Di, Oct 7, 2008
Zwischen Cape Ann, einer Halbinsel nördlich von Boston, und Portland, der größten Stadt Maines, breitet sich eine Bilderbuchlandschaft aus: Raue Klippen wechseln sich mit Sandstränden ab, dazwischen immer wieder kleine Örtchen mit weißen Kirchen. So haben wir uns New England vorgestellt.
Beim Zusammenpacken unserer Sachen am Morgen entdecke ich das gestern vermisste Ethernet-Kabel, das das Courtyard seinen Gästen zum Ausflug ins Internet zur Verfügung stellt. Aber mal ehrlich: wer würde im Kleiderschrank danach suchen?
Zum Frühstück lassen wir uns zum nächsten Cracker Barrel lotsen. Hat uns beim letzten Mal gut gefallen und auch diesmal sind Pancakes, French Toast und Scrambled Eggs nach unserem Geschmack. Allerdings stellen wir mal wieder fest, dass wir nicht dreist genug sind: der Typ am Nachbartisch vertilgt erst sein halbes Steak samt aller Beilagen, beschwert sich dann, dass das Fleisch zu blutig wäre, und bekommt darauf noch mal eine komplett neue Portion hingestellt.
Sieben Sonnen am Himmel
Eigentlich hatte ich es aus Zeitgründen schon von der Agenda gestrichen - weil aber sieben Sonnen scheinen und das Wetter einfach danach schreit, so viel wie möglich von der traumhaften Küste mitzunehmen, fahren wir nach dem Frühstück Richtung Gloucester, um uns auf Cape Ann umzuschauen. Dazu müssen wir Boston nördlich umfahren und stehen prompt im Stau. Die Ursache ist allerdings nur eine kurze Sperrung des linken Fahrstreifens, wo Dreck aus den Gullis gebaggert wird, und so fließt der Verkehr bald wieder. Kurios: bei jeder Baustelle auf der Autobahn steht mindestens ein Polizeiauto. Was die da bewachen, wird uns nicht ganz klar.
Kurz vor halb elf parken wir an der Uferpromenade von Gloucester und schauen uns die Memorials an, die an die Tausenden seit Bestehen des Örtchens (und das sind immerhin 385 Jahre) auf dem Meer gebliebenen Fischer erinnern. Heute ist die See so ruhig wie ein Goldfischteich. Die Ruhe wird nur durch die Möwen unterbrochen, die sich um Muscheln und Krabben streiten. In welcher Geschwindigkeit die die Schalentiere knacken und verschlingen...
In Rockport gibt es viel zu entdecken
Weiter geht es auf der 1A durch Bilderbuch-New England nach Rockport. Das ist so hübsch, dass es schon fast weh tut. Die Touristendichte auf der Landzunge Bearskin Neck, dem idyllischsten Teil Rockports, ist erträglich und so bummeln wir in aller Ruhe an den zahlreichen Galerien, Cafés und kleinen Restaurants in den uralten Holzhäuschen vorbei.
Bearskin Neck hat seinen Namen übrigens von einem Bären, der dort angeblich von der Flut überrascht wurde und ums Leben kam. Im Kirchturm von Rockport soll noch eine Kanonenkugel der Engländer stecken und eine rote Fischerhütte auf einem Pier ist angeblich das meistfotografierte und –gemalte Gebäude der USA. Viele Geschichten gibt es also in dem kleinen Ort zu entdecken – auch wenn ich die letzte nicht glaube.
Spaziergang zwischen Felsen
Nicht weit von Rockport liegt der Halibut Point State Park, ein felsiger Küstenabschnitt, wo kurze Spazierwege durch Blaubeerbüsche und über Granitfelsen zu schönen Aussichtspunkten führen. Der Granit wurde früher hier abgebaut. Ein riesiges wassergefülltes Loch mitten im State Park zeugt von der Vergangenheit als Steinbruch.
Der Abstecher nach Cape Ann hat sich auf jeden Fall gelohnt. Jetzt sehen wir zu, dass wir möglichst rasch nach Norden kommen und fahren auf der Interstate 95 durch immer bunter werdende Wälder über zwei Staatsgrenzen – zuerst von Massachusetts nach New Hampshire, dann nach Maine. Hier verlassen wir die Autobahn, um in den Outlet Malls von Kittery ein paar Dollar zu investieren.
Zuerst stärken wir uns an einer sehr originellen Seafood-Shack, dann schlagen wir bei Gap und Nike zu. Ich muss zugeben, dass ich in diesem Urlaub bisher sehr erfolgreich bin beim Shopping – was bei Conny für ein bisschen Neid sorgt.
Ab Kittery bleiben wir einfach auf der Route 1. Wir schauen uns kurz in der mit allerlei historischen Gebäuden gesäumten Ortsmitte von York um, fahren am schönen Strand entlang bis zum Cape Neddick, wo das Nubble Lighthouse ein tolles Fotomotiv abgibt, und genießen die warme Nachmittag-Sonne.
Auf dieser Route sollte man sich Zeit lassen
Durch Ogunquit und Kennebunk geht es weiter auf der 1. Vor allem in Ogunquit gibt es zahlreiche sehr gepflegt aussehende Motels entlang der Straße. Wäre gar kein Problem gewesen, hier ein Zimmer zu finden. Aber wir haben in Portland gebucht, was auch ganz gut ist, denn sonst wären wir hier garantiert irgendwo auf dem Weg hängengeblieben.
Eine sehr kuriose Begegnung haben wir in Ward, wo ein liebestolles Elchpärchen direkt vor uns die Straße überquert. Wir haben noch nie Elche in freier Wildbahn gesehen und hätten die nicht unbedingt in den Vorgärten an der viel befahrenen Straße erwartet. Lustig.
Urbanes Flair in Portland
Gegen 18 Uhr fahren wir am Eastland Park Hotel in Portland vor. Portland ist mit 65.000 Einwohnern die größte Stadt Maines und dank ihrer Kunstszene, der Universität und zahlreicher Unternehmenssitze wohl seit ein paar Jahren sehr angesagt. Wir staunen jedenfalls über die lebendige Downtown, in der sich das Hotel befindet. Das Eastland Park ist ein wunderbar altmodisches Hotel (mit renovierten Zimmern) aus den 20er Jahren. Wir finden ja, dass diese alten Hotels ein ganz eigenes Flair haben. Eine nette Abwechslung ist das hier allemal und der Priceline-Tarif von 50 Dollar ein Super-Schnäppchen.
Ein großer Berg Wäsche wartet darauf gewaschen zu werden. Dem nehmen wir uns jetzt an und außer der Obama/McCain-Debatte in der Glotze steht heute nichts mehr an.
Gefahren: 155 Meilen / 249 Kilometer
Hotel: The Eastland Park Hotel, Portland - 50 USD via Priceline