2018 Ontario Day 6
Flowerpot Island

Di, Sep 25, 2018

SCHLAG INS WASSER

Das Geräusch von strömendem Regen dringt in unser Motelzimmer. Dass uns das angekündigte schlechte Wetter nun tatsächlich erwischt hat, ist ziemlich ärgerlich, denn alle Aktivitäten, die ich hier für Tobermory auf dem Zettel stehen habe, finden draußen statt. Nun scheint das alles ins Wasser zu fallen.


Beide Anbieter von Bootsfahrten in den Fathom Five National Marine Park hatten gestern schon wegen zu hohen Wellengangs ihre Ausflüge gecancelt. Nun sieht das Wetter nicht besser aus. Die einen haben bei Facebook schon gepostet, dass sie auch heute nicht rausfahren, die anderen erreiche ich telefonisch nicht. Da werden wir wohl an Land bleiben müssen.


Das Grandview Motel bietet kein Frühstück, nur mit Kaffee und Tee kann man sich an der Rezeption versorgen. Ich hatte aber gestern Abend auf einer Tafel beim Princess Hotel was von einem breakfast special gelesen. Das Hotel ist nur einen Katzensprung entfernt und zum Glück lässt auch der Regen nach. Für 8,95 Dollar pro Kopf bekommen wir hier ordentliche Portionen serviert, Kaffee inklusive. Ein guter Deal.


Gleich neben dem Hotel ist ein Postamt. Da wir auch im Zeitalter von Whatsapp, Facebook und Instagram gerne Ansichtskarten aus dem Urlaub verschicken, wollen wir uns da mit Briefmarken eindecken. Für 10 Stück zahle ich fast 30 Dollar. Da muss ich kurz schlucken.


Wir brauchen einen Plan


Nun müssen wir aber mal schauen, wie wir aus diesem Tag das Beste rausholen. Dazu gehen wir beim Besucherzentrum des Nationalparks vorbei. Es hat hier an der Spitze der Bruce Peninsula gleich zwei Nationalparks: Den die Tobermory vorgelagerten Inseln umfassenden Fathom Five National Marine Park - bekannt vor allem für sein glasklares Wasser, in dem sich ganz hervorragend allerlei Schiffswracks erkunden lassen, sowie die blumentopfförmigen Gesteinsformationen auf Flowerpot Island - und der Bruce Peninsula Nationalpark, der sich ein bisschen flickenartig verteilt, dessen größter Teil aber die zerklüftete Küste zwischen Tobermory und den Klippen von Cabot Head umfasst. Mit The Grotto hat es hier eine Höhle, die genauso instagramig ist wie die Flowerpots auf besagter Insel. Mein Plan war eigentlich, heute beide Nationalparks zu besuchen - einen zu Fuß, einen mit dem Schiff.


Im Besucherzentrum erhalten wir die erfreuliche Information, dass ab heute Mittag doch Ausflugsboote nach Flowerpot Island ablegen sollen, und dass eine Wanderung vom Cyprus Lake zur Grotte durchaus machbar wäre. Der Haken dort ist, dass es ein Drei-Schichten-System für die Parkplätze gibt. Man kann nur um acht, um 12:30 Uhr und um 17 Uhr einfahren. Während der Sommersaison empfiehlt sich hier unbedingt eine Reservierung. Das würde für uns vom Timing aber wohl hinhauen: mittags ein bisschen wandern gehen und nachmittags zu den Inseln rausfahren. Bei dem Wetter heute dürfte der Parkplatz ja nun nicht gerade überfüllt sein. Also steht unser Plan!


Der kleine Leuchtturm am Ende der Straße


Wir laufen zum Hafen und erstehen bei Blue Heron zwei Tickets für die Cruise am Nachmittag. Mit der würden wir nicht mehr auf Flowerpot Island abgesetzt werden, sondern einfach bei der letzten Ausfahrt des Tages auf dem Boot bleiben. Auch gut. Bevor wir zum Cyprus Lake fahren, schauen wir noch kurz beim Leuchtturm an der zweiten Bucht von Tobermory vorbei, der Big Tub, der großen Wanne. Die wird nicht mehr als Hafen genutzt, sondern ist komplett von privaten Grundstücken umgeben. Bis auf den Leuchtturm, der dort seit 1885 die Einfahrt markiert.


Im Nationalpark wandern wir auf dem Bruce Trail


Kurz nach zwölf fahren wir an der Schranke an der Cyprus Lake Road vor, wo wir für 11,70 Dollar einen Parkschein für den Bruce Peninsula Nationalpark bekommen. Auf dem Parkplatz steht kaum eine Handvoll Autos. Wir stapfen los am Cyprus Lake vorbei durch den Wald Richtung Küste. Dort treffen wir auf den Bruce Trail. Der führt 885 Kilometer lang von Niagara-on-the-Lake bis Tobermory und ist der älteste und längste Wanderweg Kanadas. Wir folgen ihm den felsigen Strand entlang zur Indian Head Cove, einer Bucht, an deren einem Ende die Felsen das Gesicht eines Indianers bilden. Im Sommer muss hier der Teufel los sein, nun verlaufen sich nur ein paar Touristen auf der Suche nach dem ultimativen Selfie auf den Klippen. Die türkisblaue Farbe des Wassers ist selbst bei diesem Wetter sagenhaft.


Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark
Bruce Peninsula Nationalpark

Am westlichen Ende der Indian Head Cove stoßen wir auf The Grotto. Man schaut von oben durch ein Loch in die Höhle - oder klettert über die Felsen von der Seeseite aus rein. Wir bleiben lieber oben. Aber es ist schon erstaunlich, zu welch halsbrecherischen Touren einige Besucher hier bereit sind - vor allem die russischsprachigen. Die Schilder, die allerorts vor den Gefahren warnen, wurden scheinbar vergebens aufgestellt. Oder in den falschen Sprachen.


Am Boulder Beach verlassen wir den Bruce Trail und laufen am Marr Lake vorbei zurück zum Parkplatz. Als wir uns dem nähern, beginnt es zu regnen, und als wir Richtung Parkausgang fahren, schüttet es wie aus Eimern. Da haben wir Glück gehabt mit dem Timing unserer Wanderung. In Tobermory ist es trocken. Aus dem Wetter hier wird man wirklich gar nicht schlau.


Mit dem Boot in die Fathom Five


Um 15:30 Uhr beginnt unsere 90-minütige Cruise mit dem Glasbodenboot. Zunächst sieht es so aus, als wären wir die einzigen Gäste, zumindest auf dem Hinweg nach Flowerpot Island, wo alle eingesammelt werden, die dort wandern waren. In letzter Minute steigen aber doch noch zwei weitere Paare zu.


Wir fahren zunächst am von uns heute Morgen schon besuchten Leuchtturm vorbei in die Big Tub. Dort liegen zwei Schiffe auf dem Grund des Sees: der 1885 havarierte Frachter Sweepstakes und der Passagierdampfer City of Grand Rapids, der 1907 hier vor Anker liegend abbrannte. Es ist ganz erstaunlich, wie gut die Reste der Schiffe noch erhalten sind - und wie gut man sie in dem klaren Wasser sehen kann. Über 20 Wracks liegen in den Fathom Five, was Tobermory zur Scuba Diving Capital of Canada macht.


Nebel legt sich über die Inselwelt


Unser Boot dreht dann einmal die Runde zwischen den Inseln des Nationalparks. Das Wetter wird dabei immer garstiger. Richtig unheimlich, wie die dicht bewachsenen Eilande aus dem Nebel auftauchen. Wir fahren die Küste von Flowerpot Island entlang, wo die beiden auffälligen und oft fotografierten Felsformationen stehen, und lassen am Anleger ein paar Dutzend Ausflügler zusteigen. Ein Mitglied der Schiffscrew erzählte mir vorhin, dass es ab und an vorkommt, dass jemand das letzte Boot verpasst und sie schon mal umdrehen müssten. Das ist heute nicht der Fall und so bringt die Blue Heron 8 nun mit Fullspeed alle sicher zurück nach Tobermory.


Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise
Fathom Five Cruise

Aufwärmen bei Burger und Bier


Einigermaßen durchgefroren gehen wir von Bord und laufen schnurstracks in der Brewing Company ein. Hier hat es uns gestern Abend so gut gefallen, da kann man nichts verkehrt machen, wenn man zweimal hingeht. Mein Burger gestern war zwar etwas saftiger als der heute, aber am Ende gehen wir wieder satt und zufrieden Richtung Motel. Zufrieden können wir auch über die Gestaltung des Tages sein, der trotz schlechten Wetters ganz erlebnisreich war.


Klein ist die Welt


An der Rezeption, wo wir uns noch einen Kaffee holen, kommen wir mit einem deutschen Paar ins Gespräch, das gerade mit der Fähre angekommen und froh ist, hier in Tobermory eine Unterkunft gefunden zu haben. Auf Manitoulin Island sei praktisch alles ausgebucht. Die beiden sind insgesamt fünf Wochen im Osten Kanadas unterwegs, aber die Frau meint, ihr Speicher sei längst voll. Das ist halt immer so das Ding mit solch ausgedehnten Reisen, weshalb ich mich mittlerweile lieber auf eine überschaubare Region beschränke.


Es stellt sich dann noch heraus, dass er Dozent in meinem Fachbereich an der Uni Mainz war. Ich hatte zwar nie eine Vorlesung bei ihm, der Name ist mir allerdings geläufig. Ja, so klein ist die Welt.


Mit der Fähre fahren wir morgen weiter.

Gefahrene Kilometer: 41

Unterkunft: Grandview Motel, Tobermory - 80 EUR


Nützliche Links:

OntarioTravel - Official Website of Tourism in Ontario

Fall Colours - die Ontario Parks Website informiert über den Stand der Laubfärbung

Kevin's Report - wöchentlicher Bericht zur Laubfärbung

Bruce Peninsula Tourist Association - Übernachten, Essen, Unternehmungen

"Kanada im Miniaturformat" - netter Artikel über die Bruce Peninsula in der WELT

TripAdvisor Ontario Travel Forum - beantwortet alle Fragen