2006 Southwest USA 11
Conny wandert durch die Second Wave

Fr, Sep 15, 2006

THE WAVE

Heute muss es einfach mit der Wave klappen! Die Sonne scheint jedenfalls schon mal von einem strahlend blauen Himmel. Unsere einzige Sorge gilt dem Zustand der Straße zum Trailhead.


Wir wissen, dass es auf der Zufahrt einen Bachlauf gibt und durch den kämen wir mit dem Pontiac wohl nur bei absoluter Trockenheit. Irgendwie frage ich mich jetzt schon, warum wir in Las Vegas nicht gleich die Gelegenheit genutzt haben, auf einen Four-Wheel-Drive umzusteigen. Klarer Fall von hinterher schlauer.


Um 10 Uhr, beim Überfahren der Staatsgrenze nach Utah haben wir eine Stunde gestohen bekommen, halten wir an der Ranger Station des Bureau of Land Management (BLM), direkt am Highway 89 ein paar Meilen vor der House Rock Road, die zum Wire Pass Trailhead führt und eine Verbindung zwischen der 89 und der 89a weiter im Süden darstellt. Der Ranger meint, dass ohne High clearance und Vierrad-Antrieb da gar nichts ginge heute, schließlich seien das gestern die stärksten Regenfälle des Jahres gewesen. Hört sich nicht gut an.


Die Anfahrt gestaltet sich schwierig


Auf unsere Frage, ob gestern überhaupt jemand hier war, sagt er tatsächlich: „Oh yeah, we had a big lottery. 33 people!“ Wir erzählen an dieser Stelle mal lieber nichts von unserer Permit, die zwei der 33 Leute gestern sicher gerne genommen hätten. Er schlägt uns noch vor, die Road von Süden zu nehmen. Das sind aber mal ganz locker zwei, drei Stunden Umweg. Und wer weiß, wie die Straße von da aussieht. In der Zeit sind wir auch die vier Meilen vom Wash bis zum Trailhead gelaufen. Sind ja schließlich gut zu Fuß. Und vielleicht haben wir ja Glück und es liest uns jemand auf dem Weg auf. Der Ranger meint zwar, dafür wären wir ziemlich spät dran, die meisten Besucher der Wave wären schon längst durch. Egal, wir versuchen’s einfach.


Der Wash auf der House Rock Road

Gesagt, getan. Ich lenke das Sportcoupé über die Schotterpiste, wobei wir von einem Geländewagen überholt werden. Den sehen wir ein paar Kurven später wieder, als er anhält, um dem Fahrer eines weiteren Geländewagens zu helfen, der bis zur Achse im Schlamm am Straßenrand steckt. Wie sich rasch herausstellt, sind hier alle deutsch. Wir fahren weiter bis zum Wash und hier ist definitiv Endstation mit unserer Schüssel. Tiefe Schlammfurchen voller Wasser und auch die Umfahrung nebendran sieht nicht besser aus. Also Auto abstellen und zu Fuß losziehen. Da hält wieder der Wagen von eben und die beiden Insassen, Wolfgang und Birgit, zwei echte Wave-Veteranen, die zum siebten Mal hier sind, sind so nett uns mitzunehmen. Das ist doch mal echte Solidarität hier. Besten Dank!


Wir verlaufen uns direkt


Die Schar der Fahrzeuge am Wire Pass Trailhead ist überschaubar und komplett geländetauglich. Klar. Wolfgang gibt uns noch ein paar Tipps mit auf den Weg, dann ziehen wir schon mal los. Kann ja nicht so schwer sein, die Wave zu finden. Mit der Karte und der Wegbeschreibung vom BLM sieht das nach Schnitzeljagd aus. Leider verpassen wir dann direkt den ersten Abzweig und marschieren schön im schlammigen Flussbett Richtung Buckskin Gulch. Nach einigen Minuten kommt es uns aber schon spanisch vor und wir drehen um und biegen diesmal auf den richtigen Weg ab.


Die Landschaft ist ein Traum


An sich ist Wanderung nicht sonderlich anspruchsvoll. Es geht über eine sandige Anhöhe, durch ein weiteres Flussbett, über eine Sandstein-Klippe und dann immer am Hang entlang zu zwei auffälligen Felsformationen, den Twin Buttes. Dahinter sieht man auch schon am Horizont eine Art Spalte in der Felswand, genau dort beginnt die Wave. Samt Umweg benötigen wir keine zwei Stunden für die Tour. Das Wetter ist ideal: sonnig, nicht zu heiß und es weht immer mal wieder ein angenehmer Wind. Überflüssig zu erwähnen, dass die Landschaft hier ein Traum ist. Bizarre geformte Felsen überall, Gesteinsschichten in allen Farben.


Insgesamt sind nur acht Leute hier, zwei gehen schon wieder als wir ankommen. Kurz darauf trifft noch ein Mann mit einem Hund ein, der begeistert in der Pfütze herumtollt und Stöckchen holt. Ein bisschen größer hatten wir uns die Wave an sich ja schon vorgestellt. Das liegt aber wohl daran, dass wir schon so viele Fotos davon gesehen haben, dass uns fast jeder Zentimeter bekannt vorkommt. Neben der Wave sind aber auch die Brain Rocks oberhalb davon sehr lustig anzuschauen, Felsen, die tatsächlich wie Gehirnmasse aussehen.


Es gibt unglaublich viel zu entdecken


Hinter denen kommt man automatisch zur sogenannten Second Wave. Eigentlich eine blödsinnige Bezeichnung, denn wenn es eine Second Wave gibt, gibt es auch eine Third Wave, eine Fourth Wave usw. An jeder Stelle, wo die Felsen eng zusammenstehen und der Wind von den Bergen dahinter den Sand durchbläst, entstehen diese streifenförmigen Formationen im Sandstein. So gibt es unterhalb dieser Second Wave eine weitere wunderschöne Stelle mit rot und weiß gestreiftem Gestein.


Wir klettern eine ganze Weile durch die Gegend. Es gibt unglaublich viel zu entdecken. Jeder, der schon nach der Wave wieder umkehrt, verpasst hier wirklich einiges. Wir finden Felsen, in die eckige Löcher gefräst sind und die

aussehen, wie Wespennester.


Und wir erleben die Kräfte, die diese Formationen schaffen, am eigenen Leib: der Wind hat gehörig zugenommen und wir werden einige Male gesandstrahlt (sagt man eigentlich gesandstrahlt oder sandgestrahlt?). Sehr unangenehm das und irgendwann haben wir deshalb dann doch die Schnauze voll und machen uns an den Rückweg. Schließlich müssen wir auch noch die Straße zurück zum Auto wandern.


Das geht dann aber alles erstaunlich locker. An der House Rock Road steht uns der Wind genau im Rücken, das beschleunigt das Gehen ungemein. Nach einer Stunde strammen Marschierens sind wir auch schon fast am Wash angelangt. Zwei Österreicher nehmen uns dann das letzte Stück noch mit. Mittlerweile ist die Umfahrung des Washs ziemlich abgetrocknet, so dass mit einigermaßen hohem Radstand das Durchkommen gar kein Thema mehr ist. Wir bedanken uns fürs Mitnehmen, packen unser Zeug ins Auto und fahren zurück zur 89.


An der 89 bei Page

Der Weg nach Flagstaff zieht sich


16 Uhr und der Tag ist noch lange nicht zu Ende. Wir wollen noch nach Flagstaff. Und irgendwie habe ich mich bei der Streckenplanung hier leicht verhauen. Ich hatte die Entfernung zwischen Page und Flagstaff mit 80 Meilen notiert. Tatsächlich sind es über 120, dazu kommen die knapp 40 von der Einmündung der House Rock Road bis Page. Dann mal los. Straßennamen müssen wir uns heute nicht mehr merken, die 89 geht durch bis Flagstaff.


Die Landschaft wird immer flacher, rechts und links des Highway gibt es kaum was zu sehen außer ein paar zum Teil sehr armseligen Hütten der hier lebenden Navajos, deren Reservat wir durchfahren. Ihre unzähligen Verkaufsstände sind nicht besetzt. Sonst kann man sich hier mit allerlei Schmuck, Decken und Keramikwaren eindecken, wenn man’s mag.


Auf der 89 bei Page

Schon weit vor Cameron sehen wir die Gipfel der San Francisco Mountains am Horizont aufragen, der mit über 3.800 Metern weit und breit höchsten Berge, an denen wie eine Fahne eine große Wolke hängt. Dahinter liegt Flagstaff. Kurz vor der Stadt führt der Highway durch dichten Wald, anschließend durch Heidelandschaft und dann steht man an der ersten Ampel seit 150 Meilen. Flagstaff ist erreicht. Wir fahren kurz auf die Interstate 40, nur um zwei Exits weiter wieder rauszufahren. Unglaublich wie viele Hotels und Restaurants es hier gibt. Alle Ketten sind vertreten. Wir haben im Fairfield Inn reserviert, das wir sofort finden. Mittlerweile ist es dunkel geworden und recht kalt. Wir frieren ganz schön, als wir in kurzen Hosen am Hotel aussteigen.


Zum Dinner gibt es Steaks


Bei einem ausnehmend netten Portier checken wir ein, tragen unsere Sachen auf das hübsche Zimmer und waschen uns den Sand aus der Wave hinter den Ohren weg. Dinnertime! Gleich nebenan habe ich eine Filiale der Steakhouse-Kette Sizzler gesehen. So weit schaffen es unsere Füße noch. Bei Sizzler zu essen ist dann auch ein Erlebnis. Vor der Schlange am Eingang sollte man sich nicht erschrecken, denn hier bestellt man schon beim Reingehen. Wie am Schalter eines Fastfood-Ladens. Dann sucht man sich erst einen Tisch und bekommt ziemlich fix die Bestellung gebracht. Bei Bedarf kann man sich am All-you-can-eat Salatbüffet bedienen. Den Bedarf habe ich nicht, ich will nur Fleisch und Pommes. Mehr habe ich auch nicht auf dem Teller und das Steak ist okay.


Gefahren: 217 Meilen / 349 Kilometer

Hotel: Fairfield Inn by Marriott, Flagstaff - 84 EUR via Expedia