Mo, Okt 1, 2018
Vom Ufer der Georgian Bay bis nach Huntsville unweit des Algonquin Provincial Parks ist es nur ein Katzensprung. Wir nutzen das schöne Wetter aber zum Erkunden der Muskokas, einer der ältesten und bis heute beliebtesten Ferienregionen Kanadas.
Ganz unverhofft ist am morgendlichen Himmel ziemlich viel Blau auszumachen als wir unsere Koffer aus der Hütte ins Auto wuchten. Wenn der Vormittag nun schönes Wetter bringt, könnten wir ja noch einen Ausflug in die 30.000 Islands unternehmen, um 10 Uhr müsste in Parry Sound die Original Two-Hour Morning Cruise starten. Also lassen wir das Frühstück im Grand Tappattoo Resort ausfallen, das würde garantiert viel zu lange dauern, und holen uns stattdessen einen Kaffee bei Tim Hortons. Hier studiere ich die Website von Island Queen Cruise noch einmal etwas genauer - und stelle fest, dass es die 10-Uhr-Fahrt nur im Sommer gibt. Tja, schade.
Dann fahren wir wenigstens mal noch am Aussichtsturm auf dem Tower Hill vorbei. Von dem ehemaligen Feuerwachturm aus hat man einen herrlichen Blick über die Stadt, die Bucht und die Eisenbahnbrücke. Am Bootsanleger unten sehen wir zwei große Reisebusse halten und um Punkt 10 Uhr das Schiff ablegen. Hätte es also doch eine Cruise gegeben! Womöglich aber auch nur für diese Reisegruppen. Wir ärgern uns nicht weiter, sondern genießen noch ein bisschen das Panorama, warten auf einen Zug, der sich laut hupend ankündigt, aber dann doch nicht über die Brücke fährt, und bummeln durch den hübschen Park. Leider hat das kleine Museum neben dem Turm heute geschlossen.
Die Muskokas sind DIE klassische Ferienregion Kanadas
Geöffnet hat aber ein anderes Museum: das Muskoka Discovery Center in Gravenhurst, etwa eine Stunde Fahrt durch idyllische Gegend entfernt. Die liebevoll gestaltete Ausstellung erzählt vor allem die Geschichte der Region als eines der frühen Ziele des Massentourismus. Dessen Potenzial erkannte man schon Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein gewisser Alexander Cockburn rief 1866 eine Schifffahrtslinie ins Leben und drängte die Regierung, mittels Kanälen und Schleusen Lake Muskoka, Lake Rousseau und Lake Joseph zu einer einzigen Seenplatte zu verbinden, die von Dampfschiffen befahren werden konnte. Wo sich just nach Ankunft der ersten Siedler herausgestellt hatte, dass Ackerbau in der Region kaum möglich war, kam diese Idee zur rechten Zeit.
Die ersten großen Hotels entstanden und als 1875 die Eisenbahn Gravenhurst erreichte, gab es einen regelrechten Tourismusboom. Zu Tausenden kamen die Besucher aus den dreckigen Industriestädten im Süden für die Sommerfrische angereist, aus Toronto, Pittsburgh, Cleveland, Buffalo und New York. In Gravenhurst stiegen sie von der Bahn auf Schiffe um und wurden so auf die überall am Ufer gelegenen Resorts verteilt.
Von den großen Hotels der steamship era steht freilich schon lange keines mehr. Im 20. Jahrhundert hielt das Automobilzeitalter Einzug, das Hinterland wurde von Straßen erschlossen und immer mehr Menschen bauten sich ein eigenes Ferienhaus. Die säumen denn auch heute die Seeufer. Das letzte Dampfschiff stellte in den späten Fünfzigern seine Linienfahrten ein. Heute fahren freilich wieder Ausflugsdampfer auf Lake Muskoka, darunter die 130 Jahre alte RMS Segwun, das älteste noch fahrtüchtige Postdampfschiff Nordamerikas.
Besonders sehenswert ist die Sammlung schicker Sportboote im Bootshaus des Museums. Die wurden in den 1920er Jahren zum Statussymbol und von zahlreichen kleinen Werften der Gegend gebaut, von denen keine Handvoll mehr im Geschäft ist. Bei den Booten handelt es sich immernoch um Luxusobjekte und Liebhaberstücke.
Kurzer Stopp im idyllischen Port Carling
So um halb eins sind wir durch mit der Besichtigung. Wir schauen noch bei der am Pier liegenden Segwun vorbei, dann fahren wir weiter nach Port Carling, wo kleine Schleusen den Lake Muskoka mit dem Lake Rousseau verbinden. In einem netten Bistro, dem York & Mason, genehmigen wir uns gegrillte Sandwiches zum Lunch. Nun ist es nicht mehr weit bis zur letzten Unterkunft unserer Reise, der Cedar Grove Lodge in der Nähe von Huntsville. Dort am Ortsausgang halten wir bei einer auch schon wieder fantastisch sortierten LCBO-Filiale. Schließlich verbringen wir die nächsten Tage in einer Holzhütte am See mit Kamin. Der Weinvorrat sollte dem angemessen sein.
Am Ende der Reise steht ein Haus am See
Die Anlage ist wirklich fantastisch gelegen und unsere Hummingbird Cottage genau so, wie man sich eben ein Blockhaus an einem See in Kanada vorstellt: rustikal und gemütlich, ohne Fernsehen und Internet. Das Ganze hat seinen Preis - aber zum Abschluss der Reise wollten wir unbedingt nochmal standesgemäß absteigen.
Auch in der Cedar Grove Lodge kann man sich einfach mit einem Wassersportgerät der Wahl auf den See begeben. Conny hält es für eine gute Idee, das mit dem Tretboot zu tun. Das ist aber eher was für Kinder. Nach einer kurzen Versuchsfahrt steigen wir in Kajaks um und paddeln eine Weile im Licht der immer tiefer stehenden Sonne über den Peninsula Lake. Herrlich!
Abendessen gibt es ab sechs Uhr im Speisesaal des Resorts. Der hat ein bisschen den Charme einer Jugendherberge und das Essen fällt bestenfalls in die Kategorie Hausmannskost. Die Pasta, die ich zum Hauptgang habe, lasse ich gleich mal als lauwarm zurückgehen, Connys Steak ist auf die Garstufe Schuhsohle gegrillt. Hoffentlich haben wir da heute Abend einfach nur Pech, schließlich haben wir hier Vollpension gebucht...
Gefahrene Kilometer: 202
Unterkunft: Cedar Grove Lodge, Huntsville - 274 EUR + Tax inkl. Vollpension
Nützliche Links:
OntarioTravel - Official Website of Tourism in Ontario
Discover Muskoka - Website des Tourismusbüros der Region
Fall Colours - die Ontario Parks Website informiert über den Stand der Laubfärbung
Kevin's Report - wöchentlicher Bericht zur Laubfärbung
TripAdvisor Ontario Travel Forum - beantwortet alle Fragen