2016 California Day 3
Big Sur

So, Sep 4, 2016

FEUER IN BIG SUR

Auf dem Weg nach Santa Cruz werden wir Zeugen des Soberanes Fire, dem schlimmsten Waldbrand seit Jahren in Kalifornien.

Die Betten im Cayucos Beach Inn sind sehr bequem. So bequem, dass Conny bis viertel vor sieben schläft. Ich bin da schon seit fast zwei Stunden wach. Aber Conny tut der Schlaf gut, denn nachdem sie gestern noch meinte, eine Erkältung zu bekommen, sind die Symptome heute Morgen wie weggeblasen.


In einem kleinen Frühstücksraum gibt es das in Amerika mittlerweile fast überall übliche Angebot aus dünnem Kaffee, Bagels, Cereal und Pastries. Allerdings hatten wir das auch schon in viel schlechter als hier im Beach Inn. Nehmen wir also gerne mit zur Stärkung vor dem Tagwerk. Um halb neun brechen wir auf. Die Luft ist kühl, der Himmel bedeckt. Aber das wird sich ändern.


Zum Fall Hang-Out bei den Elephant Seals


Erster Stopp: Die See-Elefanten-Kolonie am Strand von Piedras Blancas. Im Vergleich zu unserem letzten Besuch im Mai 2013 ist die sehr dünn besiedelt, es mögen vielleicht 100 Tiere im Sand liegen oder sich im Wasser tummeln. Anscheinend ist der Großteil noch im offenen Meer auf Fischfang. Bis zu 5.000 Kilometer entfernen sie sich dabei von der Küste. Im Laufe des Septembers kehren die Jungtiere normalerweise zum "Fall Hang-Out" an den Strand zurück. Jetzt sind immerhin auch ein paar kräftige Bullen dabei. Deren Narben deuten darauf hin, dass es bei den See-Elefanten nicht immer so gechillt zugeht wie heute. In der Paarungszeit liefern sich die Männchen blutige Kämpfe.

Traumpfade an der Küste

 

Einige Meilen weiter vertreten wir uns auf dem Spazierweg über den Klippen der Jade Cove etwas die Beine, fahren dann aber gleich noch zum benachbarten Sand Dollar Beach. Das Parken kostet hier offiziell 10 Dollar. Die sparen wir uns und stellen das Auto direkt an der Straße ab. So früh am Tag geht das problemlos. Vom Parkplatz aus führen mehrere steile Wege runter zum Strand, an dem schon einiges los ist. Vor allem die Wellenreiter sind bereits voll in ihrem Element, denn die heute in die Bucht rollende Brandung kann sich durchaus sehen lassen. Mir reicht es, bis zu den Waden im eiskalten Pazifik zu stehen. Conny kommt dazu unfreiwillig, als sie einen gefundenen Sand Dollar waschen will. Mittlerweile ist etwas Abkühlung aber auch nicht verkehrt. Die Sonne hat den Nebel raus aufs Meer vertrieben.

Nun ist die Fahrt über den Highway 1 heute kein ganz ungetrübtes Vergnügen, denn im Hinterland der Küste lodert das Soberanes Fire, der größte Waldbrand des Sommers in Kalifornien mit einer Ausdehnung von über 400 Quadratkilometern. Ausgelöst wurde das Inferno Anfang Juli durch einen leichtsinnigen Camper, der das Verbot, in der knochentrockenen Gegend Lagerfeuer zu machen, ignoriert hatte. Nach dem Schuldigen wird noch gesucht. Aktuell ist das Soberanes Fire zu etwa 60 Prozent eingedämmt, ganz ausgelöscht wird es wohl erst Ende September sein.


Ich hatte im Vorfeld der Reise die Facebook-Seite von CalFire, dem California Department of Forestry and Fire Protection, unter Beobachtung, denn vor ein paar Wochen war die Lage entlang des Highways ziemlich dramatisch samt Sperrung und Evakuierungen. Von all dem lässt sich bisher kaum etwas erahnen. Sämtliche Wanderwege rechts der Küstenstraße sind gesperrt, aber wenn man nicht weiß, dass es diese Wege gibt, fährt man an den meisten eh achtlos vorbei. Zum Glück haben wir schon ganz viele davon auf der letzten Kalifornien-Reise erwandert. 


Das Feuer kommt näher


Erstmals erlebbar werden die Auswirkungen des Waldbrands dann am Julia Pfeiffer Burns State Park. Dessen zum Meer hin gelegener Teil war letzte Woche wieder geöffnet worden, als wir vorbeikommen ist aber alles mit Flatterbändern abgesperrt. Ranger erklären den enttäuschten Touristen, dass es nichts wird mit Fotos von den McWay Falls, die hier so pittoresk auf den Strand fallen, sondern dass sie doch bitte zügig weiterfahren mögen. Hinter der vordersten Bergkette steigt eine weiße Rauchsäule auf, Löschhubschrauber sind pausenlos im Einsatz, lassen Wasser vom nahen Ozean über dem brennenden Wald ab. Wow!


Später lese ich, dass starker Wind gestern Ursache des heftigen Aufloderns des Feuers in diesem Teil von Big Sur war. Damit verhindert schon zum zweiten Mail ein Waldbrand meinen Plan, den Ewoldsen Trail zu wandern. Dass das heute wieder nichts werden würde, wusste ich freilich schon vor ein paar Tagen.

So richtig verkohlte Bäume direkt an der Straße sehen wir nur am Pfeiffer Big Sur State Park. Die großen Redwoods hat es hier aber nicht erwischt, ebensowenig die Gebäude des Parks. Dessen Lodge ist heute sogar geöffnet, sämtliche Wanderwege allerdings auch hier gesperrt.

Idyll am Big Sur River


Eine angesichts der sich ganz in der Nähe abspielenden Katastrophe etwas bizarre Szenerie bietet sich uns dann am Big Sur River Inn. Das Inn, in dem wir auf der letzten Reise einige Nächte verbrachten, ist fast schon überlaufen. Der Restaurant-Betrieb läuft zur Lunchtime auf Hochtouren, dazu gibt es im Garten ein Barbecue und Live-Musik auf der Terrasse. Unten am und im Fluss haben es sich jede Menge Familien bequem gemacht und erfreuen sich des schönen Tages. Die über uns kreisenden Hubschrauber erinnern unweigerlich daran, wie gefährdet das Idyll ist.


Den Sonntag nicht zu genießen, würde aber nichts ändern - also gönnen auch wir uns Ribs und Burger zum Mittagessen. Wir wissen ja vom letzten Mal, dass man hier zwar sehr teuer aber gut essen kann.


Eine Folge der wegen des Feuers geschlossenen State Parks sind die unglaublichen Menschenaufläufe an den übrigen gut zugänglichen Attraktionen der Gegend. Was sich etwa an der fotogenen Bixby Bridge abspielt, spottet jeder Beschreibung. Die Leute parken in der Spur der kurvigen Straße oder laufen mitten im Verkehr auf die Brücke, die aus guten Gründen keinen Gehsteig hat. Absurd! Auch rund um Point Lobos herrscht Verkehrschaos. Auf den Wegen durch das an sich traumhaft schöne Naturschutzgebiet dürfte es heute zugehen wie an einem Adventssamstag auf der Zeil.

Big Sur River Inn
Idyll am Big Sur River

Wir fahren an Carmel und Monterey vorbei, beide hüllen sich in Nebelschwaden, schieben uns im Stau durch wiederum von der Sonne beschienene Artischocken- und Erdbeerfelder und am Hafen von Moss Landing vorbei und erreichen über den Freeway schließlich Santa Cruz. Hier haben wir, vor allem zur Schonung des Reisebudgets, über den Feiertag morgen ein Zimmer im Quality Inn gebucht. Die Motelanlage ist zwar etwas "dated" wie die Amerikaner es nennen, aber von den Besitzern gut in Schuss gehalten. Das Zimmer ist sauber, WLAN funzt, ebenso der Kühlschrank - was braucht's mehr? Wir halten uns drinnen eh nicht lange auf, sondern machen uns nach dem Auspacken an die Erkundung von Santa Cruz.


Let's Cruz


In Santa Cruz dreht sich alles ums Surfen. Entsprechend lässig entspannt ist der Lebensstil in dem Städtchen, den nicht zuletzt auch die 17.000 Studenten des hiesigen Campus der University of California prägen. Außerdem hat es hier den ältesten durchgehend betriebenen Vergnügungspark Kaliforniens, den Santa Cruz Beach Boardwalk. Seit 1907 rollen die Achterbahnen und dreht sich das Riesenrad direkt am Strand. Immerhin auch schon seit 1914 gibt es die Wharf, die letzte von einst sechs Seebrücken, der wir nun einen Besuch abstatten. Der lohnt sich allein schon wegen der Seelöwen, die das Untergeschoss bewohnen, und deren Treiben wir stundenlang zuschauen könnten. Zirkus ist gar nichts dagegen. Der Sonnenuntergang gibt dazu nur das Rahmenprogramm.


Als die Sonne weg ist, wird es sofort empfindlich kühl. So langsam gehen uns auch die Menschenmassen auf den Geist. Am Vorabend des Labor Day macht sich überall Partystimmung breit. Wir haben keine große Lust, uns in den ganz großen Rummel auf dem Boardwalk zu werfen. Stattdessen fahren wir nach Downtown. Für amerikanische Verhältnisse hat Santa Cruz eine erstaunlich saubere und belebte Innenstadt. Im Pub 99 Bottles genehmigen wir uns noch einen Absacker. Cheers!

Gefahren: 160 Meilen / 257 Kilometer

Hotel: Quality Inn Santa Cruz - 125 USD via Expedia


Nützliche Links:

Piedras Blancas Light Station - was man vor dem Besuch des Leuchtturms wissen sollte

Hiking in Big Sur - die Seite ist ein Muss für Wanderer

Visit California - Informationen zu allen Sehenswürdigkeiten von Big Sur

Visit Santa Cruz County - offizielle Besucherseite der Stadt