Do, 10. Oktober 2024
Happy Birthday to me! Conny hat gestern Abend das Hotelzimmer mit Luftballons und einer Partykette dekoriert. Sie hat sich auch um die heutige Tagesplanung gekümmert, Freunde einen Gutschein für eines der angesagtesten Frühstückscafés der Stadt besorgen lassen, eine Walking Tour zum Thema Mafia gebucht und einen Tisch in unserem Lieblings-Steakhaus reserviert. Den Abend beenden werden wir in einem Comedy Club. Das wiederum war mein Plan.
Bei Flipper’s in Soho gibt es japanische Soufflé-Pancakes. Wenn man viel in Social Media unterwegs ist, bekommt man die garantiert früher oder später von irgendeiner Food-Influencerin empfohlen. Und das völlig zurecht. Die fluffigen Pfannkuchen schmelzen praktisch im Mund. Sensationell. Dafür, dass der Hype um die Dinger gerade so groß ist, geht es in dem Café heute Morgen ziemlich entspannt zu. Wir stehen aber auch schon um kurz nach neun in der Tür.
Als wir später ein paar Straßen weiter an einem winzigen Bagel-Shop vorbeikommen, bei dem um die 50 Leute anstehen, sind wir uns sicher, dass auch da Social Media im Spiel war.
Nach dem Frühstück erstmal Street Art
Unsere Gangs and Mafia Walking Tour startet um 11 Uhr im East Village. Wir haben genug Zeit, dahin zu laufen und sogar noch für ein paar Umwege, um nach weiteren Wandgemälden von Eduardo Kobra zu schauen. Im East Village finden sich zum Beispiel ein Werk mit Michael Jackson und eines mit Run DMC von ihm.
Vor dem italienischen Restaurant John’s of 12th Street treffen wir dann unseren Guide, einen ehemaligen Polizeibeamten, der in Little Italy in direkter Nachbarschaft zu allerlei Mafia-Größen aufgewachsen ist. Sein Revier war allerdings in der Bronx, so dass es da nie Interessenskonflikte gab. Er scheint bestens vernetzt zu sein, bietet auch gleich an, seine Handynummer zu speichern für den Fall, dass man mal einen Tisch in einem Restaurant bräuchte.
Auf den Spuren der Mafia
John’s Restaurant gibt es schon seit 1908. So einige Menschen hatten hier wohl ihr letztes Abendessen. Natürlich gab es in der Zeit der Prohibition im Keller unter dem Restaurant eine geheime Bar, ein Speakeasy. Szenen für "Die Sopranos” und “Boardwalk Empire” wurden im John’s gedreht, außerdem kommt es in der Netflix-Doku “Get Gotti” vor. Ein ziemlich geschichtsträchtiger Ort also.
Zwei Ecken weiter auf der 1st Avenue gibt es einen Bagel-Shop anstelle der 2014 nach 110 Jahren geschlossenen italienischen Bäckerei De Robertis. In der hingen einst legendäre Mafiosi wie Carmine Galante, Meyer Lansky oder Lucky Luciano ab.
Auch Lanza’s gleich nebenan zählte zu den bevorzugten Restaurants der Gangster. In einer bekannten Szene in Woody Allens Film “Manhattan Murder Mystery” sitzt er unter anderem mit Dianne Keaton an einem Tisch in einem angeblichen Mafia Joint in New Jersey. Tatsächlich spielte die Szene im Lanza’s. Das Restaurant hat allerdings mittlerweile die Besitzer gewechselt, über dem alten Namen hängt seit 2018 ein Schild von Joe & Pat, Ableger einer Pizzeria auf Long Island. Ein Zweig der Familie Lanza ist
heute noch im Bestattungswesen tätig. Wir kommen am Funeral Home vorbei, das so manche Mafiosi-Beerdigung erlebt hat. Unser Guide bittet uns, zügig vorbeizugehen. Nicht alle Geschäftsinhaber der Gegend mögen die Publicity durch die Touristenführungen.
In der Nachbarschaft von Scorsese und De Niro
Auf der anderen Seite der Houston Street beginnt dann Little Italy – oder besser: begann früher Little Italy. Das italienische Viertel umfasst heute nur noch eine Handvoll Häuserblocks nördlich der Canal Street. Mit dem sozialen Aufstieg verließen viele italienischstämmige Menschen spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg das Armenhaus an der Lower East Side und verteilten sich über New York. Heute ist die Gegend multikulturell und in der mittlerweile als Nolita ("North of Little Italy”) bezeichneten Nachbarschaft haben sich Luxusboutiqen und teure Restaurants ausgebreitet.
In der Elizabeth Street gibt es mit Albanese Meats and Poultry einen letzten alteingesessenen Butcher Shop. Schräg gegenüber ist unser Guide aufgewachsen, nur ein paar Häuser entfernt von der Wohnung der Familie von Martin Scorsese, dem berühmten Regisseur von Filmen wie “Taxi Driver”, "Goodfellas" oder “Gangs of New York” – Meilensteine der Filmgeschichte, die das Bild New Yorks in der Welt mit geprägt haben. In derselben Straße wohnte auch Robert De Niro mit seiner Mutter. Er war sieben, als die Scorseses in die Elizabeth Street zogen. Man kann sich also durchaus vorstellen, dass die beiden, die in so vielen großen Filmen miteinander gearbeitet haben, schon als kleine Jungs zusammen spielten.
Sind das die besten Cannoli New Yorks?
Schließlich erreichen wir die Mulberry Street, in der sich ein italienisches Restaurant an das andere reiht. Unser Tourguide kennt sie alle. Er weiß, welche seit Jahrzehnten von derselben Familie geführt werden, wo es die beste hausgemachte Pasta gibt, welche eher Touristenfallen sind. Überall wird er angesprochen. Er nimmt seine Gäste aber immer mit in eine ganz bestimmte Pasticceria: La Bella Ferrara. Schon die ganze Zeit wurde uns von den Cannoli dort vorgeschwärmt – und was soll ich sagen? Sie sind köstlich! So endet die Tour also mit einem Nachtisch. Sehr zu empfehlen!
Conny will dann unbedingt im Klamottenladen New York or Nowhere reinschauen. Der ist so angesagt, dass ein Türsteher den Einlass regelt. Wir erwischen einen Moment, in dem nicht viel los ist, aber als wir, ohne etwas gekauft zu haben, den Laden wieder verlassen, hat sich eine Warteschlange aufgeregter junger Frauen davor gebildet.
Peak Guilded Age: die Morgan Library
Die nächste Sehenswürdigkeit stammt von meiner Liste – The Morgan Library and Museum. Wie alle erfolgreichen New Yorker Geschäftsleute hatte sich der Bankier John Pierpont Morgan um die Wende zum 20. Jahrhundert eine repräsentative Villa in Midtown Manhattan errichten lassen. Mit 12 Bädern und insgesamt 45 Zimmern war Morgan House eine der imposantesten Residenzen der Stadt. Die Familie wohnte hier bis 1943. Schon 1924 kam John Morgan Jr. der Gedanke, dass die von seinem Vater gegründete Bibliothek viel zu wertvoll ist, um sie in Privatbesitz zu lassen. Aus der Morgan Library wurde eine öffentliche Institution, der Stammsitz über die Jahrzehnte zu einem Campus erweitert.
Am eindrucksvollsten ist natürlich die historische Bibliothek und hier vor allem der Hauptraum. Drei Stockwerke hoch, die Regale aus Walnussholz, Wandteppiche aus dem 16. Jahrhundert und Deckengemälde, die jedes europäische Königsschloss schmücken würden. Ziel von JP Morgan, der die Sammelleidenschaft von seinem Vater Junius Spencer geerbt hatte, war es, so viele Schätze der europäischen Zivilisation wie möglich nach Amerika zu bringen. Allein die Sammlung alter Bibeln sucht ihresgleichen. Gleich drei Gutenberg-Bibeln sind im Besitz der Morgans und ich muss zugeben, dass es mich berührt, eines der in meiner Heimatstadt gedruckten Bücher hier in einer Vitrine ausgestellt zu sehen. Insgesamt nennt die Morgan Library etwa 350.000 Objekte ihr Eigentum.
Wir spazieren dann von der Morgan Library an der Grand Central Station und dem Rockefeller Center vorbei zum Hotel und legen ein bisschen die Füße hoch. Pünktlich um 18 Uhr stehen wir aber im Keens Steakhouse auf der Matte. Seitdem wir vor Jahren hier mal anlässlich unseres Hochzeitstags essen waren, steht Keens ganz oben auf der Liste unserer Lieblingsrestaurants. Völlig zurecht, wie sich auch bei diesem Dinner herausstellt. Und weil ich Geburtstag habe, geht ein Schokoküchlein als Nachtisch aufs Haus. Sehr aufmerksam.
Eat, Drink, Laugh
Nach dem Essen fahren wir ins Village, genau in die Ecke südlich des Washington Square Parks, wo wir vorgestern schon auf der Walking Tour waren. In der MacDougal Street gibt es mit dem Comedy Cellar eine absolute Institution in Sachen Stand-Up Comedy, die zwei weitere Dependancen um die Ecke in der West 3rd Street hat, die Fat Black Pussycat und das Village Underground. Für das habe ich zwei Tickets für die Vorstellung um 21:30 Uhr. Die Wartezeit überbrücken wir nebenan in der Bar 3 Sheets. Gegenüber befindet sich der legendäre Jazzclub Blue Note. Wie gesagt: Die Ecke ist ein Epizentrum des Nachtlebens.
Im Comedy Club sind Aufnahmen streng verboten. Am Einlass müssen wir daher unsere Handys in einen Beutel tun. Der wird zugeklebt und uns wieder ausgehändigt. Wir bekommen einen Tisch zugewiesen, den wir uns mit einem Mutter-Tochter-Duo aus Texas teilen. Hi! Zusätzlich zum Eintritt (17 Dollar) sind zwei Getränke obligatorischer Mindestverzehr. Die Kellnerinnen und Kellner sind total auf Zack, das Ganze läuft wie eine gut geschmierte Maschine. Muss es aber auch bei drei bis vier Veranstaltungen pro Abend.
Unfassbar komisch
Das Line-Up der auftretenden Comedians wird immer erst kurzfristig bekannt gegeben. Mir hatte da kein Name etwas gesagt, aber den stoischen Norweger Daniel Simonsen erkenne ich dann doch wieder. Sehr witzig ist Tina Friml, die mit einer Zerebralparese lebt, also spastischen Bewegungsstörungen. Wie sie sich darüber lustig macht und von ihren Dating-Erfahrungen erzählt, ist unfassbar komisch.
Das komischste am ganzen Abend ist aber, dass die jüngere unserer Tischnachbarinnen einen Shirley Temple bestellt, kurz daran nippt und das Getränk dann stehen lässt, nur um bei der nächsten Runde dasselbe nochmal zu bestellen – und davon auch nichts zu trinken. Die Bedienung fragt vergeblich nach, ob sie etwas anderes haben möchte. Nö, alles gut. Am Ende drückt sie der jungen Frau zwei Flaschen Wasser in die Hand. Cheers!
Unterkunft: Hilton Garden Inn New York Central Park South/Midtown West - 305,50 EUR via booking.com
Nützliche Links:
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