2018 Ontario Day 14
Algonquin Provincial Park

Mi, Okt 3, 2018

WANDERN IN DIE VERGANGENHEIT

Tag 2 im Algonquin Provincial Park. Nachdem wir uns gestern einen ganz guten Überblick verschafft haben, nehmen wir uns heute eine längere Wanderung vor. Aber mal wieder macht das Wetter einen Strich durch die Rechnung.


Es ist noch nicht halb zehn, als wir den Park erreichen. Um das West Gate Besucherzentrum knipsen die asiatischen Reisegruppen schon fleißig Selfies vor bunten Bäumen. Die Farben sind aber auch wirklich spektakulär hier. Wenn das Wetter nur nicht so trüb wäre. Nebelschwaden wabern über die Seen, zwischen den Hügeln kleben Wolken. So lohnt sich auch kaum der kurze Anstieg zum Hardwood Lookout. Der Rundweg zum Aussichtspunkt über dem Tea Lake ist ansonsten so beliebt, dass er am anstehenden Thanksgiving-Wochenende sogar geschlossen wird. So früh am Morgen hält sich der Ansturm aber noch in Grenzen.


Als nächstes wandern wir um den Peck Lake, ein idyllischer kleiner See mit bunten Bäumen am Ufer. 2,3 Kilometer ist die Runde lang, perfekt zum Warmlaufen.


Tief im Wald fuhr einst die Eisenbahn


Der schönen Ausblicke wegen hatte ich uns als längere Tour für heute die Wanderung über die Centennial Ridges rausgesucht. Wir sehen aber, dass die Wolken Richtung Osten immer dunkler werden und das mit der Aussicht hier eher nichts wird. Also entscheiden wir uns für eine andere Wanderung, nämlich den Track & Tower Trail. Die beginnt an einem Parkplatz genau am Kilometer 25. Hier stehen schon einige Autos, Einsamkeit verspricht das Ganze also nicht. Gegen halb zwölf wandern wir los.


Erstaunlich, wie grün der Wald dann doch ist, wenn man erst mal unter Bäumen läuft. Ein schlammiger Pfad führt uns entlang kleiner Bäche und vorbei an moosbewachsenen Felsen zu einem Biberteich und weiter an das Ufer des Cache Lake. Vor hundert Jahren hätten wir hier auf der gegenüberliegenden Seite Züge entlangfahren sehen. Die Ottawa, Arnprior and Parry Sound Railway war damals eine der meistbefahrenen Strecken Kanadas. Sie stellte eine Verbindung her zwischen den Großen Seen und Montreal, zwischen den Wäldern und den Sägemühlen in Ottawa - und bedeutete eine bequeme Anreise für die Touristen, die im großen Highland Inn Hotel direkt am See ihre Ferien verbrachten. Mit der Fertigstellung des Highway 60 verlor die Bahnstrecke in den 1930er Jahren ihre Bedeutung, die hölzernen Brücken, deren Reste sich noch ausmachen lassen, verfielen. An das Hotel erinnert nichts mehr.


Ein Damm sorgt am Cache Lake für einen stabil hohen Wasserstand. Die Betonkonstruktion passieren wir nach gut zwei Kilometern und anschließend eine Brücke über den Madawaska River, der dem See entspringt. Ein Paar mit einer zum Plaudern aufgelegten Frau hat zu uns aufgeschlossen und wir erfahren alles über das schlechte Wetter, das sie auf ihrer Europa-Reise im Sommer hatten. Da sind wir baff. Schlechtes Wetter diesen Sommer? Das erforderte nun wirklich wahnsinnig unglückliches Timing. Weil vor allem Conny es überhaupt nicht leiden kann, beim Wandern das Geschwätz anderer Leute zu ertragen, lassen wir uns viel Zeit beim Fotografieren und geben den beiden einen Vorsprung. Kurz darauf treffen wir sie im Gespräch mit einem anderen Paar und überholen wieder.


Grandiose Aussicht


Einen steilen Hang geht es hundert Höhenmeter, teils über Holzstufen, hinauf zum ehemaligen Standplatz eines Feuerwachturms, dem Skymount Tower. Der wurde schon in den 50ern abgebaut, aber der Bergrücken, auf dem er einst stand, bietet uns Wanderern noch immer eine grandiose Aussicht.


Wieder vom Berg abgestiegen führt der Trail nun über den alten Bahndamm. Entsprechend topfeben ist der Weg und sehr angenehm zu gehen. Die Stelle lässt sich auch mit dem Fahrrad vom Lake of Two Rivers Campground aus erreichen. Spannend sich vorzustellen, wie hier einst die Trasse durch die Wildnis geschlagen und gesprengt wurde - für ein paar Jahrzehnte des Betriebs, an den heute allenfalls noch die bröckelnden, längst überwachsenen Fundamente der Brückenpfeiler erinnern.


Der Bahndamm folgt weiter dem Madawaska River. Wir biegen aber bald ab und steigen durch den Wald auf zum Grant Lake, der zurecht auch Gem-of-the-Woods genannt wird, und weiter zum Parkplatz. Nach ziemlich genau drei Stunden haben wir die 7,5 Kilometer lange, sehr abwechslungsreiche Wanderung hinter uns gebracht. Genau rechtzeitig, denn es hat angefangen zu regnen. Zum Glück hat das dichte Blätterdach uns auf dem letzten Teil des Weges beschützt. Nun flüchten wir ins Auto und machen uns an die Rückfahrt zu unserer gemütlichen Cottage am Lake Peninsula. Es wird ein entspannter Abend.


Gefahrene Kilometer: 147

Unterkunft: Cedar Grove Lodge, Huntsville - 274 EUR + Tax inkl. Vollpension


Nützliche Links:

Planetware - 9 Best Hiking Trails in Algonquin Provincial Park

OntarioTravel - Official Website of Tourism in Ontario

Discover Muskoka - Website des Tourismusbüros der Region

Fall Colours - die Ontario Parks Website informiert über den Stand der Laubfärbung

Kevin's Report - wöchentlicher Bericht zur Laubfärbung

TripAdvisor Ontario Travel Forum - beantwortet alle Fragen