2022 New England Day 6
Boothbay Harbor

Sa, 8. Oktober 2022

ZU LANDE UND ZU WASSER

Boothbay ist Maine im Bilderbuch-Format. Und was für ein Glück wir mit dem Wetter haben: Nichts als blauer Himmel in der Vorhersage für heute. Perfekt für einen Outdoor Day.


Ganz schön frisch ist es nach einer Nacht mit Außentemperaturen Nahe des Gefrierpunkts in unserem Motelzimmer. Die Heizung funzt nicht. Als Ersatz steht ein Elektro-Ofen im Zimmer, den man aber schlecht stundenlang laufen lassen kann. Vor allem hilft er nicht dabei, das Bad zu wärmen. Sollte man für 200 Dollar die Nacht eine funktionierende Heizung erwarten? Eigentlich schon.


Augen auf bei der Sirup-Wahl!


Aber kommen wir zu erfreulicheren Dingen: Blaubeerpfannkuchen. Die stehen im Blue Moon Café, in dem wir uns den letzten freien Tisch schnappen, auf der Karte und für etwas Aufpreis gibt es sogar "real" Maine maple syrup dazu. Ich frage an der Kasse, woraus denn der unechte Ahornsirup wäre. Tatsächlich gibt es wohl eine Zuckerpampe mit Ahorngeschmack, die als "Pancake syrup" vermarktet wird. Dachte ja, wir wären hier oben im Land des Ahornsirups oder zumindest in der Nähe davon. Warum der da als Luxusartikel verkauft wird, erschließt sich mir nicht, aber am Ende macht dieser Posten allein die Rechnung nicht fett. 40 Dollar werden wir schon mit dem Frühstück los. Den herrlichen Blick über den Hafen gibt es in dem kleinen Café umsonst dazu.

 

Auf der Boothbay-Halbinsel gibt es eine Reihe kleiner Naturschutzgebiete, die sich in Obhut einer in den 80er Jahren gegründeten Initiative, dem Boothbay Region Land Trust (BRLT), befinden. 30 Meilen Wanderwege gehören dazu und weil die alle recht kurz sind, habe ich eine gar nicht so kleine Liste möglicher Ausflugsziele für die Region zusammengestellt.


Menschgemachtes Naturparadies


Los geht es mit der Lobster Cove Meadow, einem Feuchtgebiet nur ein paar Minuten vom Hafen entfernt. Das verdankt seine Existenz dem Bau eines Damms im Jahre 1880, der das Wasser eines kleinen Bachs staute, um mit dem im Winter gefrierenden See Eis zu produzieren. Weil man das damals in der Gegend nicht nur mit einem Gewässer machte, war das Ganze ein lohnendes Geschäft. In großen Blöcken wurde das Eis von Boothbay Harbor aus die ganze Ostküste hinunter und sogar bis in die Karibik verschifft. 1907 war Schluss damit, aber den Damm behielt man zur Regulierung des Wasserlaufs. Flora und Fauna eroberten den neuen Lebensraum, allein über 140 Vogelarten hat man hier schon gezählt. Wir sehen nur einen Reiher und ein paar Enten, aber die Runde um den See ist trotzdem sehr schön. 


Gleich nebenan und über einen kurzen Querweg mit der Lobster Cove Meadow verbunden befindet sich das Appalachee Preserve, ein bewaldeter Felsrücken, über den ebenfalls ein Wanderweg führt. Alles in allem kommt man so auf eine Wegstrecke von zwei Meilen, ein netter Spaziergang also.


Raus auf's Meer


Auch den Nachmittag wollen wir draußen verbringen, allerdings auf dem Meer. Ich habe uns für die "Lighthouses & Islands Cruise" bei Cap'n Fish's angemeldet. Die bieten verschiedene Ausflugsfahrten an, auch Whale Watching. Das lohnt sich allerdings so spät im Jahr nur bedingt, denn die meisten Buckelwale haben die Gewässer vor New England schon Richtung Karibik verlassen und wir haben keine Lust, für eine kurze Begegnung mit einem der Meeressäuger stundenlang über die Wellen zu schaukeln. Da lassen wir uns lieber gemütlich durch die Inselwelt rund um die Boothbay schippern. 30 Dollar kostet die zweistündige Tour. 


Unser Boot
Fischerboot
Juniper Point
Southport Swing Bridge
Traumlage
Harbor Seal
Georgetown Island
Georgetown Island
Georgetown Island
Hendrick's Head Lighthouse
Die teuerste Immobilie von Boothbay
The Cuckolds Lighthouse
Ram Island Lighthouse
Reihenhäuser
Burnt Island Light
Windjammer

"Lil’ Bit O’Maine" ist das Motto der Cruise. Ziemlich treffend, bekommt man doch einiges zu sehen, was die Küste von Maine ausmacht: tief eingeschnittene Buchten, unzählige Inseln, mal dicht bewaldet, mal aus blankem Granit, hübsche Leuchttürme, Lobsterbojen überall, Vögel und Seehunde, sogar zwei Weißkopfseeadler und immer wieder traumhaft schön gelegene Immobilien. Die meisten Inseln sind über Brücken mit dem Festland verbunden, manche aber tatsächlich nur mit dem Boot erreichbar. Man kann hier also herrlich einsame Sommer verbringen. Vor allem Sommer, denn die Winter sind unwirtlich hier oben.


Kein Wasser im Winter


Das größte Problem für die ganzen Ferienhäuser: Ende Oktober wird ihnen das Wasser abgestellt. Die Leitungen sind aus Plastik und verlaufen fast alle überirdisch. Die frostsicher zu vergraben, ist wegen des Granitgesteins unmöglich oder viel zu aufwändig. Und Brunnen zu bohren ist keine Alternative, da stößt man unweigerlich auf Salzwasser. In alten Zeiten reichte den wenigen Menschen in Zisternen aufgefangenes Regenwasser oder geschmolzener Schnee, aber für den Verbrauch eines modernen Haushalts oder gar von Hotels mit dutzenden von Bädern, Restaurant und Swimmingpool, langt das natürlich nicht. Und deshalb endet die Saison hier im Herbst und geht erst im Mai wieder los, wenn die Leitungen aufgetaut und gegebenenfalls repariert sind. Die ständig hier lebenden Menschen wohnen daher auch eher nicht auf abgelegenen Grundstücken im Wald oder am Meer, sondern in der Mitte der Ortschaften, wo sie an die öffentliche Versorgung angeschlossen sind.


Nach zwei Stunden laufen wir wieder im Hafen ein. Eine sehr schöne Cruise war das, allerdings sind wir jetzt auch richtig durchgefroren. Für nächste Woche habe ich noch so eine Tour in Bar Harbor gebucht. Wir sind uns aber einig, dass eine pro Urlaub ausreicht und wir die canceln werden.


Beim Red Cup Coffehouse stellen wir uns für heiße Getränke an und lassen uns mit Kaffee und Kuchen in der Sonne sitzend von innen und außen aufwärmen. Dann stöbern wir noch ein bisschen in den Läden. Besonders viel Zeit verbringe ich in Sherman's Maine Coast Book Shop. Ursprünglich in Bar Harbor beheimatet hat sich Sherman's zu einer kleinen Kette von neun Buchläden entlang der Küste von Maine entwickelt. Ich brauche dringend Nachschub an Lesestoff und werde mit Gary Shteyngarts "Our Country Friends" fündig. 


Sonnenuntergang: Check!


Wäre noch zu klären, wo wir die Sonne untergehen sehen wollen. Eines der Restaurants auf der anderen Seite des Hafens wäre eine Option. Noch lieber ist uns aber ein Ausflug in die Natur. Auf Barter Island gibt es mit dem Porter Preserve ein weiteres vom BRLT verwaltetes Naturschutzgebiet. Das liegt direkt an einem Arm des Sheepscott River und müsste einige Aussichtspunkte gen Westen haben. Also fahren wir da hin.  

 

Allein die Fahrt durch dieses spätnachmittägliche Licht ist wunderschön. Wir parken an einem Friedhof, wo ein ausgeschilderter Rundweg durch den Wald beginnt. Schon nach ein paar Minuten führt der über Felsen mit herrlicher Aussicht aufs Wasser. Auch an einem kleinen Strand kommen wir vorbei und direkt dahinter zu einer perfekt ausgerichteten Klippe. Hier setzen wir uns auf die warmen Steine und genießen das Schauspiel, das noch sehenswerter wäre, wenn es ein paar Wölkchen am Himmel hätte. Aber wir wollen uns mal nicht beschweren, dass der heute so tadellos blau war. 


Ausflug nach Italien


Zum Abendessen habe ich uns schon vor längerer Zeit einen Tisch im Ports of Italy reserviert, dem besten italienischen Restaurant weit und breit. Brechend voll ist das am Samstagabend. Uns begeistert nicht nur das Essen, sondern auch die Weinkarte. Auf der finden wir unsere südtiroler Lieblingswinzerin Elena Walch mit einem Pinot Bianco - und sogar zu einem vernünftigen Preis. Cincin!


Unterkunft: Mid-Town Motel, Boothbay Harbor - 217 USD


Nützliche Links:

Visit New England - alles auf einen Blick

Visite Maine - Trip tips

More Than A Summer Place - schöner Artikel über Boothbay Harbor im Down East Magazine

Lighthouse Friends - Übersicht aller Leuchttürme Maines

New England Foliage - Wie weit ist die Laubfärbung?

TripAdvisor Maine Travel Forum - beantwortet alle Fragen