2024 USA Day 02
Welcome to Chicago Mural

Mo, 30. September 2024

SKYSCRAPERS AND STREET ART

Chicago gilt als Geburtsort des Wolkenkratzers. Hier wurde das erste moderne Hochhaus gebaut, hier wirkten berühmte Architekten wie Frank Lloyd Wright, Ludwig Mies van der Rohe oder Frank Gehry. Das Chicago Architecture Center (CAC), eine Non-Profit-Organisation, bietet zahlreiche geführte Touren an. Damit steigen wir ein ins Besichtigungsprogramm.


Sehr populär sind die Bootsfahrten des CAC auf dem Chicago River. Kein Wunder, reiht sich entlang des Flusses doch ein beeindruckendes Hochhaus ans andere. Wir erkunden eine Stadt aber immer ganz gerne zu Fuß, also habe ich uns für die Walking Tour “Must-See Chicago” angemeldet, die einen Überblick über einige der sehenswertesten Gebäude der Innenstadt geben sollte. 


Spartipp: Wenn man zu zweit an zwei Touren des CAC teilnimmt, lohnt sich schon die Jahresmitgliedschaft. Die kostet 110 Dollar und damit weniger als vier Standard-Touren à 30 Dollar. Außerdem erhält man freien Eintritt ins Museum der Organisation und Rabatt auf die Bootstour sowie auf spezielle Themenführungen und Ausflüge.


Um 10:30 Uhr beginnt die Walking Tour, wir sind aber schon um 8 Uhr bereit zur Erkundung der Stadt. Als erstes steuern wir das Ufer des Michigansees an. Den können wir am Ende der Straße sehen, in der unser Hotel liegt. Aber dazwischen verläuft noch ein achtspuriger Highway, der diesen Teil der Stadt vom See abschneidet. An die fast ebenso breite Uferpromenade kommt man durch eine Unterführung im Lakefront Park, einen Block vom Hotel entfernt. Hier ist man dann auch gleich am Strand: Der Oak Street Beach ist einer von mehreren Stränden im Stadtgebiet.


John Hancock Center und The Drake vom Lakefront Park
John Hancock Center vom Lake Shore Park
Chicago Water Tower
John Hancock Center
Starbucks Reserve Roastery, North Michigan Avenue
Frühstück in der Starbucks Reserve Roastery

Frühstück im Luxus-Starbucks


Es gibt Pläne, den See generell als Naherholungsgebiet wieder zugänglicher zu machen. Eine Schnellstraße würde man heutzutage wohl eher nicht mehr zwischen Stadt und Wasser platzieren. Und nur aus Beton würde man sicher auch keine Promenade mehr anlegen. Für Radelnde und Jogger ist das ganz praktisch, zum Spazierengehen nicht sehr einladend. Am Lake Shore Park wechseln wir wieder die Straßenseite und steuern die Starbucks Reserve Roastery an der Michigan Avenue an. 


Starbucks-Läden gibt es in Amerika ja an jeder Ecke, aber die Edelmarke “Reserve Roastery” nur in einigen ausgewählten Metropolen. Die Filiale in Chicago ist die größte der Welt und erstreckt sich über fünf Etagen samt Dachterrasse. Es gibt hier Kaffeesorten, von denen man noch nie gehört hat, dazu Patisserie vom Allerfeinsten. Das Ganze ist natürlich sündhaft teuer und so bringt es unser erstes Frühstück in diesem Urlaub auf den stolzen Rechnungsbetrag von 44 Dollar.


Gegen 10 Uhr melden wir uns im Chicago Architecture Center zur Stelle und schauen uns noch ein bisschen in der Ausstellung um.


Windy City im Sonnenschein


Eine sehr nette Stadtführerin nimmt sich dann unserer kleinen Gruppe an – nur sechs Personen haben sich angemeldet. Pünktlich mit Beginn der Tour reißt auch die zwischenzeitlich aufgezogene Bewölkung wieder auf. Das geht in Chicago ganz schnell. “Windy City” eben. Wobei die Stadt diesen Spitznamen den New Yorkern verdankt, die die Geschäftsleute aus Chicago wohl immer etwas windig fanden. Er passt aber auch zur Lage am See, von dem eben oft eine Brise weht.


Chicagos Erfolgsgeschichte


Seiner Lage verdankt Chicago auch den Aufstieg zur Metropole. Die Stadt war noch keine 15 Jahre alt, da wurde 1848 der Illinois & Michigan Canal eröffnet, die erste Verbindung zwischen den Großen Seen und dem Mississippi. Der wurde in seiner Bedeutung freilich bald von der Eisenbahn überholt, mit der der amerikanische Westen erobert werden sollte. Chicago ist bis heute DER Knotenpunkt für den Schienenverkehr, mit dem allerdings fast nur noch Fracht transportiert wird. Die Hälfte dessen, was über Amerikas Schienen rollt, wird über Chicago abgewickelt. 


“Es ist hoffnungslos, als gelegentlicher Besucher mit Chicago mithalten zu wollen,” sagte Mark Twain 1883 über die Stadt. Sie wachse schneller, als sich Vorhersagen über ihre Entwicklung auch nur aufstellen ließen.


Am Chicago River
Blick über die DuSable Bridge Richtung Michigan Avenue
Mies van der Rohe at Work

Damals war der Wiederaufbau nach dem verheerenden Feuer von 1871, das mehr als 17.000 Gebäude und damit praktisch die gesamte Innenstadt zerstört hatte, in vollem Gange. Die Bevölkerung wuchs bis zur Jahrhundertwende von knapp 300.000 auf 1,7 Millionen. Weitere 30 Jahre später sollte mit 3,3 Millionen Menschen fast schon der Höchststand erreicht sein – klar, dass in Chicago immer viel gebaut wurde. Entsprechend lohnend ist die Stadt für an Architektur Interessierte.


Unsere Walking Tour beginnt neben dem Museum, das in einem von Mies van der Rohe konzipierten Gebäudekomplex untergebracht ist. Von dem lassen sich auch gut einige prominente Nachbarhäuser bewundern: das 1929 erbaute Carbide & Carbon Building mit seiner grünen Art-Déco-Fassade aus Terrakotta oder das 346 Meter hohe Aon Center, das 1973 als Standard Oil Building fertiggestellt wurde und dessen einst aus Carrara-Marmor bestehende Hülle in den Neunzigern aus Sicherheitsgründen komplett gegen Granit ausgetauscht werden musste, oder das 2009 errichtete Aqua mit den auffälligen wellenförmigen Balkonen. Beeindruckend an diesen Gebäuden auch immer wieder, die Fensterputzer in absurden Höhen bei der Arbeit zu beobachten…


Aon Center
Jay Pritzker Pavilion, Millenium Park
Cloud Gate, The Bean, Millennium Park
Cloud Gate, The Bean, Millennium Park
Cloud Gate, The Bean, Millennium Park
Cloud Gate, The Bean, Millennium Park
Crown Fountain, Millennium Park
Crown Fountain, Millennium Park
Millennium Park
Art Institute, Route 66
South. Michigan Avenue
South. Michigan Avenue
The Berghoff Restaurant
Willis Tower
Kobras Muddy Waters Mural
Chicago Theater
L Train in Downtown Chicago
Unter der L
Skyscraper Puzzle
The Picasso, Richard J. Daley Center
The Picasso, Richard J. Daley Center

Im Millennium Park interessiert vor allem die Bohne

Weiter geht die Tour durch den Millennium Park, den die Stadt etwas verspätet 2004 der Öffentlichkeit übergab. Von Frank Gehry stammt das Design einer Bühne für Open-Air-Konzerte, der Jay Pritzker Pavilion. Die größte Attraktion im Park ist aber ohne Zweifel “The Bean”. Die Skulptur aus blank geschliffenem Edelstahl heißt eigentlich “Cloud Gate” und soll einem Tropfen Quecksilber nachempfunden sein. Weil die aber eben die Form einer Bohne hat, nennen sie alle nur so. Und weil sich darin nicht nur die Skyline der Stadt so schön spiegelt, sondern auch jede Person, die sich ihr nähert, kam das Teil gerade recht für das aufkommende Selfie-Zeitalter.


Am im Beaux-Art-Stil erbauten Art Institute of Chicago vorbei geht es dann wieder in die Hochhausschluchten der Innenstadt. Neo-Klassik, Art Déco, Mid-Century Modern, Brutalismus, Postmoderne – einfach jeder Baustil der letzten 100 Jahre ist hier vertreten.


Nach eineinhalb interessanten Stunden endet die Tour vor dem Richard J. Daley Center, einem weiteren Hochhaus im schnörkellosen Internationalen Stil der 60er Jahre.


Die Stadt ist voller Kunst


Auf dem Platz davor steht eine 15 Meter hohe Skulptur von Pablo Picasso, die entfernt an einen Pferdekopf erinnert, zu der aber angeblich ein Afghanischer Windhund die Inspiration geliefert haben soll. 1967 wurde “The Picasso” enthüllt. Ihm folgten bald weitere Werke berühmter Künstler der Moderne im öffentlichen Raum, etwa Chagalls Mosaik “Four Seasons” oder Alexander Calders “Flamingo”. Es gibt wirklich viel zu entdecken in dieser Stadt. Wir haben jetzt auf jeden Fall schonmal einen besseren Überblick.


Wir verabschieden uns von der Führerin und kehren noch einmal in den Millennium Park zurück. Vorhin hatten wir an der Bohne definitiv zu wenig Zeit zum Fotografieren. Auch die Crown Fountain mit ihren 15 Meter hohen LED-Türmen, die ständig andere Gesichter zeigen, lohnt einen zweiten Blick.


Cloud Gate, The Bean, Millennium Park

Weiter geht's mit Street Art


Um 14 Uhr haben wir die nächste Führung im Stundenplan stehen. Bei der ist nicht Architektur das Thema, sondern Street Art, und es geht auch nicht durch die Innenstadt, sondern durch die Viertel Wicker Park, Bucktown und Logan Square. Mit der Bahn fahren wir raus nach Wicker Park zum Café The Goddess and Grocer, das mir von Offbeat Street Art Tour als Treffpunkt genannt worden war. Wir haben noch Zeit für eine kleine Stärkung.


Als ich dann auf mein Handy schaue, entdecke ich zwei neue Mails: Unser Guide hat mir mitgeteilt, dass er sich verspätet und gefragt, ob wir warten wollten. Da ich auf diese erste Nachricht nicht reagiert habe, hat er mir nun eine zweite geschickt und die Tour storniert. Das ist ärgerlich. Hätte ich die erste Mail gleich gesehen, hätten wir uns die Fahrt hier raus sparen können.


Wo wir nun schonmal da sind, beschließen wir, auf eigene Faust auf Graffiti-Jagd zu gehen. Bei Google Maps findet sich eine Route zu praktisch allen Werken der Nachbarschaft und ich wusste vorher schon, dass ich unbedingt das Mural “Greetings from Chicago” sehen wollte, das ebenfalls in Maps markiert ist.


Wir stoßen auf einen Lost Place


Es ist dann zwar ganz nett, durch das Viertel zu spazieren, aber weil es mittlerweile ziemlich warm geworden ist, nicht unanstrengend. Und die Kunstwerke hauen uns nicht gerade aus den Socken vor Begeisterung. Das Chicago-Mural ist aber tatsächlich ziemlich cool. Interessant ist auch die heruntergekommene Ruine des Congress Theatre in der Nähe. Einst Kino, dann Konzerthalle wartet das riesige Gebäude darauf, aus seinem Dornröschenschlaf erweckt zu werden. Diverse Investoren sowie die Stadtverwaltung haben bereits mehrere Millionen in das Projekt versenkt. In ihrer Begeisterung für Lost Places würde Conny am liebsten in das Theater einsteigen. Zum Glück ist es gut gesichert.


Die Brauerei Pilot Project gegenüber kommt mit ihrem schattigen Biergarten gerade recht für eine Pause. Dann steigen wir bei der nächsten Station in die Bahn und fahren zurück zum Ausgang unserer Tour, um auch in der Ecke ein paar Graffiti mitzunehmen. Schließlich laufen wir noch zu einem Haus, das ein Werk des brasilianischen Künstlers Eduardo Kobra ziert, ein Portrait der Fotografin Vivian Maier. Mit dem Bus geht es dann wieder in die Innenstadt. Alles ganz easy dank Google Maps und unserem gestern gekauften Wochenticket.


Muss probiert werden: die Chicago Pizza


Zum Abendessen gibt es Pizza. Die ist in Chicago ein bisschen anders als man sie sonst kennt, nämlich mit hohem Rand. Die Deep Dish erinnert an eine Mischung aus Auflauf und Kuchen. Zwei Pizzabäcker-Dynastien streiten sich darum, wer die Spezialität am besten zubereitet: Giordano’s und Malnati’s. Opa Malnati soll die Pizza 1943 mit erfunden haben, Familie Giordano beruft sich auf ein Teigrezept, das Mama Giordano für ihren “Italian Easter Pie” einst aus Turin mit in die Neue Welt mitgebracht haben soll. Da die unserem Hotel am nächsten gelegene Pizzeria den Malnatis gehört, landen wir dort. Geschmacklich finde ich das Ganze top, würde aber doch die dünne, mit Käse überbackene Version vorziehen.


Damit ist der Tag aber noch nicht zu Ende. Ein Kunstprojekt gönnen wir uns noch: Art on the Mart. The Mart ist ein Klotz von einem Gebäude, das sich 25 Stockwerke hoch über zwei Häuserblocks mitten in der Stadtmitte erstreckt. Seine dem Chicago River zugewandte Breitseite wird jeden Abend mittels Video Mapping zur Leinwand. Vom Riverwalk aus, der Promenade, die unterhalb des Straßenniveaus am Fluss entlanggeht, kann man die großflächigen Projektionen bewundern. Anscheinend aber nicht an diesem Abend. Außer einem rot angestrahlten Dachgeschoss gibt es an der Mart nichts zu sehen. Schade. Aber immerhin hatten wir so noch einen netten Abendspaziergang. Mit der U-Bahn fahren wir zurück zum Hotel. Für heute haben wir wirklich genug gesehen.


Chicago Deep Dish Pizza, Malnati's
Malnati's Pizzeria
Chicago River at Night
Chicago River at Night

Unterkunft: Millennium Hotel Knickerbocker Chicago - 152 EUR via Airbnb


Nützliche Links:

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