Mi, Sep 26, 2018
The Soo - das ist Sault Ste. Marie, die älteste Stadt Ontarios, die nächste Station unserer Reise. Dazu müssen wir aber erstmal über den Lake Huron kommen. Ab auf die Fähre!
Mit der Chi-Cheemaun, die wir die letzten beiden Abende schon am Kai gegenüber des Motels gesehen haben, wollen wir von Tobermory nach Manitoulin Island übersetzen. In Kanada empfiehlt es sich generell, die Fähren vorab zu reservieren, was ich denn auch schon vor Monaten getan habe. Um 8:50 Uhr ist Abfahrt und da man schon eine Stunde vorher da sein soll, bedeutet das für uns: früh aufstehen. Die Zimmerschlüssel müssen wir nicht abgeben, die können wir einfach steckenlassen.
Stürmische Überfahrt
Nach der Registrierung am Fähranleger haben wir noch Zeit, uns einen Kaffee zu besorgen. Um 8 Uhr macht der Coffee Shop auf der anderen Seite des Hafens auf. Passt. Schließlich werden wir auf die Fähre gewunken, über eine Rampe geht es in den engen Gang für die PKW. Schon ein wenig abenteuerlich, wenn man noch nie auf so ein Schiff gefahren ist.
Die meisten Passagiere stürzen nach dem Ablegen direkt ans Frühstücksbüffet. Wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen in einem der Salons, wobei ich immer mal wieder zum Fotografieren nach draußen gehe. Über den See bläst allerdings ein Sturm, dass es einen fast vom Deck weht. Das Große Kanu (so der Name der Fähre in der Sprache der Ojibwe) wird von den Wellen gut durchgewalkt, was Conny ein wenig flau werden lässt. Das Gute: Der Wind reißt auch die Wolkendecke auseinander. Je weiter wir rausfahren, desto mehr kommt die Sonne zum Vorschein.
Zwei Stunden dauert die Überfahrt über den Main Channel, der die Georgian Bay mit dem "Rest" des Lake Huron verbindet. Die Georgian Bay allein macht fast ein Drittel der Fläche des drittgrößten Sees der Erde aus und wird daher auch manchmal als sixth Great Lake bezeichnet. Um 10:50 Uhr legen wir in South Baymouth auf Manitoulin Island an. Die Insel wartet auch mit einem Superlativ auf, sie ist nämlich die größte der Welt in einem Süßwassersee. Darauf muss man erstmal kommen. Auf Manitoulin selbst gibt es größere Seen, in denen sich wiederum Inseln befinden - ich bin sicher, daraus lassen sich noch einige Weltrekorde ableiten.
Manitoulin Island ist Indianerland
Mit seinen 1.600 Kilometern Küstenlinie und unzähligen vorgelagerten Inselchen ist Manitoulin naturgemäß ein Paradies für alle Arten von Wassersport. Dazu wird in den kleinen Örtchen das indianische Erbe gepflegt - etwa mit dem größten Pow Wow Kanadas, das jedes Jahr Anfang August in Wikwemikong steigt. Immerhin 40 Prozent der ständigen Bewohner der dünn besiedelten Insel gehören der First Nation an, den Ureinwohnern. Wir nehmen uns allerdings nicht die Zeit für Erkundungen, wir wollen auf schnellstem Wege aufs Festland. Nur am Ten Mile Point halten wir, einem Aussichtspunkt mit fantastischem Panoramablick hinüber zu den sich weiß schimmernd vom Nordufer des Lake Huron erhebenden La Cloche Mountains.
Kurz bevor wir die Insel über eine altertümliche eiserne Drehbrücke verlassen legen wir einen Stopp zum Lunch ein. Der Reiseführer empfiehlt das Anchor Inn in Little Current, ein "gemütliches Kneipenrestaurant mit Lokalkolorit". Na ja, das Essen hier ist schon sehr einfach. Ein paar Kilometer weiter in Espanola fahren wir dann noch bei Tim Hortons durch den Drive-In. Tim Hortons ist die mit Abstand am weitesten verbreitete Kaffeehauskette Kanadas und kommt hier ungefähr so häufig vor wie drüben in den USA Starbucks und Dunkin Donuts zusammen. Bei der Ausgabe passe ich kurz nicht auf, als die Bedienung mir die Getränke reicht, und murmel was von "excuse me". "Don't excuse yourself, pay attention", blafft mich die Frau an. Ich muss lachen. Sie auch. Okay, so geht also kanadischer Humor.
7.000 Kilometer geradeaus
Hinter Espanola biegen wir auf den Trans-Canada Highway ein, die einzige von einem Ende ans andere des Landes durchgehende Straße und mit über 7.000 Kilometern die drittlängste der Welt. Wobei hier in Ontario der TCH zwei Routen hat. Wir sind auf dem südlichen Abschnitt unterwegs.
Der Verkehr ist recht spärlich. Einfach Tempomat rein und rollen lassen. Das Panorama entlang der Straße ist nett anzuschauen, bunt leuchten die Bäume. Immer wieder kommen wir an kleinen Seen vorbei oder blicken links auf den North Channel, den von einer Inselkette abgetrennten nördlichsten Streifen des Lake Huron.
Nach zweieinhalb Stunden auf dem Highway kommen wir endlich in Sault Ste. Marie an, eine richtige Großstadt mit 75.000 Einwohnern und der Einfachheit halber von denen nur The Soo genannt. Hier haben wir uns die nächsten drei Nächte im Fairfield Inn eingebucht, das an einer breiten Ausfallstraße am nördlichen Stadtrand liegt. Drumherum gibt es allerlei Supermärkte, Fast Food Restaurants und gleich gegenüber einen LCBO. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ist also auf jeden Fall gesichert.
Gewohnter amerikanischer Hotelstandard
Die Empfangsdame ist sehr freundlich und verblüffend offen und ehrlich: Es wäre jetzt tour bus season und daher der Frühstücksraum morgens ein einziges Chaos. Wir sollten am besten nicht vor 8 Uhr runterkommen. Joah, also das dürfte für uns keine Herausforderung darstellen. Unser Zimmer bietet alle Annehmlichkeiten, die man von amerikanischen Hotelketten gewohnt ist. Gefällt uns.
Nach der langen Autofahrt habe ich keine Lust mehr, für das Abendessen noch großartig herumzukurven. Bei Google Maps mache ich schräg gegenüber einen witzig klingenden Laden aus - Wacky's. Spezialität: Hähnchenflügel. Außerdem ist gerade Poutine Fest. Nichts wie hin!
Die frittieren wirklich alles!
Wir werden nicht enttäuscht. Wacky's ist eine gemütlich eingerichtete Sportsbar und schon voll auf Halloween dekoriert. In der Karte stehen Schweinereien wie Men Candy - frittierte Speckstreifen. Ja, man kann Bacon in Bierteig wälzen und frittieren. Nein, das ist sicher nicht gesund. Aber jaa, das ist saulecker. Und es gibt Riblets. Und es gibt Wings. In ungefähr hundert verschiedenen Marinaden und Gewürzmischungen zwischen süß und höllisch scharf. Gar nicht so einfach. Wir werden hier wohl öfter herkommen müssen.
Nach dem Essen gehen wir noch bei Walmart vorbei, wo Conny aber nicht genau das Shampoo findet, das sie sucht. Immerhin: Der Alkoholladen nebenan führt den Wein, den uns das deutsche Paar in Tobermory gestern empfohlen hatte. Gekauft!
Gefahrene Kilometer: 360
Unterkunft: Fairfield Inn & Suites, Sault Ste. Marie - 103 EUR via booking.com
Nützliche Links:
OntarioTravel - Official Website of Tourism in Ontario
Welcome to the Soo - Homepage von Sault Tourism
Manitoulin Tourism - Events, Activities, Accomodations
Fall Colours - die Ontario Parks Website informiert über den Stand der Laubfärbung
Kevin's Report - wöchentlicher Bericht zur Laubfärbung
TripAdvisor Ontario Travel Forum - beantwortet alle Fragen