So, Sep 17, 2006
Ein weitere lange Fahrt steht an. Kayenta in der Nähe des Monument Valley ist das Ziel und dabei wollen wir die versteinerten Bäume im Petrified Forest Nationalpark und den Canyon de Chelly mitnehmen.
In der Nacht kriegen wir leider kaum ein Auge zu. Flagstaff macht seinem Image als Eisenbahnstadt alle Ehre: ein Güterzug nach dem anderen kündigt sein Kommen durch lautes Pfeifen an. Irgendwie muss der Wind anders stehen als letzte Nacht, denn da haben wir nichts gehört und das Hotel ist ja schon zwei, drei Meilen von den Schienen entfernt.
Mit dem Frühstück halten wir uns nicht lange auf und so sind wir bald unterwegs auf der Interstate 40. Es geht durch ganz viel leeres Land. Conny bezeichnet das als „Nichts mit Büscheln", denn kleine Sträucher sind alles, was das Auge in der Landschaft findet. Hier bekommt man ein Gefühl für die Weite Amerikas und ich muss unwillkürlich daran denken, wie die ersten Siedler mit ihren Ochsenkarren hier durchgezogen sind oder die Apachen und Navajos den Büffelherden folgten. Lange ist das noch nicht her. Die Gegend ist so flach, dass man noch nach 80 Meilen die San Francisco Peaks im Rückspiegel sehen kann.
Ein Nationalpark mit versteinerten Bäumen
In Holbrook fahren wir dann ab auf die 180. Die ist noch leerer als der Interstate Highway und jetzt sind wir wirklich am absoluten Nirgendwo. Nach 20 Meilen kommt man aber an den Südeingang des Petrified Forest Nationalparks, der größten Ansammlung versteinerter Bäume. Die waren vor Urzeiten umgefallen und im Schlamm luftdicht verpackt worden. So verrotteten die Stämme kaum, bis Silizium das organische Material verdrängte und so die Struktur der Bäume bis ins kleinste Detail für die Ewigkeit erhalten hat. Erosion hat diese Versteinerungen dann mit der Zeit freigelegt und bevor alle Steine von Souvenirjägern und Andenkenhändlern geklaut werden konnten, erklärte die amerikanische Regierung das Gebiet zum Nationalpark. Die Steine, die man in den zahlreichen Läden um den Park herum kaufen kann, wurden außerhalb dessen Grenzen gefunden.
Wir halten am Visitor Center und am Crystal Forest, wo ein kleiner Rundweg durch jede Menge bunter Steine führt. Schon interessant das. In der Blue Mesa kann man blau und lila gestreifte Sandhaufen bewundern und am Newspaper Rock durch ein Fernglas auf einem Stein indianische Zeichen entdecken. An den Rock selbst darf man nicht ran. Hirnlose Zeitgenossen fanden es cool, zu den alten Zeichen die eigenen Initialen hinzuzufügen. Solche Leute gehen wahrscheinlich auch mit einem Edding in den Louvre.
Die Straße durch den Park führt dann über den Highway hinweg in das Gebiet der Painted Desert. Die Wüste hier ist tatsächlich ganz schön rosa. Aufregender als den bunten Sand finden wir aber die Pronghorn Antilope am Straßenrand. Leider ist sie etwas schüchtern und wendet sich um, als ich meine Kamera raushole. Mehr als zwei Stunden muss man für diesen Nationalpark nicht einplanen – außer man ist ein Mineralien-Freak. Sind wir beide nicht und so biegen wir gegen 13 Uhr wieder auf die 40 ein.
Und plötzlich fährt man durch die Dritte Welt
Um Richtung Norden zu kommen, muss man dann auf die 191 wechseln. Hier müssten wir eigentlich auch die Uhren umstellen, denn ab jetzt geht es wieder durch die Indian Reservation und die Navajos richten sich im Gegensatz zum Rest von Arizona nach der Sommerzeit. Hier gibt es wieder viel Nichts. Ich kenne mich wenig aus mit dem Status der Native Americans in den USA heute, aber vom Wohlstand der (weißen) Mittelklasse sind die Menschen, die hier leben, sehr weit entfernt. Diese Straße könnte auch durch Mexiko oder ein anderes Schwellenland führen, so ärmlich sind die Häuser, so heruntergekommen wirken Nester wie Klagetoh oder Many Farms. Ein Spitzenplatz auf meiner Liste ist ihnen kaum zu nehmen. Immerhin: die modernsten Gebäude sind hier überall die Schulen und die Gemeindezentren.
An einer Tankstelle in der Nähe des historischen Hubbell Trading Post – diese Handelsposten versorgten die Ureinwohner nach der Vertreibung aus ihren Stammesgebieten in die Reservate mit dem Lebensnotwendigsten, denn Jagen war ja nicht mehr – gibt es tatsächlich einen Burger King, in dem wir unseren Hunger stillen, bevor es weiter durch Nichts geht. Am Canyon de Chelly wollen wir jetzt auf keinen Fall vorbeifahren, in Chinle ist der Abzweig. Bei dem Canyon handelt es sich um ein National Monument, der Eintritt ist frei und man entscheidet sich einfach für eine von zwei Routen entlang des Rims. Wir wählen die südliche Variante und halten an einigen Aussichtspunkten.
Vom Canyon sind wir sehr begeistert. Immer tiefer wird der Einschnitt,je weiter man ihn entlang fährt, bis die Wände 300 Meter steil abfallen. Am White House Overlook sieht man in der gegenüberliegenden Felswand Ruinen der Anasazi. So nennen die Navajos die vor ihnen hier lebenden Völker der Pueblo und Hopi. Der Canyon wurde nacheinander von verschiedenen Stämmen besiedelt, ehe die Navajos 1864 nach einem grausamen Gemetzel durch die Truppen von Colonel Carson vertrieben wurden. Vier Jahre später durften sie zurückkehren und nutzen bis heute den fruchtbaren Boden als Weide- und Ackerland. Deshalb darf man auch nur an einer Stelle ohne Führer in den Canyon hinabsteigen, eben am White House. Die zwei Stunden für diesen Weg haben wir aber nicht.
Der Spider Rock ist das letzte Highlight des Tages
Wir fahren bis zum Spider Rock Overlook, jener frei aufragenden Felsnadel, die in keinem Bildband über den Südwesten fehlen darf. Dann geht's zurück auf die 191. Je weiter man hier nach Norden fährt, desto mehr rote Felsen tauchen aus dem Nichts auf. In der gen Horizont wandernden Sonne geben die ein tolles Bild ab.
All zu sehr sollte man sich aber als Autofahrer nicht ablenken lassen, denn Kühe, Pferde, Esel und Ziegen ordnen Zäunen hier nicht unbedingt einen Zweck zu und trotten schon mal mitten auf der Straße. Das gilt auch entlang des Highway 160, dem wir nach Westen Richtung Kayenta folgen. Um 19 Uhr sind wir am Best Western Hotel. Das ist leider etwas zu spät, um noch den Sonnenuntergang im Monument Valley mitzunehmen, aber das ist uns auch völlig egal. Wir sind ziemlich erledigt von der langen Fahrt und geben uns sogar mit Chips und Brezeln als Abendessen zufrieden.
Gefahren: 389 Meilen / 626 Kilometer
Hotel: Best Western Wetherill Inn - 98 EUR via Expedia + Navajosteuern