Fr, Sep 22, 2006
Utahs State Route 12 führt zwischen den Nationalparks Capitol Reef und Bryce Canyon durch einen der am dünnsten besiedelten Landstriche der USA - und durch eine einmalig schöne Landschaft. Unser Ziel: Springdale, Ausgangsort für den Besuch des Zion Nationalparks.
Der morgendliche Blick aus dem Hotelfenster verblüfft: Es hat geschneit! Die Berge ringsum sind wie mit Puderzucker überzogen. Als wir vor die Tür gehen, erstarren wir fast vor Kälte. Dazu weht ein heftiger, eisiger Wind durch Torrey. Brrr...
Zum Frühstück fahren wir ins Capitol Reef Inn, ein nettes kleines Motel und Restaurant. Wer sich an wackeligen Esstischen und schiefen Fußböden stört, ist hier falsch, aber uns gefällt der alternative Charme des Inn. Außerdem ist das Frühstück super: die Küche legt Wert darauf, nur frische, regionale Zutaten zu verwenden und das schmeckt man.
Auch in diesem Nationalpark lässt es sich wandern
Trotz der Kälte wollen wir uns den Capitol Reef Nationalpark noch mal etwas näher anschauen. Rund um das Besucherzentrum sind einige alte Farmgebäude und die Schule der Siedlung Fruita erhalten. Von hier geht ein 10 Meilen langer Scenic Drive nach Süden entlang der Waterpocket Fold. In diese Erdfalte haben sich mehrere Canyons eingegraben. Wir entscheiden uns für die Erkundung des Grand Wash. Hier gibt es Narrows, in denen die Seitenwände 200 Meter hoch aufragen. Und hier sind wir auch vor dem Wind geschützt.
Der Weg ist das leicht schlammige Flussbett, das vom Scenic Drive bis zum Highway 24 führt. Wir drehen aber nach einer guten Stunde um, denn über uns rotten sich schon wieder dunkle Wolken zusammen und zum Nasswerden ist es heute einfach zu kalt. Schade eigentlich, in diesem Park gibt es noch einiges zu entdecken.
Alle Amerikaner, die uns auf dem Rückweg entgegen kommen, fragen nur, ob wir oben beim Cassidy Arch waren, benannt nach dem alten Gauner Butch Cassidy, der in dieser Gegend wohl vor dem Gesetz Zuflucht nahm. Nö, waren wir nicht, der Weg durch den Canyon ist viel toller. Aber typisch: man gebe einem Steinbogen einen Namen, den die Leute aus Hollywood-Filmen kennen, schon muss da jeder hin. Wenn man das Goblin Valley in „Valley of the Ewoks“ umbenennen würde, könnte man Eintrittspreise verlangen wie in Disneyland...
Eigentlich haben wir uns für diesen Tag wenigstens noch eine kleine Wanderung zu den Lower Calf Creek Falls im Gebiet des Grand Staircase-Escalante National Monument (GSENM) vorgenommen, aber bei den Temperaturen streichen wir das mit dem Wandern. Die Wasserfälle müssen bis zum nächsten Urlaub auf uns warten.
Die Fahrt über die Berge ist spektakulär
In Torrey fahren wir auf dem Highway 12 nun Richtung Süden weiter – und die 12 gilt zurecht als eine der schönsten Straßen der USA. Es geht rauf auf über 2.800 Meter über den Boulder Mountain, eben die Berge, auf denen wir heute früh schon Schnee gesehen haben. Die Sonne hat den zwar schon wieder etwas abgeschmolzen, zwischen den Bäumen liegt aber noch etwas. Die Temperatur pendelt knapp über dem Gefrierpunkt. Hier oben hat auch die Herbstfärbung schon Einzug gehalten und vor allem die Birken und Espen leuchten golden im Sonnenschein.
Von einigen Overlooks entlang der Straße hat man außerdem unglaubliche Ausblicke über Canyons, Seen und Berge, eine der unberührtesten Landschaften der USA. Hier würde man nachts keine einzige künstliche Lichtquelle sehen. Der Wald hier oben ist allerdings auch Weidefläche für unzählige Rinder, die uns immer mal wieder vors Auto laufen. Kennen wir aber mittlerweile und sind entsprechend wachsam. Ein Sekundenschlaf würde auch hinter Boulder jeden Autofahrer das Leben kosten, denn Richtung Escalante führt die Straße über einen Bergrücken, der nicht viel breiter ist als eben diese Straße. Rechts und links gähnt der Abgrund wie in einer Achterbahn. Wahnsinn!
Kurzbesuch des Bryce Canyon Nationalparks
Weil wir ja alle Wanderungen für heute geknickt haben, beschließen wir, dem Bryce Canyon einen Besuch abzustatten. Den kennen wir zwar schon von der letzten Reise und haben ihn jetzt nicht unbedingt im Pflichtprogramm, aber daran vorbei kommen wir ja eh.
Ein bisschen haben wir darauf spekuliert, dass dort Schnee liegen würde, aber so weit in den Süden haben es die Niederschläge nicht geschafft. Es sieht zwar kurz mal nach Regen aus, aber das Amphitheater mit der Armee orange-roter Steinkrieger liegt im schönsten Sonnenschein. Der Anblick ist auch beim zweiten Mal noch überwältigend! Nur: der Wind ist auch hier arschkalt, weshalb wir Bryce den kürzesten Besuch eines Nationalparks aller Zeiten verpassen. Lustig auch, dass sich einige Besucher in Skimasken und Handschuhen einmummeln, andere aber die für diese Jahreszeit gewohnten Shorts und T-Shirts anhaben.
Durch den wunderschönen Red Canyon kommen wir wieder auf die 89. In Mount Carmel Junction schließt sich damit der Rundkurs, den wir vor neun Tagen begonnen haben. Vorher geht die Fahrt noch durch ein Tal, das ein bisschen ans Allgäu erinnert: saftig grüne Wiesen, auf denen Kühe grasen. Wieder mal augenfällig, wie ein Fluss (hier der Sevier River und der East Fork des Virgin River) eine Landschaft prägt.
Staufrei durch den Zion Nationalpark
Diesmal kommen wir von der anderen Seite ohne Stau durch den Tunnel im Zion Park und erreichen gegen 17.30 Uhr die Cliffrose Lodge in Springdale, unser Hotel für die nächsten beiden Nächte. Die Lodge liegt direkt am Virgin River, hat einen wunderschön angelegten Garten und einen großen Pool mit Blick auf den majestätischen Watzmann, nein, Watchman. Nur das Design der Möbel ist irgendwie Anfang der 80er Jahre stehen geblieben, aber was soll’s. Bei einem Glas Rotwein aus Moab genieße ich das Panorama.
Zum Abendessen gehen wir in den Switchback Grille, ein relativ nobles Restaurant am Best Western in Springdale. Die Forelle in der Cashewkruste haut mich zwar nicht um, aber einmal Utah-trout muss schon sein.
Gefahren: 245 Meilen / 394 Kilometer
Hotel: Cliffrose Lodge & Gardens, Springdale - 106 EUR via DERTour