Stubai Tag 6
Bremer Hütte, Stubaier Alpen

Di, 27. Juni 23

TIERISCHE BEGEGNUNGEN

Nürnberger Hütte (2.278 m) - Bremer Hütte (2.413 m)


Ähnlich kurz wie die gestrige ist die heutige Etappe von der Nürnberger zur Bremer Hütte. Wieder wird es steil rauf und steil runter gehen. Nur mit schöner Aussicht dürfte es nichts werden, denn erneut ist das Wetter umgeschlagen.


Vorbei ist’s mit dem Sonnenschein. Dichte Wolken hüllen die Nürnberger Hütte ein, kaum 50 Meter beträgt die Sichtweite auf dem Wanderweg. Die Orientierung auf dem ersten Abschnitt ist allerdings nicht schwierig. Und immerhin regnet es nicht.


Nürnberger Hütte
Kraxelei am Drahtseil
Aufstieg zum Simmingjöchl
Aufstieg zum Simmingjöchl
Simmingjöchl
Aufstieg zum Simmingjöchl
Aufstieg zum Simmingjöchl
Aufstieg zum Simmingjöchl
Aufstieg zum Simmingjöchl
Simmingjöchl
Simmingjöchl

Nur kurz zeigt sich die Sonne


Wir umrunden auf nahezu ebenem Weg den Talschluss und steigen dann auf Richtung Simmingjöchl, zum Übergang ins Gschnitztal. Dabei kommen wir durch das “Paradies”, eine kleine grüne Hochebene, durch die sich malerisch ein Bach schlängelt. Für einen kurzen Moment reißt die Wolkendecke auf, so richtig kann sich die Sonne aber dann doch nicht durchsetzen. Der Himmel bleibt mehr grau als blau.


Im Serpentinensteig zum Jöchl ist reichlich Betrieb. Wir haben die vor uns von der Nürnberger Hütte losgelaufenen eingeholt, da kommen von oben schon die ersten von unserem Tagesziel gestarteten Wanderer entgegen. In einem steil abfallenden Geröllkar geht es am Seil entlang, hier muss man sich mit der Passage abwechseln.


Ich höre zu, wie sich die holländische Familie vor uns von einigen entgegenkommenden Schweizern den einfachsten Weg über Felsplatten zum Grat zeigen lässt, entscheide mich aber dafür, es einfach über das unberührt vor mir liegende Schneefeld zu probieren. Am Anfang gar kein Problem, der Schnee ist stabil und griffig. Aber kurz bevor ich einen großen Felsen erreiche, passiert es: ein Bein sackt weg und ich stecke bis zur Hüfte im nassen Weiß.


Mit vorsichtig ruckelnden Bewegungen versuche ich, das Bein wieder freizubekommen, ohne dass der Schuh stecken bleibt oder ich mit der anderen Seite ebenfalls einsinke. Es muss total bescheuert aussehen…

Aber ich komme frei und schwöre mir, ab jetzt nur noch auf vorgetrampelter Spur über ein Schneefeld zu gehen. Oder Schnee am besten ganz zu meiden.


Im Paradies
Im Paradies
Im Paradies
Im Paradies
Simmingjöchl
Simmingjöchl

Schließlich erreichen wir die alte Zollhütte, die genau oben auf dem Simmingjöchl (2.754 m) steht, und die wir gestern schon von der Terrasse der Nürnberger Hütte aus sehen konnten. Der perfekte Ort für eine Rast. Ich wundere mich, warum da Spitzhacke und Rechen an der Dachrinne hängen, da kommen zwei kernige junge Männer und nehmen sie herunter. Es sind zwei der Wegebauer des Stubaier Höhenweges. Vor deren Arbeit habe ich großen Respekt, ohne sie wären wir gar nicht hier. Und am bröckeligen Simmingjöchl haben sie gut zu tun.


Wir treffen auf Luca, der überlegt, den Gipfel des Aperer Feuersteins (2.967 m) mitzunehmen. Bei schönem Wetter bietet sich der Abstecher allemal an, aber heute, wo weiter dichte Wolkenschwaden über den Bergkamm ziehen und dazu überall tückische Schneefelder lauern, haben wir dafür überhaupt keine Motivation. Wir wünschen ihm viel Spaß und machen uns bald an den Abstieg. Es ist erst halb zwölf und wir haben schon gut die Hälfte der heutigen Etappe hinter uns.


Der Abstieg auf der Ostseite des Jöchls beginnt an Drahtseilen durch eine steile Rinne. Hier sind jetzt die Wegebauer zugange. Sie lassen uns passieren und geben uns mit, dass wir Entgegenkommende warnen sollten, dass der eine oder andere Stein den Berg herunterrollen könnte. Und das ist nicht übertrieben, denn kaum sind wir halbwegs aus der Falllinie, fliegen alle paar Sekunden dicke Brocken vorbei. 


Hallo, Murmeltiere!


Der Radau hat ein Murmeltier aus seinem Bau gelockt, das interessiert, aber nicht wirklich verängstigt den Steinen hinterherschaut. Endlich ein Murmeltier! Bisher haben wir nur ab und zu ihre Pfiffe gehört. Und links des Weges im Hang, nur ein paar Meter von uns entfernt, entdecken wir zwei weitere. Wir schauen sie an, sie schauen uns an - unklar, wer die größere Attraktion ist.


Abstieg vom Simmingjöchl
Abstieg vom Simmingjöchl
Abstieg vom Simmingjöchl
Murmeltier 1
Murmeltier 2 & 3
Abstieg vom Simmingjöchl
Bremer Hütte
Bremer Hütte
Bremer Hütte
Bremer Hütte
Bremer Hütte
Bremer Hütte

Wahrscheinlich bin ich in Gedanken noch bei den niedlichen Tieren, denn kurz darauf, als der Weg schon wieder deutlich flacher geworden ist, legt es mich so richtig hin. Ist irgendwie nicht mein trittsicherster Tag. Schienbein und Arme bekommen ein paar Schrammen ab, aber halb so wild. Der Rucksack hat den Sturz gedämpft. Der eine Wanderstock ist nun allerdings verbogen. Ich überlege ja seit Jahren neue zu kaufen, packe sie dann aber doch immer wieder ein, denn: Sie tun’s ja. Das Missgeschick dürfte jetzt das Fass zum Überlaufen bringen.


Bald kommt die Bremer Hütte in Sicht, die wir nach einem kurzen Gegenanstieg gegen Viertel vor eins erreichen. Die Bremer ist noch ein bisschen kleiner als die Nürnberger Hütte und hat ebenfalls, zumindest von außen, den ursprünglichen Charakter einer alpinen Schutzhütte bewahrt. Sie steht idyllisch an einem kleinen See und würde einen herrlichen Ausblick ins Gschnitztal bieten - wenn es nicht so wolkig wäre. 1897 wurde das “höchste Haus Bremens” eingeweiht, es hat also schon gut 125 Jahre auf dem Buckel. Innen ist die Hütte dagegen ziemlich modern ausgebaut. Und sie hat sogar WLAN. Das ist ja noch immer eine Rarität auf Alpenvereinshütten und wird von vielen geradezu leidenschaftlich als neumodischer Schnickschnack abgelehnt. Ich bin da pragmatisch.


Steinböcke im Nebel, Bremer Hütte

Ausflug mit Familie Steinbock


Schade, dass das Wetter so ungemütlich geworden ist. In der Stube der Hütte ist es mir zu stickig, aber draußen hält man es auch nicht allzu lange aus. Als am Nachmittag eine Herde Steinböcke in der Nähe der Hütte auftaucht, ist mir das Antrieb genug, nochmal loszuziehen. Ich gehe ein Stück des Weges zur Inneren Wetterspitze (3.053 m), dem Hausberg der Bremer Hütte, bis knapp unterhalb der Wolkengrenze. Zwei junge Steinböcke tauchen auf einem Grat auf. Auf einem Felsen sitzend beobachte ich die Tiere eine Weile, dann mache ich mich an den Rückweg. So langsam wird es Zeit fürs Abendessen.


Wieder sitzen wir mit Eva, David und Luca an einem Tisch. Luca berichtet von seiner Gipfeltour, die wohl anstrengender und viel gefährlicher war, als er sich das ausgemalt hatte. Er wäre fast gestorben da oben, meint er. Wir finden ja, dass er generell nicht so ganz ideal ausgestattet ist für das Gebirge. Mit seinen seltsamen Barfußschuhen würde ich jedenfalls nicht auf spitzem, lockerem Gestein unterwegs sein wollen. Wobei ich mich angesichts der heutigen Fehltritte mit meiner Meinung auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen will.


Unterkunft: Bremer Hütte

Wegstrecke: 6 km

Höhenmeter: +640 / -515


Nützliche Links

Stubai.at - alles zum Stubaier Höhenweg

Outdooractive - Details und GPS-Daten zur Planung