2009 USA 02
Hollywood

Sa, Sep 19, 2009

LA IN 20 STUNDEN

Sogenannten „Ersttätern" wird in jedem Amerika-Forum geraten, sich nicht zu viel für einen Tag vorzunehmen. Man unterschätzt in den USA  ja gerne mal die zu bewältigenden Entfernungen und hat das nachvollziehbare Bedürfnis, dieses oder jenes nun auch noch mitnehmen zu müssen, wo man „schon mal da ist“. Auf den heutigen Tag zurückblickend muss ich da selbst über uns lachen. Aber erstens sind wir ja vielfache Wiederholungstäter und zweitens ist so ein Tag auch verdammt lang, wenn man ihn um 3:30 Uhr beginnt. Aber der Reihe nach.


Jetlag-bedingt sind wir früh wach. Ansonsten hätte uns aber eh um Punkt vier der Wecker im Nachbarzimmer aus den Träumen gerissen. Nach 20 Minuten beeep-beeep-beeep rufe ich mal an der Rezeption an und lasse jemanden raufkommen das Ding abschalten. Wird auch prompt erledigt. Conny hat sich über Nacht nicht von der Idee abbringen lassen, Six Flags Magic Mountain einen Besuch abzustatten. Da waren wir schon mal und ich müsste nicht unbedingt wieder hin, aber gut. Conny bestellt im Internet die Tickets - buy 1 get 1 free. Bis der Park um 10:30 Uhr öffnet, ist noch jede Menge Zeit für Sightseeing und so brechen wir um sechs auf Richtung Hollywood.


Um die Uhrzeit hat man an einem Samstagmorgen immerhin keine Staus auf den Autobahnen von LA. Sogar fast wie ausgestorben präsentiert sich dann der Hollywood Boulevard. Wir sind die einzigen vor dem Chinese Theater, wo die Hand- und Fußabdrücke der Filmstars im Zement verewigt sind. Die Sterne auf dem Walk of Fame werden von einem fleißigen Mobschwinger auf Hochglanz gebracht. Ansonsten drücken sich hier vor allem zwielichtig aussehende Gestalten herum. Einer von ihnen, Typ mexikanischer Kleinstadt-Gangster, verfolgt mich sogar bis in einen Kaffeeladen, weil er meint, ich hätte ihn unerlaubterweise fotografiert. Ich kann ihn beruhigen und nach einem letzten bösen Blick trollt er sich. Wenn man partout nicht fotografiert werden will, ist der Hollywood Boulevard aber auch ein seltsamer Ort zum Abhängen...


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Ansonsten ist das hier wirklich überhaupt nichts Aufregendes. Das elegante Hotel Roosevelt und das Art-Déco-Kino El Capitan versprühen noch etwas vom alten Glanze Hollywoods, mit dem Hollywood & Highland-Komplex hat man dazu ein modernes, wenn auch kitschiges Vergnügungszentrum mit allerlei Geschäften, Kinos und Restaurants gebaut. Wir sind jetzt auch mal hier gewesen. Been there, done that.


In den Hügeln über Hollywood


Nach einer mächtigen Cinnamon Roll zum Frühstück fahren wir zum Beachwood Drive. An dessen Ende kommt man nach Hollywoodland, genau das Viertel für das einst zu Werbezwecken das berühmte Schild in die Hügel gesetzt wurde. Das hat man von hier denn auch gut im Blick (heutzutage natürlich ohne „land“) und wir bewundern die traumhaften Häuser, die sich in den Hügeln verstecken. Hat was. An ungefähr jedem zweiten hängt ein Schild: For Lease oder For Sale. Die Krise, die Krise...


Weil wir dann immer noch jede Menge Zeit übrig haben, steuern wir als nächstes den Mulholland Drive an, eine tolle Panorama-Straße, die sich von Hollywood bis Malibu über die Berge schlängelt. Diese Straße sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen. Sie führt durch traumhafte Wohngegenden, an Naturschutzgebieten vorbei und bietet immer wieder spektakuläre Ausblicke. Auch wenn es mit der Fernsicht bei dem Nebel heute nicht weit her ist.



Zeit für Achterbahnen!


Irgendwann macht Conny dann die Ansage, dass es nun doch langsam Zeit wird, Richtung Magic Mountain zu fahren. Das geht recht fix und so rollen wir pünktlich um 10:30 Uhr auf den gigantischen Parkplatz. Und nicht nur wir! Menschenmassen strömen bereits Richtung Eingang. Ach du Schande! Da habe ich ja schon gleich keinen Bock mehr. Erst recht nicht bei 30 Grad.


Conny ist allerdings motiviert die Geschichte durchzuziehen, also heißt es auf die Zähne beißen. Vielleicht muss ich ja dafür nie wieder in so einen Park. Diese ganzen I was kinda like you know-Teenies nerven einfach kolossal, dazu wird man fast taub, weil man in jeder Warteschlange von vorne bis hinten beschallt wird. Als ob die ganzen Rides nicht schon Reizüberflutung genug wären.


Meine Laune bessert sich etwas nach dem ersten, durch einen irren Drop auf der nigelnagelneuen Holzachterbahn Terminator ausgelösten Adrenalinschub. Diese Bahn wären wir am liebsten gleich noch mal gefahren – leider werden die Schlangen immer länger. Immerhin: ein paar Achterbahnen klappern wir ab, ehe ich nach zwei Touren hintereinander auf der gigantischen Colossus gegen 15 Uhr die Segel streiche.


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Auch Conny hat genug von der Hitze und den Menschenmassen. Nach einer letzten Fahrt mit der legendären Revolution, dem ältesten Ride von Magic Mountain und schon im Katastrophenfilm Achterbahn aus den 70er Jahren zu sehen, schleppen wir uns zurück zum Auto, das geschätzte 80 Grad Innentemperatur hat. Zurück zum Hotel geht es natürlich nicht ohne Stau. Jetzt ist erstmal Erfrischung im Pool angesagt. Herrlich!


Denn sie wissen nicht, was sie tun


Zum Sonnenuntergang wollen wir zum Griffith Observatory hochfahren. Leider entscheiden wir uns für das falsche Ziel namens Griffith Park in unserem TomTom. Der kleine Kasten schickt uns zwar prinzipiell in die richtige Gegend, dann aber doch durch ein Wohngebiet. Das ist zwar auch nett anzuschauen, aber bis wir dann endlich den richtigen Weg und auch noch einen Parkplatz gefunden haben, ist die Sonne schon im Dunst über dem Meer verschwunden.


Wir genießen trotzdem die schöne Abendstimmung rund um das Planetarium. Hier spielte unter anderem James Dean in Denn sie wissen nicht, was sie tun. Das Griffith Observatory ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel, unzählige Familien kommen auch spätabends noch hierher und vor allen Vorführungen gibt es lange Schlangen. Da Astronomie nun kein Hobby von uns ist, ziehen wir unseren Aufenthalt nicht unnötig in die Länge. Immerhin erfahren wir, dass der erste und hellste Stern am Abendhimmel zur Zeit gar kein Stern ist, sondern der Planet Jupiter.


Uns knurrt nun mächtig der Magen – höchste Zeit fürs Abendessen. Conny meint erst, sie hätte Lust auf Pizza, schlägt dann aber einen Besuch von Tony Roma's vor. Nun ja, denke ich mir, nichts dagegen. Für Tony Roma’s bin ich immer zu haben. Also lassen wir uns zum nächstgelegenen Restaurant lotsen. Als wir auf einmal an einer Parkhauseinfahrt stehen und zehn Dollar zahlen müssen, wird uns klar, dass dieser Tony Roma’s am Citywalk der Universal Studios liegt. Die hatten wir nicht auf unserer Liste der zu besuchenden Touristen-Attraktionen, und man kann sich vorstellen, was Samstagabend an dieser Vergnügungsmeile los ist. Conny hat da schon einen Riesenhals, der noch mehr anschwillt, als Ihr aufgeht, dass Tony Roma’s ja gar keine Pizzakette ist. Hat sie doch glatt mit Bertucci’s verwechselt. Tja, Pech. Ich freue mich nach kurzer Wartezeit auf einen Tisch auf meine St. Louis Ribs und Conny bekommt dann immerhin einen gar deliziösen Burger serviert.


Es ist schon nach elf, als wir endlich wieder auf dem Hotelzimmer sind und damit ist der heutige Tag für uns nur wenige Stunden kürzer als der gestrige gewesen.


Gefahren: 129 Meilen / 208 Kilometer

Hotel: Hotel Angeleno - 71 EUR via Expedia + 20 USD Parken