2025 Teneriffa Tag 4
Kanalweg im Barranco Seco, Punta del Hidalgo

Do, 20. Februar 2025

VERBOTENE WEGE

Die spektakulärste Wanderung in der Nähe unserer Base in Güímar ist die Tour entlang einer alten Wasserleitung durch Tunnel in der Steilwand der über dem Ort aufragenden Berge. Offiziell ist der Weg gesperrt, aber man findet ihn sogar noch im Rother beschrieben. Ohne Taxi-Unterstützung kommt man dabei auf um die 1.200 Höhenmeter im Auf- und Abstieg. Das ist für uns abschreckender als irgendwelche Verbotsschilder. Wir suchen uns daher eine Alternative, die ebenfalls ein bisschen Nervenkitzel verspricht.


Wieder fahren wir in den Nordosten der Insel, allerdings nicht ins Anaga-Gebirge, sondern direkt an die Küste, nach Punta del Hidalgo. Wir finden einen Parkplatz am Straßenrand in der Nähe der Pfarrkirche San Mateo Apóstol. Gleich gegenüber schickt ein Wegweiser Wandernde eine unfassbar steile Straße den Berg hinauf. Bis wir am Ortsrand sind, haben wir schon 300 Höhenmeter Aufstieg hinter uns gebracht. Schön ist der Blick zurück über die bunten Würfel der Häuser, die Bananenplantagen zwischen dem alten Ortskern und dem Meer, vor dem ein 50 Meter hoher Leuchtturm steht, der entfernt an das Rockefeller Center in New York erinnert.


Aus dem Feldweg wird ein schmaler Pfad, der hoch über dem Barranco Seco den Hang entlang führt. Nicht zu verpassen ist die Weggabelung, an der es links zu einem Kanalweg geht, dort steht nämlich ein großes Schild: Betreten verboten.


Pfarrkirche San Mateo Apóstol, Punta del Hidalgo
Blick auf Punta del Hidalgo
Im grünen Tal des Barranco Seco
Ein schmaler Pfad zweigt ab zum Kanalweg
Im Kanal durch den Barranco Seco
Tunneleingang in einer Felswand, Barranco Seco
Tunneleingang in einer Felswand, Barranco Seco
In diesem Talkessel endet der Weg

Wegen zahlreicher Unfälle wurde die Rundwanderung, die hin und zurück entlang alter Wasserleitungen durch den Barranco Seco und den benachbarten Barranco del Rio ging, seitens der Behörden geschlossen. Das lässt uns etwas grübeln über den möglichen Zustand des Weges, aber die Neugier siegt. Wir sind auf Madeira schon so vielen Levadas gefolgt, da sollten wir die Lage hier mit gesundem Menschenverstand einschätzen können. Zur Not kehren wir eben um.


Der Weg ist völlig ungefährlich


Anders als bei den meistens wasserführenden Kanälen auf Madeira ist der hier trocken. Wir müssen also nicht auf den Mauern entlang balancieren, sondern können einfach im Kanal laufen. Easy. Aufpassen muss man nur, sich in den dunklen Tunneln nicht den Kopf zu stoßen, aber zum einen sind diese Passagen recht kurz, zum anderen haben wir immer Taschenlampen dabei – unsere Handys.


Das Ganze macht total Spaß. Wir begegnen keiner Menschenseele, hören nur ab und an mal Leute weiter oben auf dem Wanderweg. Was die hier verpassen … Nach einer guten halben Stunde endet der Kanalweg in einer Schlucht. Der Weg hinaus ist nicht ganz einfach zu finden. Wir entdecken dann aber doch einen schmalen Pfad, der eine Felswand hinaufgeht. Spätestens hier ist Trittsicherheit ein Muss.


Verbotsschild am Zugang zum Kanal im Barranco Seco
Schmaler Pfad im Barranco Seco
Im Kanal durch den Barranco Seco
Im Kanal durch den Barranco Seco
Die Handyleuchte hilft in dunklen Tunneln weiter
Tunnelausgang
Brücke in engem Canyoneinschnitt
Der letzte Tunnelausgang
In einem felsigen Talkessel endet der Weg
Ein trockener Wasserfall am Ende des Tals
Aufstieg über Felsstufen
Verbottschild am Ausgang aus dem Barranco Seco

Höhenweg von Dorf zu Dorf


Oberhalb der Schlucht treffen wir auf den “normalen” Wanderweg zwischen El Peladero und Bejia. Wir legen eine Pause ein, ehe wir auf Treppenwegen durch Bejia hindurch und hinüber ins Valle de los Batanes steigen, das Tal der Walkmühlen. Im 16. Jahrhundert war in der abgeschiedenen Gegend ein Zentrum der Textilherstellung entstanden. Mit Hilfe wassergetriebener Mühlen wurden Flachs und Wolle gewälzt, gedreht, geformt.


Heute erinnern noch die Ortsnamen an diese frühindustrielle Blütezeit. Bata de Abajo etwa bedeutet "untere Mühle". Verschlafen klebt der gepflegte Weiler an terrassierten Hängen. Das Idyll wird durch den Lärm einer Baustelle gestört. Das Dorf bekommt eine neue Zugangsstraße. Oder die weiter unten im Tal liegenden Gehöfte bekommen einen Straßenanschluss. Wie dem auch sei: Den richtigen Weg nach Punta del Hidalgo suchend muss man aufpassen, der zweigt nämlich direkt am Gemeindehaus in Form eines unscheinbaren Gässchens ab. Wenn man auf dem Platz vor der Kirche steht, ist man schon dran vorbei gelaufen.


Der Abstieg in den Barranco hat alpines Format


Spätestens jetzt wird die Wanderung zu einer Herausforderung von alpinem Format, denn der Abstieg in den Barranco del Rio ist schwindelerregend steil. Und auch wenn die Kraxelei über einen Felsrücken Spaß macht, sind wir froh, als wir 400 Höhenmeter tiefer das Ufer des Bachs erreichen. Das war anstrengend. 


Kurz nach einer Ruine beginnt der nächste Kanalweg. Weit und breit kein Verbotsschild. Als wir uns aber schon nach ein paar Metern unter einem überstehenden Fels durchquetschen müssen, beschließen wir, diesem nicht zu folgen, sondern unten am Bachbett zu bleiben. In luftiger Höhe wäre uns eine solche Stelle zu haarig. 


Der Weg durch den Talgrund ist aber auch sehr schön. Immer wieder sind unsere Pfadfinder-Skills gefragt, müssen wir den Bach queren oder große Felsen umgehen. Erinnert ein bisschen an den Weg zur Subway im Zion National Park in Utah. Punktabzug gibt es für das starke Algenwachstum in den Gewässern.


Zurück in Punta del Hidalgo


Nach einer Stunde weitet sich der Barranco del Rio. Von rechts oben kommt ein Wanderweg aus Chinamada runter. Hier am Ausgang des Tals stehen die Reste eines Wasserkraftwerks. Der Weg steigt nochmal kurz an zu einer Klippe oberhalb einer Bucht, in der sich die Wellen auslaufen. Ein schöner Endpunkt für die Tour.


Blick über den Barranco Rio Richtung Meer
Abstieg über einen Felsrücken in den Barranco Rio
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Wegweiser am alten Kanal im Barranco Rio
Durch das Bachbett im Barranco Rio
Tümpel im Barranco Rio
Basaltwände entlang des Baches
Wandern zwischen Felsen und Kakteen
Kakteenspitzen
Über einer Klippe am Meer

Um die Ecke ist ein großer Parkplatz. An einem Kreisel endet die Hauptstraße durch Punta del Hidalgo. Der müssen wir jetzt nur noch durch den Ort zu unserem Auto folgen. Nach fünfeinhalb Stunden können wir einen Haken an die Wanderung machen. 7,5 von 10 würde ich sagen.


Lost Place in Traumlage


Damit ist unser Programm aber noch nicht beendet. Bei der Fahrt heute Morgen sind wir an der über und über mit Graffiti verzierten Ruine des Hotels Neptuno in Bajamar vorbeigekommen. Das muss sich jetzt Conny noch aus der Nähe anschauen. Das Gelände wird nur von einem Schild gesichert, das vor Absturzgefahr an der Steilküste warnt. Ein offenbar viel genutzter Trampelpfad führt zum Strand hinunter, von dem aus Wellenreiter in die Bucht paddeln. Ich schaue lieber denen zu, als durch das seit 2007 verlassene Hotel zu stolpern. 


Zu dem Komplex gehören auch einige Bungalows. Manche sind zugemauert, einige scheinen zumindest temporär als Bleibe genutzt zu werden. Der Spot wäre super für ein Surfcamp. Angesichts der fortschreitenden Erosion ist es aber unwahrscheinlich, dass das Ganze irgendwann mal wieder belebt werden wird – trotz der traumhaften Aussicht.


Graffiti "Tourists Go Home" an einer Mauer
Hotelruine Neptuno, Bajamar
Bart Simpson Graffiti, Hotel Neptuno, Bajamar
Graffiti an einer Außenwand, Hotel Neptuno, Bajamar
Blick über die Bucht nach Punta del Hidalgo
Blick auf die Bucht durch ein leeres Fenster
Graffiti an einem Bungalow
Graffiti "Perfection is so boring"

Überall auf Teneriffa finden sich solche Ruinen: Pleite gegangene Hotels oder Bauprojekte, deren Eigentümer ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Abriss nicht nachkommen, so dass die Gemeinden mit den Schandflecken zurückbleiben. Die mögen zum Fotografieren oder für Jugendliche auf der Suche nach ausgefallenen Partylocations interessant sein, zeugen aber vor allem von der kompletten Verantwortungslosigkeit der Besitzenden gegenüber der Allgemeinheit und vom Raubbau an der Schönheit der Insel.


Shrimps, Marisqueria Agua y Sal
Seafood Pasta, Marisqueria Agua y Sal
Barraquito
Marisqueria Agua y Sal

Fish for Dinner


Wir fahren zurück nach Güímar und nach kurzem Frischmachen weiter nach San Miguel de Tajao. Ich will unbedingt nochmal Fisch essen! Das Mero Pancho, in dem wir vorgestern waren, und auch der benachbarte Laden sind heute geschlossen, aber laut Google haben einige andere Restaurants geöffnet. Wir landen im Marisqueria Agua y Sal. Und auch das ist ein Volltreffer! 


Als Vorspeise snacke ich diesmal nur einen kleinen Spieß Gambas. Weil aber das Brot mit der Mojo so lecker ist und ich auch von Connys Pommes etwas abbekomme, bin ich fast schon satt, als eine große Pfanne Spaghetti mit Meeresfrüchten auf dem Tisch landet. Das soll EINE Portion sein? Um Himmels Willen! Selbst in Amerika würde man da “good to share” in die Karte schreiben. Also bekommt auch Conny einen Teller ab. Zum Abschluss noch einen Barraquito - das Abendessen war wieder mega!


Unterkunft: Hotel Rural Finca Salamanca, Güímar

Nützliche Links:

Tenerife weckt Emotionen - offizielle Tourismus-Website 

Teneriffa News - alles, was man über Teneriffa wissen muss

Kekse & Koffer - netter Blog über die Kanaren