Übernachtungsort vor.



Zum Glück hört es bald auf zu regnen und als wir mit der Kielebergalm das erste Zwischenziel erreichen, lichtet sich der Nebel und blauer Himmel erscheint über uns. Der weitere Aufstieg bietet denn auch fantastische Ausblicke auf die aus den Nebelbänken im Tal aufragenden Berge. Bald können wir den kompletten Weg der gestrigen Wanderung auf dem Venet gegenüber ausmachen. Kurz unterhalb des Kreuzjöchl quert eine Gams mit ihrem Jungen unseren Weg. Außer uns ist hier oben keine Menschenseele unterwegs.


Vom Gipfel des Kreuzjöchl geht die Aussicht dann locker 50 Kilometer weit. Leicht lassen sich etwa die Zugspitze und das Karwendel entdecken. Das Bild aus Wolken und Bergspitzen ist grandios. Der Tag hat sich schon gelohnt!



Der Abstieg zieht sich


Runter vom Berg kommen wir über einen sehr steilen Grashang. Unser Führer Thomas bessert nebenbei noch mit seinem Wanderstock den Trampelpfad aus. Dann geht es über Felsen, durch Blaubeerbüsche, über einen kurzen steinigen Querweg, und dann zwischen Kühen und ihren Ausscheidungen hindurch zur Straßbergalm - das Ganze bei Schauerwetter. Der Spaßfaktor ist nun mäßig und gewinnt auch nicht dadurch, dass mir bei der Bestellung eines Radlers ein Gesöff aus der Fabrikation des Plörrenbrauers Oettinger serviert wird. Schnell trinken, so lange es wenigstens kalt ist!



Die restlichen 700 Höhenmeter bewältigen wir in rekordverdächtigem Tempo. Auf den bequemen Schotterwegen kann man schön Gas geben, trotzdem ziehen sich die Serpentinen bis wir endlich am Ortsrand von Wiesle rauskommen. Hier verabschieden wir uns von unserem Pitztaler Wanderführer und besteigen den Bus talaufwärts.


Der ist schon sehr gut gefüllt und quasi ein rollender Trockenraum. Flo überfällt Übelkeit und sorgt für eine nicht-planmäßige Unterbrechung der Fahrt. Der Arme! Der Regen nimmt währenddessen unwetterartige Ausmaße an. Die Pitze ist zu einem schlammbraunen, reißenden Fluss angeschwollen, von jeder Felskante stürzt ein Wasserfall zu Tal. Da haben wir unterwegs ja noch richtig Glück gehabt!


Schon wieder so eine komfortable Unterkunft!


Nach einer knappen halben Stunde kommen wir endlich in Tieflehn an, einem Ortsteil von St. Leonhard. Im Landhaus Edelweiss beziehen wir sehr komfortable Apartments, können uns also wieder über frische Bettwäsche und Handtücher freuen. Sogar über eine Sauna verfügt das Haus. Ich teile mir mit Petra, Reimund und Peter eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern, Bad und Balkon. Läuft.


Nur für uns wird heute im Edelweiss gekocht - und das sehr lecker. Ich bin ja nicht der größte Fan von Pilzgerichten, aber die Knödel mit Pfifferlingen munden hervorragend. Ebenso die Schokomousse zum Nachtisch. Nur bei der Getränkeauswahl gibt es Punktabzüge. Außer beim Wein erfolgt die Versorgung hier nämlich per Automat - und der spuckt ausgerechnet Warsteiner in Dosen aus. Na Prost!


Wanderung:  17,8 km

Höhenmeter: +1.346 / -1.585

Übernachtung: Landhaus Edelweiss, St. Leonhard - 43 EUR inkl. Halbpension