Dolomiti Tag 7
Cima Pisciadù, Sella


Fr, 5. Juli 24

EIN LETZTER GIPFEL

Rifugio Boè (2.873 m) – Grödner Joch (2.136 m)


Schon ist der letzte Wandertag gekommen. Unser Ziel ist Sankt Christina im Grödner Tal. Zu Fuß wollen wir allerdings nur bis zum Grödner Joch kommen und von dort mit dem Bus fahren. Die Querung des Sellastocks dürfte nochmal eine schöne alpine Herausforderung sein und mit der Cima Pisciadù liegt auch noch ein lohnender Gipfelabstecher am Weg.


Rifugio Boè
Morgenstund an der Boèhütte
Piz Boè und Rifugio
Schattenspiel, Blick ins Fassatal
Wolkenstreifen über der Sella
Blick zurück zum Piz Boè
Reichlich Schnee liegt auf dem Sellamassiv
Wir folgen der Spur durch den Schnee
Wegweiser auf dem Sellamassiv
Die Nordseite der Sella
Blick Richtung Grödner Joch

Obwohl wir uns gar nicht sonderlich beeilen mit Aufstehen, Frühstück und Packen, sind wir schon um 8 Uhr bereit zum Aufbruch. Es ist allerdings auch ganz gut, die kühlen Morgenstunden auszunutzen, denn wir gehen davon aus, dass wir auf dem Weg über die Sella reichlich Schneefelder werden queren müssen. Und je höher die Sonne, desto sulziger der Schnee.  


Durch den Schnee über das Bergmassiv


Wir kehren dem Piz Boè den Rücken und laufen Richtung Norden. Für zwei Kilometer geht es in ständigem Auf und Ab über das Plateau. Wo das flach ist, hat der Wind den Fels vom Schnee befreit, aber in jedem noch so leichten Hang und in jeder Mulde liegt er knöchel- oder sogar knietief. Dank einer ausgetretenen Spur und fast immer in Sichtweite voneinander aufgestellten Wegweisern, ist die Orientierung nicht allzu schwierig. Bei Nebel ist man hier oben allerdings verloren.  


Wiedersehen mit einem der schönsten Aussichtsgipfel


Nach einer Stunde taucht die markante Cima Pisciadù (2.985 m) vor uns auf. Die habe ich vor drei Jahren mit Conny bestiegen, daher weiß ich, dass man da viel einfacher raufkommt, als es von Ferne erscheint, und dass man oben mit einer sagenhaften Aussicht belohnt wird. Vor dem Aufstieg müssen wir aber erstmal absteigen, nämlich über 150 Höhenmeter eine steilen, schneebedeckten Hang hinunter. An dieser Stelle sind wir besonders froh, so früh dran zu sein. Wenn das Ganze heute im Laufe des Tages aufweicht, werden die Leute nicht so viel Spaß haben wie wir jetzt.


40 Minuten seien es bis zum Gipfel, sagt ein Wegweiser. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man nicht so lang braucht. Nach kurzem Zögern ist auch Dirk beim letzten Gipfelsturm der Tour dabei. Tatsächlich stehen wir schon nach 20 Minuten am Kreuz. Fast wie auf Treppenstufen kann man Gesteinsschicht für Gesteinsschicht den Berg erklimmen. Von Süden grüßt der Piz Boè, zu unseren Füßen liegt das Grödner Joch, dahinter die Cirspitzen und noch etwas weiter die Türme der Geislergruppe. Wirklich ein ganz fantastisches Panorama.


Blick zum Piz Boè
Blick über das Grödner Joch
Der Alpenhauptkamm am Horizont
Abstieg durch tiefen Schnee
Lago di Pisciadù
Im steilen Abstieg zum See
Am Lago di Pisciadù
Rifugio Pisciadù am Fuße des Gipfels

Das nächste Zwischenziel können wir auch schon vom Gipfel ausmachen: das Rifugio Pisciadù (2.585 m). Wir steigen ab, nehmen die am Fuße der Cime Pisciadù gelagerten Rucksäcke auf, legen wieder Grödel an und machen uns an den weiteren Abstieg durch das Val de Tita ins Valun di Pisciadù mit dem herrlich smaragdgrün schimmernden See. Ich hatte fast vergessen, dass es hier noch ein Stückchen Klettersteig gibt. Der ist natürlich nicht so einfach, wenn alle Tritte und Griffe unter Schnee begraben sind. Wir kommen aber heil bei der Hütte an. 11:15 Uhr ist nicht zu früh für ein Bier und ein Mittagessen. Immerhin sind wir jetzt schon über drei Stunden unterwegs.


Mittagspause auf der Pisciadù-Hütte
Abstieg zum Grödner Joch
Geröllkar Val Setus

Es gibt zwei Möglichkeiten, von der Pisciadù-Hütte ins Tal zu wandern: Über das Val Bosli, das Mittagstal, oder durch das Val Setus. Ersteres wäre ein ziemlich großer Umweg, durch Letzteres ist vor einem Jahr ein gewaltiger Erdrutsch abgegangen. Der verschüttete noch unten am Parkplatz ein paar Autos. Aber grundsätzlich ist der Weg wieder für Wanderer freigegeben, irgendwie wird es da also schon runtergehen. 


Der letzte Abstieg ist halsbrecherisch


Ich kann mich erinnern, dass das obere Stück eine ziemliche Kraxelei am Drahtseil war, dann gut ausgebaute Stufen in ein Schotterkar führten, durch das sich ein elend langer Zickzack-Weg zog. Das war beim letzten Mal unser Weg in umgekehrter Reihenfolge.


Den Klettersteig gibt es noch und er allein ist mit dem großen Rucksack auf dem Rücken und reichlich Gegenverkehr schon eine Herausforderung. Der Steig mit den Stufen ist aber komplett verschwunden, entsprechend mühsam ist der Abstieg durch das lose Geröll im steilen Hang. Absolut spaßbefreit. Ich würde sogar sagen, dass das hier das anspruchsvollste Wegstück der ganzen Woche ist. Save the best for last. Nicht.


Nach einer überaus schweißtreibenden Stunde haben wir es geschafft und stehen am Abzweig zum Passo Gardena, zum Grödner Joch. Der Rest ist lockeres Auslaufen mit traumhafter Sicht. Bald taucht der Langkofel wieder vor uns auf. Wie so oft hängen Wolken an seinen Gipfeln. Um 13:45 Uhr erreichen wir die Bushaltestelle an der Passhöhe (2.136 m). Damit ist unsere Wandertour zu Ende.


Cir-Spitzen, Grödner Joch
Blick Richtung Alta Badia
Grödner Joch, Langkofel

Wir haben noch ein Problem – zumindest dachten wir das, als wir in der Südtirolmobil-App die Warnmeldung entdeckten, dass die Busfahrer heute streiken würden. So ein Streik ist in Italien aber eher ein Ritual statt echter Arbeitskampf. Mindestens die Hälfte der Busse fahren trotzdem und stehen auch entsprechend im Fahrplan.


Bushaltesteller, Grödner Joch

Erlebnis Busfahren

Überraschender ist da schon, dass der Busfahrer das in der App gekaufte Ticket nicht anerkennen will. Sein Scanner funktioniert nämlich nicht. Dass die App selbst einen großen grünen Haken und eine Gültigkeitsdauer anzeigt – non mi interessa. Wir müssen tatsächlich zwei neue Tickets kaufen. Die kosten nicht viel, aber irgendwie ärgerlich ist das Ganze trotzdem.


So eine Busfahrt über Dolomitenpässe mit Haarnadelkurven ist schon ein Erlebnis. Wenn man aber denkt, die Busfahrer hier hätten schon einen, nun ja, gewagten Fahrstil drauf, hat man noch nicht die Überholmanöver der Fahr- und Motorradfahrer gesehen. Absolut haarsträubend. Ich nehme mir fest vor, nie im Sommer mit dem Auto durch die Dolomiten zu reisen.  


Bei der Seilbahnstation Plan De Gralba müssen wir nochmal umsteigen, um 14:40 Uhr kommen wir aber wohlbehalten in der Ortsmitte von Sankt Christina an. Unser Hotel ist grad die Straße runter von der Bushaltestelle und hier hat man anscheinend extra für uns einen roten Teppich ausgerollt. Das wäre aber nicht nötig gewesen!


Von unserer Wirtin erfahren wir dann, dass der Teppich gar nicht für uns, sondern für ein Weinfest am Abend verlegt wurde. Weinfest?! Das wird ja immer besser. Und vorher noch Deutschland gegen Spanien. Geilo!

An der Rezeption wartet auch schon ein Päckchen mit frischen Klamotten und einem Paar bequemer Sneaker auf mich. Morgen geht es weiter nach Venedig. Da will ich nicht in Wanderkluft herumlaufen. Wir machen uns frisch, besorgen in einem Supermarkt Snacks fürs Abendessen und chillen dann bis zum Fußballspiel auf dem Balkon.


Die Tour endet mit Vino


Nach dem zwar tragisch eins zu zwei verlorenen, aber extrem unterhaltsamen Spiel raffen wir uns nochmal auf zu einem Bummel über das Weinfest. "Sëira dl vin" heißt die Veranstaltung, bei der man gegen 25 EUR (davon 5 EUR Pfand) ein Glas bekommt, mit dem man dann an zwei Dutzend Ständen so viele Weine verkosten kann, wie man mag. Oder kann. Ich bin vor allem Fan der südtiroler Weißburgunder, die so unfassbar viel mehr Aromen haben als die bei uns daheim. Am meisten überzeugen mich an diesem Abend die Weine von Nals Margreid und aus der Kellerei Tramin. Ist aber auch nicht das erste Mal, dass ich auf die stoße.


Sankt Christina, Grödner Tal, Roter Teppich

Wie zu erwarten war, dauert es nicht allzu lange, bis sich Bettschwere bei uns einstellt. Praktischerweise können wir direkt vom roten Teppich in unser Hotel stolpern. Das Zimmer geht hinten raus, deshalb bekommen wir von der dann doch immer lauter aufspielenden Musik kaum noch was mit. Gute Nacht, Sankt Christina.


Unterkunft: Hotel Cristallo, Sankt Christina in Gröden

Wegstrecke: 7 km

Höhenmeter: +430 / -1.180


Nützliche Links

Dolomiti.org - die verschiedenen Regionen der Dolomiten im Überblick

Gröden - Dolomiten - alles für den Urlaub im Grödner Tal

Südtirol Mobil - Fahrplansuche für Bus und Bahn