Sa, Jan 9, 2016
Auf der Route 1, dem Overseas Highway, fahren wir über das Meer nach Key West.
Hier endet die Straße, hier bleiben wir für ein paar Tage.
Wir werden wach davon, dass jemand in unserem Zimmer Eier mit Speck brutzelt. Zumindest hört es sich genau so an. Anscheinend oblatendünne Wände und im Nachbarzimmer direkt eine Küchenzeile. Das Nervige daran ist, dass wir erst kurz nach fünf haben. Aber auch wir müssen heute früh raus, um halb neun soll das Ausflugsboot von Robbie's Marina ablegen. Auf dem Weg dahin halten wir kurz beim Midway Café und besorgen uns Frühstück "to go".
An der Marina treffen wir wieder auf allerlei gefiederte Freunde. Außer uns hat sich auch schon ein weiteres Paar für die "Island Heritage Tour" eingefunden. Die Angestellte an der Kasse wird langsam nervös, weil Passagiere Nummer 5 und 6 trotz Anmeldung nicht pünktlich da sind. Mit weniger als sechs Teilnehmern wird die Tour normalerweise nicht durchgeführt. Schließlich tauchen die beiden aber doch noch auf. Ansonsten hätten wir wohl mit den anderen das Geld für eines der Tickets zusammengelegt, die sechste Karte hätte die nette Dame an der Kasse abgeschrieben.
Nur eine Viertelstunde dauert die Überfahrt nach Indian Key. Das reicht gerade so, um sich etwas Halbwissen über die Geschichte des Eilands anzulesen, und sich ordentlich mit Sonnencreme einzuschmieren. Absolutes Traumwetter heute über den Florida Keys!
In den Straßen einer Geisterstadt auf Indian Key
Was hat es nun aber mit diesem kleinen Inselchen auf sich, das da von dichtem Grün bewachsen aus dem türkisblauen Meer ragt? Nun, auf Indian Key gab es mal eine richtige Stadt mit allem drum und dran: Einer Hafenmole, Straßen und einem Hotel, es gab einen Laden, ein Postamt, ein Zollbüro und etwa 70 ständige Bewohner. Sogar Hauptstadt von Dade County war Indian Key für eine Weile und damit sozusagen Vorgängerin von Miami. Dazu muss man freilich bedenken, dass Florida in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen Key West ganz im Südwesten und St. Augustine ganz im Nordosten praktisch nur aus Sümpfen und ein paar Indiandersiedlungen bestand.
Zu verdanken hatte Indian Key seine Entwicklung drei Männern: Joshua Appleby und Silas Fletcher eröffneten hier 1824, Florida war gerade in den Besitz der USA übergegangen, einen Laden zur Versorgung der "Wrecker", die davon lebten, die auf dem Riff gestrandeten Schiffe auszunehmen. Mit diesem Geschäft, das man sich nicht als wildes Plündern, sondern als staatlich reguliertes und planmäßiges Bergen von Schiffen und deren Ladung vorstellen muss, hatte es schon Key West zu einigem Reichtum gebracht. Einer, der die Gesetze dabei nicht ganz so genau nahm, war Jacob Housman. Der hatte sich auf Key West einige Feinde gemacht und beschloss daher im Jahr 1830, auf Indian Key sein ganz persönliches Wrecking-Imperium aufzuziehen.
Das Ganze ging nur ein paar Jahre gut. Im Zweiten Seminolenkrieg wurde Indian Key 1840 von Indianern überfallen, geplündert und sämtliche Gebäude niedergebrannt. Die US Navy eroberte die Insel zurück und bis in die 1880er Jahre lebte zumindest noch eine Familie auf Indian Key. Schließlich überwucherte die Natur die Reste der Siedlung. Seit 1972 ist die Geisterstadt im National Register of Historic Places gelistet und mittlerweile ein Historic State Park. Den zu besuchen und auf sauber angelegten Wegen dem alten Straßenmuster über die Insel zu folgen, ist wirklich sehr interessant. Wir mögen solche Orte, die spannende Geschichten erzählen. Schade eigentlich, dass die Tour hier nur eine gute Stunde geht. Aber es gibt noch einen zweiten State Park zu besichtigen.
Die Tour führt uns nach Lignumvitae Key
Lignumvitae Key liegt etwa eine Meile nördlich von Islamorada. 1919 hatte sich der wohlhabende Chemie-Unternehmer William John Matheson hier ein Häuschen errichten und einen botanischen Garten anlegen lassen. Gelebt haben auf der Insel immer nur die Haushälter der Mathesons. Gibt sicher unangenehmere Jobs, als auf einer einsamen Insel ein komfortables Ferienhaus zu bewohnen und ein bisschen Obstanbau zu betreiben. Wobei: Wo wir uns hier nun schon im Januar der Moskitos erwehren müssen, will man gar nicht wissen, was da in den schwülheißen Sommern zu ertragen ist. Auch manch Hurricane ist schon über die Insel gefegt, aber irgendwas ist halt immer.
Das Haus mit seinen Originalmöbeln dient heute als Besucherzentrum des Lignumvitae Key Botanical State Park, kann aber nur auf der von einem Ranger geführten Tour besichtigt werden. Auch der Wald der Insel ist nur in offizieller Begleitung zugänglich. Wir bekommen dort praktisch nochmal dieselben Bäume erklärt wie gestern im State Park auf Windley Key. Alles in allem ist aber auch dieser Besuch sehr interessant, was nicht zuletzt an unserem sehr gut gelaunten und unfassbar kenntnisreichen Ranger liegt.
Lignumvitae ist übrigens der Name eines Baumes. In früheren Jahrhunderten schrieb man dem allerlei heilende Wirkungen zu, etwa gegen Syphilis, Pocken oder Rheuma. Daher der lateinische Name, der "Lebensholz" bedeutet. Geläufiger ist heute die Bezeichnung "Guajak" oder "Pockholz". Unglaublich dicht und schwer ist das Holz dieses Baumes, das etwa immernoch im Schiffbau Verwendung findet. Es gehört zu den auf den Keys heimischen Gehölzen. Fun Fact: 20 Tonnen Guajak werden in Deutschland jedes Jahr bei der Herstellung von Kräuterlikör verarbeitet.
Gegen halb zwölf legen wir wieder in Robbie's Marina an. Hat Spaß gemacht die Tour. Nun sehen wir zu, Richtung Westen voranzukommen. Bis Key West sind es immerhin noch über 80 Meilen. Die führen auf dem Overseas Highway über Brücken und Inseln, es ist immer wieder toll, diese Strecke zu fahren.
Lunch bei Sparky's, Beach bei Marathon
Zum Mittagessen kehren wir bei Sparky's Landing ein, einem weithin bekannten Fischrestaurant auf Key Colony. Wir bekommen einen schattigen Platz auf der Terrasse direkt am Wasser und lassen uns Calamaris, eine Chowder und überbackene Austern schmecken. Top!
Auf 86 Grad Fahrenheit ist das Thermometer mittlerweile geklettert - Rekord für diesen Urlaub! Da bietet es sich an, am Sombrero Beach vorbeizufahren. Sandstrände gibt es ja nicht all zu viele auf den Keys. Der auf Marathon ist auch ein künstlich angelegter, aber sehr schön. Und ziemlich voll. Wir spazieren ihn einmal rauf und runter und setzen dann die Fahrt fort.
Key West, wir sind da!
Gegen 16 Uhr erreichen wir das Blue Marlin Motel auf Key West und beziehen ein Zimmer im ersten Stock. Laut der jungen Dame am Check-In hatten wir uns das bei der Buchung gewünscht. Wusste ich gar nicht mehr, sehr aufmerksam. Tatsächlich bevorzugen wir es, wenn uns niemand auf dem Kopf herumtrampeln kann. Der Nachteil: Wir müssen unser Zeug eine Treppe raufschleppen. Kriegen wir aber hin.
Conny hüpft gleich unter die Dusche, ich in den angenehm temperierten Pool. Schwimmen war ich ja noch so gar nicht auf dieser Reise.
Erfrischt machen wir uns dann auf den Weg zum Mallory Square, um am Sunset Pier bei einem kühlen Getränk den Sonnenuntergang zu genießen. Wenig überraschend sind wir nicht die einzigen mit diesem Vorhaben. Ein Andrang wie daheim auf dem Weihnachtsmarkt und keine Chance auf einen Sitzplatz in der ersten Reihe. Also nehmen wir mit zwei Hockern an der Bar vorlieb, bestellen eine Pina Colada und eine Margarita und versuchen, dem Trubel etwas Positives abzugewinnen. Letztes Mal saßen wir hier an Thanksgiving, da war bedeutend weniger los. Wie damals verläuft sich die Menschenmenge aber, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Dabei empfiehlt es sich, gerade dann noch ein paar Minuten zu warten. Belohnt wird unsere Geduld mit einem fantastischen Abendrot. So haben wir uns das vorgestellt.
Zum Absacker in die Brauerei
Erstaunlicherweise haben wir immernoch keinen Hunger. Das späte Mittagessen bei Sparky's hält noch vor. Ich kann Conny zu einem Besuch der Waterfront Brewery überreden. Auf dem Weg dahin kommen wir zufällig bei Kermit's vorbei, dem Laden mit dem angeblich besten Key Lime Pie überhaupt. Wo wir schon mal da sind, probieren wir natürlich ein Stück. Nicht schlecht, aber jetzt auch nicht um Welten besser als andere. Dazu sei gesagt, dass Conny daheim selbst einen ziemlich guten Key Lime Pie hinbekommt. Mit dem von Kermit's kann der allemal mithalten.
Ich frage die Kuchenverkäuferin, wo genau es zur Brauerei geht. Sie ist sich nicht sicher, aber eine Frau spricht mich an und erklärt den Weg. Sie schwärmt vom Bier dort - also nichts wie hin!
Wir finden die Waterfront Brewery in einem recht neuen Gebäude direkt am Jachthafen. Ich lasse mir vier Sorten des Frischgebrauten in Probiergläsern bringen, Conny bleibt beim Wein. Leider sind nicht alle der auf der Karte gelisteten Biere vorrätig, aber ich finde ein Stout zum Abschluss des Abends. Einigermaßen knülle laufen wir durch die nun ruhigen Straßen von Key West zurück zum Hotel und fallen in das bequeme Kingsize-Bett.
Gefahren: 98 Meilen / 157 Kilometer
Unterkunft: Blue Marlin Motel - 204 USD
Nützliche Links:
Robbie's in Islamorada - Hafen, Bar, Flohmarkt, Ausflüge, Fische füttern
Island Heritage Tour - Ausflug zu den State Parks auf den Inseln
Indian Key Historic State Park - offizielle Seite der Parkverwaltung
Keys History - ausführliche Historie von Indian Key
Lignumvitae Key Botanical State Park - auch dazu gibt es eine Website
Keys History - mehr zur Geschichte von Lignumvitae Key
Sparky's Landing - Fish & Cocktails
Marathon City Parks & Beaches - einer der schönsten Strände der Key
Welcome to Key West - umfangreiche Seite mit Besucherinfos
Visit Florida - Key West at a Glance
Ocean Key Resort & Spa - zu dem Hotel gehört der beste Spot für den Sonnenuntergang
The Waterfront Brewery - das beste Bier auf Key West
Kermit's - hier gibt es leckeren Key Lime Pie