Sa, Sep 23, 2006
Springdale ist komplett ausgebucht. Wir sind aber ganz guter Hoffnung, den Massen im Tal aus dem Weg zu gehen, denn wir haben uns die Wanderung zum Obervation Point vorgenommen, eine der spektakulärsten Touren im Zion.
Zu dem Aussichtspunkt hoch über dem Virgin River sind es 650 Meter Aufstieg, 200 Meter mehr als nach Angels Landing, das ja eigentlich so etwas wie eine Pflichtwanderung im Zion ist, bei meiner immer mal wieder auftretenden Phobie vor steilen Abgründen aber eben nicht unsere erste Wahl ist.
Die morgige Tour will vorbereitet sein
Im kleinen Tsunami Café neben unserem Hotel gibt es sehr leckeren Cappuccino und einen Bagel mit Rührei und Schinken. Dann nehmen wir den kostenlosen Bus zum Park. Der biegt nach 50 Metern rechts ab und hält vor dem Eingang. Huch, das ging schnell. Wir hatten nicht bedacht, dass die Shuttles zwei Rundstrecken fahren, eine im Park, eine in Springdale, und man entsprechend umsteigen muss. Macht aber auch Sinn, weil sonst würde ja niemand unseren Nationalparks-Ausweis kontrollieren. Außerdem müssen wir eh im Visitor Center vorbei und unsere Backcountry Permits für die Subway für morgen abholen. Der Park-Mitarbeiter klärt uns sehr gewissenhaft über die dort lauernden Gefahren auf, notiert alle Informationen für Notfälle (mir gefällt der Satz "Well, Sir, since you are obviously American, maybe you could provide a US phone number in case of emergency."), was alles in allem eine geschlagene halbe Stunde dauert.
Jetzt aber los! Mit uns sitzen zu dieser frühen Stunde noch nicht all zu viele Leute im Bus. Um 10 Uhr sind wir am Weeping Rock, dem Trailhead für die Wanderung zum Observation Point. Der Weg geht in Serpentinen die Canyonwand hoch. Zum Glück liegt die im Schatten.
Fantastische Aussichten
Es folgt eine flache Passage durch den ziemlich spektakulären Echo Canyon, dann geht es auf der vom Tal abgewandten Seite wieder steil bergan. Dieser East Mesa Trail liegt in der knallenden Sonne und ist entsprechend anstrengend! Der Weg kommt schließlich hoch über dem Zion-Tal wieder raus. Einigermaßen schwindelfrei sollte man auch hier sein, denn neben dem vielleicht zwei Meter breiten Pfad ist nichts als Abgrund.
Nach diesem sehr steilen Teil erreichen wir das Plateau. Jetzt einfach links halten durch ein anscheinend erst vor kurzer Zeit verbranntes Pinien-Wäldchen, dann sind wir nach knapp zwei Stunden auch schon am Ziel. Vor uns - oder besser: unter uns – geht der Blick durch den ganzen Zion Canyon bis nach Springdale. Angels Landing gegenüber ist geradezu lächerlich niedrig. Mit uns ist eine recht große Wandergruppe am Observation Point. Die hat es sich einfach gemacht und ist von Osten, nämlich von der Ponderosa Ranch, die am Rand der Parkgrenze liegt, hierher gelaufen. Pah, Schattenparker! Zwei Meilen auf ebenem Plateau laufen, das kann ja jeder. Dafür sind sie auch nicht durch den Echo Canyon gekommen.
Alle irre...!
Der Rückweg hat den großen Vorteil, dass er nur bergab geht. Um 14 Uhr sind wir wieder am Weeping Rock, wo jetzt Samstagnachmittag-Touristen-Rush-Hour ist. Wieder dieses seltsame Gefühl, ein völlig anderes Parkerlebnis zu
haben als diese Menschen. Lustig die kleinen Kinder, die uns kurz vor der Talsohle entgegen kommen und fragen, wie weit es noch ist. Wohin??? Oder der Mexikaner, der mit einer 0,3-Liter-Flasche Vittel bis zum Observation Point will. Da wird er ganz schön an Körpergewicht verlieren heute...
Trotz des Trubels gehen wir kurz am Weeping Rock vorbei. Hier tritt Wasser aus dem Gestein und fällt wie Tränen von einem Felsüberhang. Sehr schön das. Dann nehmen wir den Shuttlebus und fahren zur Endhaltestelle, wo der Riverside Walk in die Narrows führt. Hier waren wir vier Jahre zuvor Stunden lang bis zum Orderville Canyon durch den Virgin River gewatet – ein Riesenspaß!
Erfrischendes Fußbad
Wo der Weg endet bzw. im Fluss weiterführt, geht es heute zu wie in einem riesigen Kneipp-Bad. Alles krempelt sich die Hosenbeine hoch oder wechselt die Schuhe. Auch wir ziehen uns Sandalen an und steigen ins Wasser. Das ist eiskalt! So hatten wir das gar nicht in Erinnerung. Innerhalb von Sekunden sind die Zehen taub. Außerdem führt der Fluss recht viel Wasser, so dass man an vielen Stellen leicht bis zu Hüfte drinsteht. Nach wenigen Minuten sind wir uns einig, dass wir das mit dem Waten auf morgen verschieben.
Der Trick bei der Wanderung in die Narrows ist, vorn geschlossene Schuhe zu tragen, also zum Beispiel leichte Nylon-Turnschuhe oder Neoprenschuhe. Dann sind die empfindlichen Zehenspitzen geschützt. Das hatten wir beim letzten Mal getan, die Sandalen diesmal sind keine gute Option. Immerhin habe ich daran gedacht, einen Teleskop-Wanderstock mitzunehmen. Ohne ein drittes Standbein kommt man auf den glitschigen Steinen nicht weit.
Fast eine Stunde braucht dann der Bus für den Rückweg. Wir sind nun doch ziemlich müde und froh, in den Narrows umgekehrt zu sein. Um 16:30 Uhr sind wir zurück im Hotel, wo ich das schöne Wetter zu einem Poolbesuch nutze.
Ein Hoch auf die Shuttlebusse!
Zum Abendessen entscheiden wir uns für das Spotted Dog. Hört sich recht legère an, ist aber auch wieder ein eher gehobenes Restaurant, das zum Hotel Flanigan's Inn gehört. Hier kann man immerhin draußen sitzen, was wir denn auch tun, und die Linguine mit Muscheln und Garnelen sind hervorragend. Danach erkunden wir noch ein bisschen die Souvenirläden. Weitgehend sinnentleerter Kitsch im Angebot.
Weil es so bequem ist, fahren wir wieder mit dem Bus zum Hotel zurück. Wir erwischen einen, in dem ein gutes Dutzend kleiner Kinder mit ihren Mamis zu irgendeiner abendlichen Vorführung hin unterwegs sind. Der Busfahrer meint, das seien alles seine Frauen und Kinder. Ha, ha, Utah, Mormonen, Vielweiberei - schon klar. Großes Gelächter jedenfalls. Uns fällt auf, dass das der erste Tag war, an dem wir das Auto komplett haben stehen lassen können.
Gefahren: 0 Meilen / 0 Kilometer
Hotel: Cliffrose Lodge & Gardens, Springdale - 106 EUR via DERTour