2018 Ontario Day 13
Elch im Algonquin Provincial Park

Di, Okt 2, 2018

THE MOOSE ARE LOOSE

Die nächsten und damit letzten beiden vollen Tage des Urlaubs widmen wir dem Algonquin Provincial Park. Der ist der älteste Park Ontarios und darf auf keiner Rundreise durch die Gegend fehlen, liegt er doch gut erreichbar zwischen Toronto und Kanadas Hauptstadt Ottawa.


Etwa eine halbe Stunde Fahrt ist es von der Cedar Grove Lodge bis zum westlichen Eingang Algonquins. Näher dran wäre man mit einem der Resorts am Oxtongue Lake - oder in einer von drei Lodges direkt IM Park. Die bedürfen aber des noch tieferen Griffs in die Reisekasse als für unsere jetzige Unterkunft. Es ist auch nicht so, dass die Fahrt da raus eine Qual wäre, ganz im Gegenteil. So schöne Herbstfarben wie hier hatten wir auf der ganzen Reise nicht. Der westliche Teil von Algonquin liegt am höchsten, deshalb ist es so herrlich bunt entlang des Highway 60.


Die meisten Besucher bleiben am Highway


Besagter Highway führt auf 56 Kilometern durch den Süden des Parks. Entlang der Strecke konzentriert sich ein Großteil der Infrastruktur und damit auch der Besucher. Außerdem findet man hier 20 bestens markierte Wanderwege, die fast alle kurz und anspruchslos genug sind, dass sie für einen Tagesausflug taugen. Für Mehrtagestouren, ob zu Fuß oder mit dem Kanu, bleibt somit viel Platz im Hinterland des über 7.700 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiets - und damit auch für die mehr als 3.000 Elche, die sich hier tummeln sollen.


Die besten Chancen, einen der großen Waldbewohner zu Gesicht zu bekommen, hat man im Frühjahr. Da kommen die nämlich an den Highway, um die Reste des Streusalz aufzulecken. Nun im Herbst ist Brunftzeit. Dann ziehen die Männchen auf der Suche nach Anschluss durch die Wälder. Purer Zufall also, zu dieser Jahreszeit einem Elch zu begegnen. Unsere Erfahrung mit wilden Tieren in Nordamerika ist ja eh, dass eine Begegnung umso unwahrscheinlicher ist, je mehr auf Straßenschildern vor der Kollision mit ihnen gewarnt wird. Und hier stehen alle paar hundert Meter solche Warnschilder. Forget about it!


Wir halten am kleinen West Gate Visitor Center und kaufen eine vehicle permit gleich für zwei Tage. Erspart uns beim morgigen Besuch den Stopp zwischen den ganzen wie aufgescheucht herumrennenden Asiaten. Auch ein T-Shirt für Conny und ein Magnet für den Kühlschrank gehen mit. Dann fahren wir fast bis ganz ans andere Ende des Parks.


Holzfäller haben die Landschaft geprägt


Bei Kilometer 55 befindet sich das Logging Museum. Hier kommen wir genau rechtzeitig an, um gleich einen einführenden Film über die Holzfäller in Algonquin anzuschauen. Die haben nämlich entscheidenden Einfluss auf das Bild der seit dem Rückzug der Gletscher nach der letzten Eiszeit kaum von Menschen berührten Landschaft genommen. Was heute nach Wildnis ausschaut, ist in Wirklichkeit das Ergebnis rücksichtslosen Raubbaus - und dessen Ende vor nunmehr 125 Jahren.


1893 wurde der Algonquin Park eingerichtet, um Rückzugsorte für Wildtiere zu erhalten, das Einzugsgebiet fünf großer Flüsse zu schützen und - nicht zuletzt - zum Wohle des gerade aufkommenden Tourismus. Holzfäller hatten da schon die Bestände der großen white pines, der Weymouthkiefern, fast restlos vernichtet. Die vermeintlich für Jahrhunderte reichende Ressource war innerhalb von Jahrzehnten zu Bauholz und Schiffsplanken verarbeitet worden.


Interessanterweise unterstützte die Holzindustrie die Einrichtung des Parks, wurde so doch das Vordringen der Landwirtschaft gestoppt und damit die Waldbrandgefahr, die von den Siedlern ausging, eingedämmt. So wird denn auch bis heute im Algonquin Holz geschlagen. Allerdings nach strengen Kriterien und ganz im Sinne einer nachhaltigen, schonenden Bewirtschaftung.


Auf die im vorvorigen Jahrhundert abgeholzten Kiefern folgte vor allem im westlichen Teil von Algonquin der Mischwald, dessen Laubbäume heutzutage für den herbstlichen Farbrausch sorgen. Glück im Unglück, kann man sagen.


Mit welchen Methoden früher Bäume gefällt und transportiert wurden, wie die Waldarbeiter damals in den logging camps lebten und arbeiteten, bekommen wir nach dem Film an mehreren Stationen auf einem eineinhalb Kilometer langen interpretive trail gezeigt. Fast überflüssig zu erwähnen, dass das eine gefährliche Knochenarbeit war, der aber zu einem bestimmten Zeitpunkt im 19. Jahrhundert jeder zweite erwachsene Mann in Kanada nachging. Mit dem Holzfällen ist es hierzulande also wie mit dem Bergbau im Ruhrpott: Fast jeder hat einen Ur-"Oppa", der da malochte. Und natürlich wurden einige damit sagenhaft reich - nicht die Arbeiter, versteht sich.


Dem Biber auf der Spur


Wer von der Abholzung des dichten Urwalds auch profitierte, war der Biber, weiß der doch vor allem schnell nachwachsende Bäume wie die Birke zu schätzen. Es gibt hunderte Biberteiche im Park. Wie die Pelzträger die Landschaft für ihre Zwecke gestalten, kann man schön auf dem Beaver Pond Trail erfahren. Der Parkplatz mit dem Trailhead befindet sich ungefähr bei Kilometer 45. Biber sehen wir dort allerdings keinen einzigen. Dafür begegnet mir ein Elch. Wie eine Wand schiebt der sich nahezu lautlos vielleicht zehn Meter vor mir über den engen Waldweg. Habe ich mich erschreckt! Bis ich realisiere, dass nun ein guter Zeitpunkt wäre, zur Kamera zu greifen, ist das Tier schon zwischen den Bäumen verschwunden. Nur ein paar Zweige höre ich noch knacken - und mein Herz pochen.


Kurz darauf schließt Conny zu mir auf. Ich hatte sie eigentlich vor mir vermutet. Sie will mir die Begegnung mit dem Elch erst gar nicht glauben und findet es dann wahnsinnig unfair, dass wir den nicht zusammen gesehen haben. Tja, das Leben ist kein Streichelzoo.


Nächste Station ist das große Besucherzentrum. Auch hier schauen wir uns wieder einen Film an und schlendern anschließend durch die interessante Ausstellung zu Geschichte, Flora und Fauna von Algonquin. Auf der Tafel mit den wildlife sightings notiere ich "Moose at Beaver Pond Trail". Schließlich erstehe ich im Souvenirladen noch einen Bildband, damit wir auch Fotos vom Park bei schönem Wetter haben. Eine Besserung ist da nicht in Sicht. Im Gegenteil - es hat angefangen, in Strömen zu regnen. Damit haben sich alle weiteren Wanderoptionen für den Nachmittag erledigt.


Da steht ein Elch in der Flur!


Wir fahren Richtung Parkausgang, als auf einmal alles vor uns bremst und rechts ranfährt. Das kann nur eines bedeuten: Es gibt ein Tier zu sehen! Und so ist es denn auch: Ein prächtiger Elchmann steht mitten auf der Wiese Modell. Er lässt sich überhaupt nicht davon aus der Ruhe bringen, dass da eine Armada von Objektiven in Anschlag gebracht wird. Wir sind begeistert! Und ich muss kein schlechtes Gewissen Conny gegenüber mehr haben, nun hat auch sie heute einen Elch gesehen.


Glücklich über diesen trotz des Wetters lohnenswerten Ausflug in den Algonquin Provincial Park machen wir es uns in unserer Blockhütte zwischen Sprudelwanne und Kamin bequem. Raus gehen wir nur noch einmal zum Abendessen - das deutlich schmackhafter ausfällt als gestern. Geht doch!


Gefahrene Kilometer: 202

Unterkunft: Cedar Grove Lodge, Huntsville - 274 EUR + Tax inkl. Vollpension


Nützliche Links:

Planetware - 9 Best Hiking Trails in Algonquin Provincial Park

OntarioTravel - Official Website of Tourism in Ontario

Discover Muskoka - Website des Tourismusbüros der Region

Fall Colours - die Ontario Parks Website informiert über den Stand der Laubfärbung

Kevin's Report - wöchentlicher Bericht zur Laubfärbung

TripAdvisor Ontario Travel Forum - beantwortet alle Fragen