Do, 3. Oktober 2024
Heute begeben wir uns auf die Spuren zweier berühmter Chicagoer Persönlichkeiten. Wir besuchen das ehemalige Zuhause von Frank Lloyd Wright und das nur ein paar Straßen weiter stehende Haus, in dem Ernest Hemingway das Licht der Welt erblickte. Außerdem: Ein Konzert in einer der schönsten Locations ever!
Eine gute halbe Stunde Fahrt mit der L ist es von der Innenstadt Chicagos bis nach Oak Park, einem recht wohlhabenden Vorort, der schon in den 1870er Jahren entstand. Ruhige Straßen, riesige alte Bäume, gepflegte Häuser – Vorstadt-Amerika wie aus dem Bilderbuch.
FLW prägte einen neuen amerikanischen Wohnstil
Hier baute der junge Architekt Frank Lloyd Wright 1889 seiner Familie ein spitzgiebeliges Haus mit Schindelfassade, das er ein paar Jahre später um einen Anbau für Ateliers und Büros erweiterte. Da hatte Wright seine Anstellung im angesehenen Architekturbüro Adler & Sullivan zugunsten einer freien Tätigkeit an den Nagel gehängt.
In direkter Nachbarschaft fand FLW eine zahlungskräftige Klientel für seine visionären Wohnhäuser, mit denen er die Weite der amerikanischen Landschaft in einen ganz eigenen Stil mit langen horizontalen Linien, breiten Dächern und schnörkellosen Fassaden mit großen Fensterfronten übersetzte – den Prairie Style. Sein Ziel: die Gebäude sollten sich organisch in ihre Umgebung integrieren, die Menschen in Harmonie mit der Natur wohnen. Dazu gehörte auch die passende Innenausstattung: vom Buntglasfenster über Stühle und Sessel bis zum Geschirr prägten Wright und sein Büro einen komplett neuen amerikanischen Wohnstil.
Das alles bringt uns ein Besuch in Frank Lloyd Wright’s Home and Studio näher, wo wir uns um 10:30 Uhr einer Führung anschließen. Danach erkunden wir noch die Nachbarschaft, in der fast ein Dutzend von Wright entworfene Häuser stehen. Toll! Wobei wir sein bekanntestes Wohnhaus schon vor ein paar Jahren auf dem Weg nach Pittsburgh besucht haben: Fallingwater.
Einen Wasserfall, über den man ein Haus bauen könnte, hat Oak Park nicht zu bieten, trotzdem lohnt sich der Besuch unbedingt. Und dann gibt es ja noch einen zweiten weltberühmten ehemaligen Einwohner…
Einfach eine nette Nachbarschaft
Bevor wir Hemingways Hallo sagen, stärken wir uns in der netten kleinen Bäckerei Broken Tart mit Kaffee und Kuchen.
Wir setzen uns neben einem jungen Paar in die Sonne, das uns sofort fragt, ob wir einen guten Burgerladen in der Nähe kennen. Sie wären gerade hergezogen und auf der Suche nach neuen Lieblingsrestaurants. Da müssen wir passen, gratulieren den beiden aber zur Wahl des Wohnorts. Ein Leben in Oak Park könnte ich mir auch gut vorstellen.
Familie Hemingway gehörte hier zu den Pionieren. Papa Clarence wurde 1871 als Sohn eines Immobilienmaklers in Oak Park geboren und lernte an der High School seine spätere Ehefrau Grace Hall kennen. Deren Eltern bauten 1890 zufällig genau gegenüber von den Hemingways das dreistöckige Haus, in das das frisch vermählte Paar einige Jahre später einziehen und in dem drei ihrer sechs Kinder zur Welt kommen sollten – darunter am 21. Juli 1899 Ernest Miller Hemingway.
Full Circle Hemingway
Nach dem Tod des von Ernest besonders geliebten Großvaters verkauften die Hemingways 1905 das Haus und zogen ein paar Straßen weiter. Dort erinnert nur ein Gedenkstein an die ehemaligen Bewohner. Das Geburtshaus aber wurde 1992 von einer Stiftung gekauft, in den viktorianischen Originalzustand zurückversetzt und 2001 als Ernest Hemingway Birthplace Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Führung durch das Haus dauert eine Stunde und ist eine echte Druckbetankung mit Lehrstoff über den berühmten Schriftsteller und die Familie Hemingway. Wo wir schon zwei Mal im Hemingway Home auf Key West waren, schließt sich mit dieser Tour schön der Kreis für uns. Zu Connys Bedauern gibt es in dem Haus in Oak Park allerdings keine Katzen. Bummer!
Street Art Safari in Downtown
Gegen 16 Uhr sind wir zurück in Downtown Chicago und fahren direkt durch bis zum südlichen Ende der Loop. Mit dem Wabash Arts Corridor gibt es hier ein Viertel mit zahlreichen beeindruckenden Werken bekannter Graffiti Artists an den Wänden. Wir gehen also mal wieder auf Street Art Safari.
Den Zug um die Häuser unterbrechen wir, als uns beide ein Heißhunger auf Fast Food befällt. Ein Wingstop sollte den stillen. Hier gibt es frittiertes Hähnchen in allen möglichen Schärfegraden. Der Imbiss im University Center macht hygienisch nicht den allerbesten Eindruck (der Boden klebt förmlich), aber das Essen ist frisch, heiß und übertrifft geschmacklich unsere Erwartungen.
Schließlich fahren wir mit der U-Bahn zurück zum Hotel. Conny macht Feierabend, ich mache mich frisch, um noch zu einem Konzert zu gehen. Rex Orange County tritt im Auditorium Theatre auf und ich gebe zu, dass ich das Konzert vor allem wegen der altehrwürdigen Spielstätte gewählt habe.
Eine der schönsten Konzerthallen Amerikas
Das Auditorium eröffnete 1889 als erstes multifunktionales Veranstaltungshaus überhaupt. Im Stil der Neoromanik von Adler & Sullivan entworfen, war es seinerzeit das höchste Gebäude Chicagos und mit seinem Konzertsaal mit 4.200 Plätzen, einem Hotel mit 400 Zimmern, mit Bars und Restaurants, der größte Bau der Vereinigten Staaten überhaupt. Frank Lloyd Wright nannte das Auditorium “the greatest room for music and opera in the world–bar none.” Klar, dass ich mir das anschauen muss. Und allein die goldverzierten Deckenbögen, die Mosaike und Buntglaseinsätze überall sind schon umwerfend.
Was kann nun aber Rex Orange County? Von dem hatte ich ehrlich gesagt noch nie gehört, sein folkiger Indiepop-Sound gefiel mir beim Querhören auf Spotify aber ganz gut. Live ist das Ganze mir dann ein bisschen zu wenig variantenreich, auch wenn der Sänger mal solo nur mit Gitarre oder Keyboard, mal mit ganzer Band auf der Bühne steht. Irgendwie sind die Songs sich alle ziemlich ähnlich. Egal. Den Fans gefällt’s (Rex Orange County spielt drei Abende hintereinander in Chicago!) und ich habe jetzt ein Konzert in diesem legendären Venue erlebt. Win win.
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Nützliche Links:
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