2025 Teneriffa Tag 2
Sanatorio de Abona

Di, 18. Februar 2025

AUF ERKUNDUNGSTOUR IM SÜDEN

Wir wollen es gemächlich angehen und heute noch nicht gleich zu einer größeren Bergtour starten. Die Wettervorhersage sieht eh ziemlich unbeständig aus, tief kleben die Wolken an den Hängen oberhalb von Güímar. Da bietet es sich an, ein bisschen die Canyons auf der Südseite der Insel zu erkunden. Außerdem hat Conny eine längere Liste sehenswerter Ruinen – auf Neudeutsch “Lost Places” genannt – zusammengetragen. Mal schauen, wie viele wir davon abgeklappert bekommen.


Eigentlich habe ich es mir ja komplett abgewöhnt, vor 10 Uhr zu frühstücken. So ein spätes Abendessen wie gestern ist allerdings auch eher die absolute Ausnahme und wir haben ja Urlaub, nicht Alltag. Also sitzen wir schon um halb neun beim Frühstück im nun lichtdurchfluteten Restaurant. Das Buffet lässt kaum Wünsche offen. Dass ausgerechnet Bananen die am meisten angebaute Frucht auf Teneriffa ist, kommt mir bei der Obstauswahl allerdings überhaupt nicht gelegen. Da ist man auf Madeira mit seinen Maracujas leckerer dran.

Canyoncrawling im Barranco de la Linde


Gut gestärkt fahren wir die Autobahn ein paar Ausfahrten weiter und parken am Strand von Las Eras. Hier mündet der Barranco de la Linde, eine für den Inselsüden typische Schlucht, in die hinein wir einem sandigen Pfad folgen. Der führt  in einem Tunnel unter der Autobahn und dann zwischen immer höher aufragenden Felswänden hindurch. Man könnte sich fast in einem abgeschiedenen Canyon im Südwesten der USA wähnen, wären da nicht die Windräder, die immer wieder am Rand der Schlucht ins Sichtfeld kommen und einen an die Nähe zur Zivilisation erinnern.


Barranco de la Linde, Las Eras
Barranco de la Linde, Las Eras
Barranco de la Linde, Las Eras
Barranco de la Linde, Las Eras
Barranco de la Linde, Las Eras
Barranco de la Linde, Las Eras
Barranco de la Linde, Las Eras
Arco del Jurado
Arco del Jurado
Arco del Jurado

Nach einer halben Stunde weitet sich der Barranco. An einer Wegkreuzung weist der auf einen Felsen gepinselte Hinweis “Arco” nach rechts zum Ziel der Wanderung, dem Arco del Jurado. Wir stehen allerdings bald vor einer unpassierbar erscheinenden, glattgewaschenen Felswand. Der Blick in die Outdooractive-App verrät, dass wir vorhin aus der Schlucht hätten aussteigen müssen. Also drehen wir um und suchen den Aufstieg zum Canyonrand.


Arco del Jurado

So nähern wir uns von oben dem Arco del Jurado, einem gewaltigen Bogen aus Basaltstein mit einer Spannweite von sicher 50 und einer Höhe von 25 Metern. Beeindruckend! Wir klettern durch den Bogen in die Schlucht und dann über ihn drüber wieder aus ihr heraus. Schade nur, dass sich gerade jetzt die Wolken über uns zusammengeschoben haben.


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Barranco de la Linde
Barranco de la Linde
Sanatorio de Abona, Kirche
Sanatorio de Abona, Kirche
Sanatorio de Abona, Kirche
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona

Für den Rückweg könnten wir nun einem Fahrweg zu einer Straße folgen, die runter zur Autobahn und nach Las Eras führt. Wir entscheiden uns aber dafür, den Barranco de la Linde auch in die andere Richtung zu gehen. Nach gut zwei Stunden sind wir zurück am Auto. Das war eine schöne erste Tour.


Wie im Mittelalter


Weiter nach Abades. Neben einer für Tauch- und Schnorcheltouren gerühmten Bucht hat die Feriensiedlung eine riesige Geisterstadt als Attraktion zu bieten, eine ehemalige Leprakolonie, das “Sanatorio de Abona”. Lepra war vermutlich durch auf den Zuckerrohrplantagen schuftende Arbeiter aus Afrika auf die Kanaren eingeschleppt worden. 


Und weil Leprakranke auch in den 1940er Jahren noch ganz wie im Mittelalter als Aussätzige von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, begann man 1943 mit dem Bau eines ganzen Dorfes als Leprastation – mit zahlreichen Bungalows und einer Kirche, mit Krankenhaus, Krematorium sowie einem Verwaltungsbau mit Meerblick.


Fertiggestellt wurde das Ganze nie, denn dank neuer Behandlungsmethoden war die Krankheit bald so gut wie ausgerottet auf den Inseln.


Statt der Kranken kamen Soldaten


Aus der Leprastation wurde ein Militärgebiet, das bis zur Jahrtausendwende von einem Infanterieregiment für die Ausbildung im Häuserkampf genutzt wurde. Im Jahr 2002 verkaufte das Verteidigungsministerium das ganze Areal dann für 17 Millionen Euro an einen italienischen Investor. Sämtliche ehrgeizigen Pläne zur Entwicklung des Geländes sind seitdem gescheitert und es ranken sich unzählige Geschichten um die Gebäude, die weiter vor sich hin verfallen und vor allem von Graffitisprayern und Ruinentouris wie uns aufgesucht werden. Ich müsste da nicht unbedingt überall reinkraxeln, aber eine gewisse Faszination geht von dem Ort schon aus. Ein bisschen gruselig ist’s allemal.


Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona
Sanatorio de Abona

Schließlich hat auch Conny mehr als genug Fotos gemacht. Zeit für eine Siesta im Hotel. Leider hält sich genau über Güímar eine dunkle Wolke am Berg fest. Hinter der verschwindet die Sonne immer wieder, ansonsten hätte ich mich wohl doch mal in den Pool gewagt. 


Wie viel Fisch soll es sein? Ja!


Zum Abendessen fahren wir nach San Miguel de Tajao. Das Dörfchen ist bekannt für seine Fischrestaurants. Im Sommer muss man hier wohl sogar Schlange stehen. So krass ist es jetzt im Februar nicht, aber als ich im Delicias del Mar nach einem Tisch frage, kriege ich nur ein barsches “No señor!” als Antwort. Gut, dann probieren wir es halt nebenan im Mero Pancho. Hier haben wir mehr Glück und bekommen erstmal erklärt, wie das Bestellprozedere abläuft: Man sucht sich an der mit allem nur erdenklichen Meeresgetier gefüllten Theke etwas aus (eine Tafel in Spanisch und Englisch hilft dabei), das wird dann frisch zubereitet und an den Tisch gebracht. Bei Kellnerin oder Kellner gibt man erstmal nur Getränke in Auftrag.


Restaurante Mero Pancho Tajao
Einheimisches Bier: Dorada Especial
Einheimische Fische: gegrillte Sardinen
Paella ist nicht typisch kanarisch - aber lecker
Barraquito

Ich komme mir vor wie ein Kind im Süßigkeitenladen – wobei ich immer wieder gerne eine Geschichte hervorhole, die meine Mutter früher über mich erzählte, dass ich nämlich als kleiner Bub meine Nase bei Nordsee an der Scheibe plattdrückte wie andere Kinder am Schaufenster vom Spielzeuggeschäft. Jedenfalls ist das hier für mich das Paradies. Conny ist dagegen völlig überfordert. Wir einigen uns auf Paella als Hauptspeise. Ich will aber unbedingt auch noch Tintenfisch. Und gegrillte Sardinen. “I think that’s enough”, meint der Mitarbeiter hinter der Theke schließlich. Was weiß der denn?!


Mojo ist immer dabei


Auf den Balearen bekommt man als Gedeck ja meistens Aioli und Oliven hingestellt, auf den Kanaren gibt es Mojo Rojo und Mojo Verde, rote und grüne Soße, zum Dippen. Mit der Frankfurter Grie Soß’ hat die (fast) nichts zu tun, erinnert eher an Pesto. Die Farbe kommt hier von Koriander und Petersilie, die einzige Zutat, die sie mit der Frankfurter Soße gemein hat. In der roten Variante stecken unter anderem Chili und Paprika. Ich finde beide gut. Sie passen auch zu allen möglichen Gerichten: Fisch, Fleisch, Kartoffeln, Käse – Mojo gibt es hier zu allem dazu.


Überflüssig zu erwähnen, dass ich nach den Brötchen mit Mojo und den Vorspeisen eigentlich schon satt bin. Aber wir bekommen dann doch auch den Großteil der Paella noch verdrückt. Ist auch einfach zu köstlich.

Apropos köstlich: Als Nachtisch genehmigen wir uns Barraquitos (“kleine Hütten”). Das inseltypische Kaffeegetränk besteht aus süßer Kondensmilch, Likör, Espresso und aufgeschäumter Milch. Könnte glatt unser neues Lieblingsgetränk werden … Von mir aus können wir jetzt auch einfach jeden Abend nach Tajao fahren.


Unterkunft: Hotel Rural Finca Salamanca, Güímar

Nützliche Links:

Tenerife weckt Emotionen - offizielle Tourismus-Website 

Teneriffa News - alles, was man über Teneriffa wissen muss

Kekse & Koffer - netter Blog über die Kanaren