Stubai Tag 7
Innsbrucker Hütte, Stubaier Alpen

Mi, 28. Juni 23

NEBEL DES GRAUENS

Bremer Hütte (2.413 m) - Innsbrucker Hütte (2.369 m)


Auf dem Papier liest sich die 7. Etappe des Stubaier Höhenwegs gar nicht so beeindruckend. Zwar ist sie mit 10 Kilometern etwas länger als die beiden davor, bleibt aber weit unter 1.000 Höhenmetern im Auf- oder Abstieg. Dass die Wegweiser eine Gehzeit von sieben Stunden anzeigen, lässt allerdings anspruchsvolles Terrain vermuten. Und wir haben dafür den Tag mit dem miesesten Wetter der ganzen Woche erwischt.


Regenmassen von 25 bis 30 Litern zeigen die Wetterapps für das Stubaital zum Glück erst für das kommende Wochenende an. Aber trocken werden wir auf dem Weg zur Innsbrucker Hütte sicher nicht bleiben. Zur Nässe kommt Kälte. Kaum zu glauben, dass wir vorgestern noch über 25 Grad hatten. Heute sind die Temperaturen tief im einstelligen Bereich. Wir ziehen daher so ziemlich alles an, was die Rucksäcke hergeben.


Um kurz vor acht stiefeln wir los, da sitzen die meisten Gäste der Bremer Hütte noch beim Frühstück. Für einige muss die Nacht ziemlich kurz gewesen sein. Im Nebengebäude bei den Wegebauern wurde wohl bis in die Puppen bei lauter Musik gefeiert. Wir haben davon nichts mitbekommen, waren aber auch auf der anderen Seite der Hütte untergebracht.


Ein Tag im Nebel
Ein Tag im Nebel
Ein Tag im Nebel
Ein Tag im Nebel
Ein Tag im Nebel

Auf der Website des Stubaier Höhenwegs heißt es: Für geübte Geher (bei gutem Wetter!) führt der Weg von der Bremer Hütte zunächst abwärts durch einen kurzen, mit Seil und Steigbügel gut gesicherten Kamin über den Lauterer See. Alternativ gibt es für weniger erfahrene Wanderer den “Normalweg” mit Abstieg unter der Materialseilbahn. Nicht nur wegen des schlechten Wetters beginnt für uns die Wanderung auf eben diesem Normalweg, liegt der Abstieg über den See doch noch unter Schnee begraben. 


Wir sehen: Nichts


Weiter: Beide Wege führen zunächst mit leichtem, dann steilerem Anstieg auf das Trauljöchl.  Der Abstieg erfolgt über das Blockwerk mit Durchquerung der großen Traulgrube. Im Anschluss führt ein seilversicherter Aufstieg über die Wasenwand zur Pramarnspitze. Von dort geht es durch die Glättegrube und erneut zum Gegenanstieg auf den Sendesgrat. Am Fuße des Habichts, einem der markantesten Berge des Stubaitales, geht es immer leicht abwärts, vorbei am Alfaier See zur Innsbrucker Hütte. 


Ich setze hier diese Textbausteine ein, weil wir von dem all dem nichts sehen, ich den Weg also kaum ausgiebiger beschreiben könnte. Dass uns Frösche statt Murmeltiere begegnen, sagt alles darüber, wie feucht dieser Tag ist.


An sich ist die Wanderung aber ziemlich abwechslungsreich und würde bei schönem Wetter sicher ein tolles Erlebnis sein. Irgendwann überholen uns zwei einheimische Frauen, die wie Gemsen über die feuchten Steine trippeln. Ansonsten kommt uns nur kurz vor der Pramarnspitze (2.511 m) ein Paar entgegen. Die beiden werden die einzigen Wanderer bleiben, die heute von der Innsbrucker zur Bremer Hütte gehen.


Nach 6 Stunden am Ziel


Ein bisschen knifflig sind die Stellen, wo Blockwerk von Schneefeldern bedeckt ist. Es wäre fatal, durch den Schnee zu brechen und mit dem Fuß zwischen die Felsen zu geraten. Wir halten uns so gut es geht an die rot-weißen Punkte und ans GPS. Ich muss fast lachen, als eine Markierung auf dem Boden schließlich anzeigt, dass es nur noch 250 Meter bis zur Hütte sein sollen. Zu sehen ist von ihr nichts, gar nichts. Wirklich erst auf den allerletzten Metern schält sie sich aus dem dichten Nebel. Um 14 Uhr ist das Ziel erreicht. Damit haben wir gerade einmal sechs Stunden für die Strecke benötigt. Wir haben aber auch straight ohne Pause durchgezogen. Es war einfach zu kalt zum Anhalten und an Hinsetzen war ohnehin nicht zu denken.


Innsbrucker Hütte

So sind wir rechtzeitig auf der Hütte, um noch ein Mittagessen zu bekommen. Leberkäs und Bratkartoffeln sind jetzt so was von verdient. Danach opfern wir ein paar Euro für eine warme Dusche. Auch die haben wir uns verdient, genauso wie ein anschließendes Mittagsschläfchen. Wir haben ein ziemlich großes Zimmer erwischt, das wir anscheinend für uns allein haben. Der Hüttenwirt war sich nicht sicher, ob die dort eigentlich mit uns eingebuchten Gäste wiederkommen würden oder ins Tal abgestiegen sind. Offenbar letzteres. Uns ist es sehr recht, so viel Platz zu haben, denn dann können unsere Sachen vielleicht halbwegs trocknen. Der Trockenraum in der Innsbrucker Hütte ist winzig.


Kaiserschmarrn & Co sind nicht für alle was


Stunden nach uns kommen unsere Bekannten an. Witzig: Eva und David sind im benachbarten Zimmer mit einem Trio aus Korea untergebracht. Auch der Wanderführer kommt aus Korea, ist aber wohl schon seit vielen Jahren in den Alpen mit Gästen aus Fernost unterwegs. Die tun sich schwer mit der alpenländischen Küche und kochen daher Fertignudeln auf dem Zimmer. Auf den Geruch hätte ich ja gar keinen Bock! David erzählt später, dass der Wirt ihm beim Check-In angeboten hätte, in ein frisch renoviertes Doppelzimmer zu gehen, was er dankend ablehnte. Wir sind fassungslos. Eva wohl auch ein bisschen.


Abendstimmung, Innsbrucker Hütte
Abendstimmung, Innsbrucker Hütte, Pinnistal

Luca vermisst einen jungen Holländer und fragt sich durch, ob den jemand gesehen hätte. Es stellt sich heraus, dass der einen Abhang hinunter gefallen ist, es aber aus eigener Kraft bis zur Hütte geschafft hat und mit der Materialseilbahn ins Tal transportiert werden musste. Da sind wir dann doch etwas schockiert. So schnell kann’s gehen.


Der Tag endet vielversprechend


Am Abend kommt schließlich die Sonne unter der Wolkendecke hervor und taucht die Berge in ein fast unwirklich glühendes Licht. Am nahe der Hütte gelegenen Pinnisjoch, wo mehrere Wanderwege aufeinandertreffen, öffnet sich der Blick zur tief unten im Tal gelegenen Karalm. Von dort könnte man mit dem Bus ins Stubaital fahren. Unser Weg morgen soll aber noch einmal bergan um die Elfer führen, die links am Ende des Pinnistals aufragen. Das Ziel ist in Sicht. 


Unterkunft: Innsbrucker Hütte

Wegstrecke: 10,5 km

Höhenmeter: +780 / -820


Nützliche Links

Stubai.at - alles zum Stubaier Höhenweg

Outdooractive - Details und GPS-Daten zur Planung