Di, Oct 14, 2008
Bethel ist idealer Ausgangspunkt zur Erkundung des in Maine gelegenen Teils der White Mountains. Und auch der Appalachian Trail führt in der Nähe vorbei. Für uns Gelegenheit, mal wieder die Wanderstiefel zu schnüren.
Nicht übertrieben hat der Herr des Hauses mit seiner Frühstücks-Ankündigung: was hier aufgetischt wird, stellt alles auf dieser Reise dagewesene in den Schatten! Auf einem Büffet stehen zwei Sorten frisches Brot sowie Muffins (alles selbst gebacken), dazu eine Auswahl an Obst und Cereals. In der Küche brutzelt Fred Omelette mit Cheddar Cheese aus Vermont, dazu Bratkartoffeln mit karamellisierten Zwiebeln. Außerdem zur Wahl: riesige Pancakes, mit oder ohne (natürlich in Maine gepflückten) Blaubeeren, und wem das alles nicht zusagt, dem brät er die Eier auch nach Belieben mit Speck oder Schinken. Wow!
Eine hagere Engländerin fragt, wie groß denn das Omelett sei. Fred meint was von acht Eiern. Ob er dann für sie kleine Eier nehmen könnte. Geht klar. Und wer nicht aufisst, dem droht der Inn-Kepper, dass es dann nichts vom Tripple-Fudge Sundae zum Nachtisch gäbe. Als ob das noch reingehen würde...
In Sachen Essen läuft's bei uns
A propos Essen: gestern Abend haben wir noch meiner Lust am Probieren verschiedener Microbrews nachgegeben und sind in die Sunday River Brewing Company eingekehrt. Wirkte ein bisschen wie eine überdimensionierte Skibar – was ja auch nahe liegend ist, denn oberhalb von Bethel liegt das beliebte Sunday River Skigebiet. So gibt es hier auch Absonderlichkeiten wie eine Matterhorn Ski Bar. Nun gut. Das Bier in besagter Brewery war jedenfalls gut, das Essen auch ok und eigentlich hatte ich nach der Ladung Ribs gedacht, für die nächsten 24 Stunden nichts mehr reinzukriegen. Ich muss langsam mal die Portionsgrößen wieder runterschrauben, sonst gehe ich daheim hungrig aus den Restaurants raus.
In der Grafton Notch locken allerlei Wasserfälle
Nach so viel Essen stand uns heute der Sinn nach Unternehmungen an der frischen Luft. Also fahren wir nach dem Frühstück in den Grafton Notch State Park ein paar Meilen nördlich von Bethel. Hier schlängelt sich der Bear River durch eine von eiszeitlichen Gletschern tief eingeschnittene Schlucht und es gibt allerlei Wasserfälle zu bestaunen. Leider spielt das Wetter so gar nicht mit, wie Watte hängen die Wolken in den Bergtälern, es ist feucht – richtig Herbst also.
Trotz schlechten Wetters hübsch anzusehen sind die Screw Auger Falls, die man im Sommer auch auf dem Hosenboden als natürliche Wasserrutschen nehmen könnte. Zum Teil zumindest. Ein paar Meilen vor dem State Park (wir sind erst dran vorbeigefahren und drehen nun um) kann man die von einer privaten Naturschutzorganisation gekauften Step Falls erwandern. Hier fällt der Wight Brook in mehreren Kaskaden, teilweise über flachgewaschene Granitflächen, teilweise über große Felsblöcke, insgesamt gut 45 Meter in die Tiefe. Wir wandern etwa eine halbe Stunde an den Fällen nach oben bis der Pfad an der Grenze des Schutzgebiets endet und steigen dann wieder durch den herbstlichen Wald ab. Ganz schön zum Warmmachen.
Nach weiteren Stopps an den unspektakulären Mother Walker Falls und am Moose Cave (dem ein unglücklicher Elch seinen Namen gab, der hier in eine besonders enge Spalte in der Schlucht stürzte) halten wir dann am Parkplatz, wo der legendäre Fernwanderweg Appalachian Trail die Route 26 kreuzt. Hier nehmen wir uns den etwas über zwei Meilen langen Rundweg zum Table Rock vor – nicht ahnend, dass das wieder eine sehr anstrengende Angelegenheit werden würde.
Auf dem Appalachian Trail
Zuerst geht der Weg noch gemächlich durch ein Birkenwäldchen. Bohlenstege und Felsbrocken helfen über Sümpfe und kleine Bäche. Der Anstieg beginnt noch harmlos über in den Fels gehauene Treppen. Dabei bleibt es aber nicht, denn das Ganze artet wieder in Kletterei vom Feinsten aus. Einen Weg im eigentlichen Sinne gibt es nicht, man folgt der Markierung über riesige Felsen, zwischen denen bedrohliche Spalten klaffen. Hier mit dem Fuß abrutschen – adios Knöchel!
An den steilsten Stellen geht es über Holzleitern oder Eisentritte und nach etwa einer Stunde haben wir es geschafft und stehen auf dem Table Rock, einem gigantischen Granitblock. Fernsicht gleich null, wir sind mitten in den Wolken. Schade, aber das war zu erwarten. Da hier oben ganz ordentlich der Wind bläst und wir völlig nass geschwitzt sind, sehen wir zu, dass wir weiterkommen. Der Rückweg verläuft dann entspannter. Noch einmal ein kurzes Stück kraxeln, der Rest ist ein schöner Spaziergang an Bächen, Tümpeln und kleinen Wasserfällen vorbei. Nac hknapp zwei Stunden sind wir wieder am Auto. Uff!
Einmal um die Mahoosucs
Mittlerweile blitzt immer mal wieder die Sonne zwischen den Wolken hervor und so entscheiden wir uns, in Richtung des blauen Himmels zu fahren und die Scenic Route über die 26, die 16 und die 2 zurück nach Bethel zu fahren. Als wir die Staatsgrenze zu New Hampshire überqueren, lacht denn auch die Sonne wieder vom Himmel. Am malerischen Lake Umbagog entspringt der Androscoggin River, an dessen Ufer wir nun einfach immer weiter entlangfahren. Die Laubfarben sind hier nicht ganz so spektakulär, denn in der Höhe hat es außer Fichten hauptsächlich Lärchen und Birken und die haben einen Großteil der Blätter schon abgeworfen. Erst auf der Höhe von Berlin strahlen die Wälder wieder in den schönsten Farben.
Durch Berlin zu kommen, ist schon irgendwie lustig. Die kleine Industriestadt mit 10.000 Einwohnern lohnt an sich keinen Stopp, bietet aber ein schönes Panorama auf die White Mountains und eignet sich als Wintersport-Basis. Das hat sie dann doch unserem Berlin voraus. Kurz vorher sind wir übrigens schon durch Milan gekommen, das aber nur aus ein paar Häusern an der Landstraße besteht.
Nach 100 Meilen haben wir dann die Mahoosucs genannte Bergkette einmal fast komplett umrundet und sind wieder in Bethel – über dem immer noch die Wolken hängen. Noch ein kurzer Abstecher zu einer Covered Bridge am Sunday River, das reicht an Aktivitäten für heute.
Gefahren: 111 Meilen / 179 Kilometer
Hotel: The Chapmann Inn Bed & Breakfast, Bethel - 108 USD