2015 Berchtesgaden Day 3
Isidorsteig

Mo, 5. Okt 2015

ZITTERNDE KNIE AM GRÜNSTEIN

Wie ein Zuckerhut erhebt sich der Grünstein gleich rechts vom Königssee. 1.304 Meter hoch ist dieser schon zum Massiv des Watzmanns zählende Gipfel, der als einer der schönsten Aussichtsberge Bayerns gilt. Wir wollen ihn heute erklettern. Doch das ist gar nicht so einfach...

Dicker Nebel hängt im Tal der Königsseer Ache, aber der Blick in die Webcams, die von den Gipfeln rund um Berchtesgaden streamen, gibt uns Gewissheit, dass heute eigentlich die Sonne scheint. Was würden wir nur ohne Internet machen?


Nach dem Frühstück fahren wir zum großen Sportladen gegenüber des Berchtesgadener Bahnhofs, um Klettersteigsets auszuleihen. Die Jungs dort schlagen aber vor, dass wir die doch besser in der Filiale direkt am Königssee abholen. Auch gut. Ich erstehe noch eine Badehose, um für Wellness als Ersatzprogramm für das vorhergesagte schlechte Wetter der nächsten Tage gerüstet zu sein.



Das Parken am Königssee kostet dank Gästekarte nur 2,50 Euro am Tag. Der Besucherandrang hält sich ob des über dem See hängenden Nebels noch in Grenzen. Im Sportshop an der Seestraße liegt schon das Equipment für uns bereit. Die Leihgebühr von 30 Euro für uns zwei zahle ich gleich. Man will ja nicht verschuldet aus dem Leben treten...


Aufstieg zum Einstieg


Eine knappe Stunde wandern wir über die Holzbrücke an der Seeklause und an der Bob- und Rodelbahn vorbei teils sehr steil bergauf zum Einstieg des Klettersteigs am Grünstein. Auf mehreren Routen verschiedener Schwierigkeitsgrade führt ein Klettersteig durch seine felsige Flanke. Wir wollen uns die einfache Isidor-Variante vornehmen, Kategorie B/C.



Nach wenigen Klammern in der fast senkrecht aufragenden Wand merken wir aber, dass wir uns mit dem Grünstein zu viel vorgenommen haben. Conny, die vorangeklettert ist, weiß keinen Weg um einen Felsen, an dem das Sicherungsseil straff anliegt, es aber sonst keine Option zum Festhalten gibt - und mir zittern schon seit dem ersten Schritt die Knie. Kommando zurück!



Wir sind einigermaßen perplex, dass wir uns hier so schwertun, ist es doch nicht unser erster Klettersteig. Nebenan versuchen sich zwei junge Männer an der schwereren Route. Einer der beiden gibt nach wenigen Metern auf, probiert "unsere" Variante - und macht an der gleichen Stelle kehrt. Nun steigen zwei Teenager in den Überhang ein und haben spinnengleich in nullkommanix den gut zehn Minuten vor ihnen gestarteten Kletterer eingeholt. Mir wird's da schon beim Zuschauen schwindelig. Hätten wir mit diesem Sport nur mal schon vor zwanzig Jahren angefangen...


Das mit dem Klettern lassen wir


Nun gut, dann wandern wir eben zum Gipfel. Der Nebel hat sich längst aufgelöst, über uns wölbt sich ein wolkenloser Himmel und zwischen den Tannen lugen immer wieder wunderschön verfärbte Ahornbäume hervor. Ein Traum!



Kurz nach ein Uhr erreichen wir das kleine Gipfelplateau des Grünsteins. Uns zu Füßen der gesamte Talkessel um Berchtesgaden, die Bootsanleger am Königssee und der Watzmann von seiner Schokoladenseite mit dem Gletscherkar zwischen den Spitzen. Wir genießen eine ganze Weile das Panorama, dann geht es auf eine Kaspressknödelsuppe und einen Kaiserschmarrn zur in der Sonne liegenden Terrasse der Grünsteinhütte.


Für den Abstieg ans Ufer des Sees benötigen wir dann keine Stunde. Hier unten werden die Schatten schnell länger, schon verschwindet die Sonne hinter dem Watzmannstock. Wir geben das Gerödel zurück und Conny ersteht im Schlussverkauf sogar noch eine Softshelljacke. Dann nehmen wir uns eine weitere, wenn auch kleine Wanderung vor.



Abstecher zum Malerwinkel


Hinter der Station der Jennerbahn führt ein Weg in den Wald Richtung Malerwinkel. Einen Abzweig vom Hauptweg nehmend und über einen felsigen, teils mit Stufen und Holzgeländern gesicherten Steig kommen wir zum wunderschön gelegen Aussichtspunkt in der Rabenwand. Wie aus einer Loge geht der Blick über den See zur vier Kilometer entfernten Kapelle Sankt Bartholomä und weiter zur über dem Steinernen Meer aufragenden Schönfeldspitze.



Spielzeugen gleich fahren die Elektroboote über den See, um die letzten Besucher von der Hirschau zurückzuholen. Nicht weit entfernt, aber unsichtbar für uns, rauscht der Königsbachfall über die steilen Felshänge. Gescheit zu fotografieren ist wegen des Gegenlichts fast unmöglich, dafür müssten wir am frühen Vormittag herkommen. Aber am besten genießt man diesen Ort eh, indem man die Kamera mal zur Seite legt und einfach still dasitzt. Was für ein wunderschönes Fleckchen Erde das hier ist!


Wir komplettieren den Rundweg über den Malerwinkel und sind um kurz vor sechs zurück an den Schiffsanlegern. Die letzten Tagesbesucher stöbern in den Souvenirshops, in denen alles an Kitsch und Tand feilgeboten wird, was man sich nur vorstellen kann. Aber irgendjemand wird den Quatsch wohl kaufen.


Wir haben noch ein paar Besorgungen im Supermarkt zu erledigen und kaufen dabei auch gleich fürs Abendessen ein. Damit geht ein ganz anders als geplant verlaufener, aber doch sehr schöner Urlaubstag zuende.


Wanderstrecke: 12,5 km

Höhenmeter: +/- 1.099

Unterkunft: Malerhäusl, Schönau


Nützliche Links:

Bergerlebnis Berchtesgaden - Homepage der Tourismus GmbH

Nationalpark Berchtesgaden - Website der Nationalparkverwaltung

Tourismus-Info Schönau - der Ort am Königssee hat eine eigene Website

Outdooractive - die schönsten Wanderungen in Schönau am Königssee