Zugspitze 2
Blick vom Gipfel der Zugspitze


Mo, 25. September 23

ZUGSPITZE: TOP OF GERMANY


Nach dem relativ kurzen Zustieg vom Kreuzeck zur Reintalangerhütte und einer gefühlt ewig langen Nacht mache ich mich in aller Frühe auf den Weg zum Gipfel.


Ich habe keine Ahnung, wann ich letzten Endes eingeschlafen bin und wie lange ich geschlafen habe, aber es können insgesamt höchstens ein paar Stunden gewesen sein. Immer wieder ließ mich der korpulente Bettnachbar mit seinem Geschnarche aufschrecken, immer wieder fing ich einen neuen Podcast an. Jetzt will ich nur noch weg, so schnell wie möglich auf einsamen Pfad kommen.


Sonnenaufgang, Zugspitze, Reintal
Knorrhütte
Weiterweg
Wegweiser

Vor Sonnenaufgang auf dem Weg


7 Uhr ist mir zu früh zum Frühstücken. Ich nehme nur eine Tasse Kaffee zu mir – die kostet 5 Euro und damit mehr als bei Starbucks in Frankfurt – und breche um 7:15 Uhr auf zur Wanderung. Die Sonne lässt gerade die ersten Bergspitzen aufleuchten, keine Wolke ist am Himmel. Genau so habe ich mir das vorgestellt. So unbequem die Nacht in der Reintalangerhütte war: Vor Sonnenaufgang auf dem Weg zum Gipfel zu sein, ist unbezahlbar und den Verzicht auf Komfort allemal wert.


Nach eineinhalb Stunden erreiche ich die Knorrhütte, auf knapp über 2.000 Meter am Rand des Zugspitzplatts gelegen. Bis dahin war’s ein recht steiler Anstieg von knapp 700 Höhenmetern, der Weg allerdings in perfektem Zustand und sehr gut zu gehen. Ich überlege kurz, hier einen Kaffee zu trinken, schätze aber, dass die Frühstückszeit schon rum ist und das Hüttenteam nun Wichtigeres zu tun hat. Also entscheide ich mich dafür, noch ein Stückchen weiterzuziehen und schließlich auf einem Felsen in der Morgensonne sitzend meine mitgebrachten Müsliriegel zu futtern. Sonst schleppe ich die ja meistens als Notration umsonst mit mir herum, heute kommen sie als Frühstück gerade recht.


Schon fast die Hälfte ist geschafft


Imposant ist der Ausblick über das Karstplateau. Gut lässt sich der Pfad zum Gatterl ausmachen, der kürzeste Weg zur Zugspitze, der an der Ehrwalder Alm beginnt. Wer ohne Nacht in einer Hütte rauf zum Gipfel will, sollte diesen Zustieg nehmen. Wobei auch das keine leichte Tour ist: Immerhin sind selbst mit Unterstützung der Bergbahn zur Alm fast 1.700 Höhenmeter zu bezwingen. Ich habe nun noch 900 vor mir.


Eine Stunde später stapfe ich über eine geschlossene Schneedecke. Die ist zum Glück noch recht griffig. Rechts oben kann ich nun den Gipfelaufbau mit der Seilbahnstation und den auffälligen Sendeanlagen ausmachen. Eineinhalb Stunden noch bis nach oben, sagt ein Wegweiser.


Der letzte Anstieg ist Wintersport


Das Sonnalpin-Restaurant und die Gletscherbahn lasse ich links liegen und mache mich direkt an den Aufstieg. Normalerweise führt der in endlos erscheinenden Serpentinen über einen Schotterhang, der unangenehmste Teil dieser Route. Aber der Schotter ist unter gut 30 Zentimeter Schnee begraben. Das klingt nicht nach idealen Bedingungen, ist aber tatsächlich gar nicht so schwierig und macht ziemlich Spaß. 


Ich hänge mich an ein Quartett junger Leute. Die sehen recht fit aus. So muss ich mir keine Gedanken über das Spuren im Schnee machen, sondern kann schön in fremde Fußstapfen treten. Wo aus dem Schotter blanker Fels wird, geht es am Seil weiter. Hier ist der meiste Schnee schon geschmolzen, daher ist das auch recht easy. Ich halte allerdings immer wieder an, um die sagenhafte Aussicht zu genießen. Es ist ein absolut klarer Tag, eine Gipfelreihe nach der anderen kommt am Horizont hervor, je höher ich steige. Fantastisch!


Nervenkitzel auf dem Grat


Kurz nach halb zwölf bin ich auf dem Gipfelgrat. Der ist nochmal etwas knifflig. Weil sich hier oben Schnee und Eis als Untergrund abwechseln und der Wind kräftig bläst. Nicht ganz einfach, die Balance zu halten. Langsam setze ich einen Schritt vor den anderen, nutze immer wieder das Seil als Halt.


Sonnalpin
Ziel in Sicht
Wegweiser
Schneefernerhaus
Ich, guter Dinge
Gletscherbahn
Klettersteig
Klettersteig
Schneeferner
Gipfelgrat
Durch Schnee und Eis
Endspurt
Letzte Leiter

Von links kommt der Klettersteig von der österreichischen Seite, den man von der Wiener-Neustädter-Hütte aus angeht. Auf dem ist niemand ohne entsprechendes Equipment unterwegs. Gut eingepackt sind die Bergsteiger dazu, schließlich liegt diese Flanke des Berges den ganzen Tag im Schatten. Dagegen war mein Aufstieg bis hierher aus der Kategorie Genusswandern. Erst später fällt mir ein, dass ich ja Grödel im Rucksack dabei habe…


Schneefernerhaus
Im Klettersteig
Ziel in Sicht
Schneefernerkopf
Auf dem Grat
Zwei Jahreszeiten
Welt aus Fels und Schnee
Blick zurück über den Grat
Am Gipfel
IMG_0651
Gipfelselfie
Hipfelkreuz
Blick nach Osten
Blick Richtung Südwesten

Ich bin oben. Fast.


Um 12:15 Uhr, genau fünf Stunden nach Aufbruch von der Reintalangerhütte, stehe ich an den Stufen, die vom Grat auf die Aussichtsplattform führen. Die Ankunft oben ist wie die Landung in einem Bienenstock, von jetzt auf gleich befindet man sich mitten im Touri-Zirkus.


Ich laufe quer über die Terrasse Richtung Ostgipfel. Eine Schlange von Menschen windet sich vom goldenen Gipfelkreuz über den Klettersteig bis zurück zum Ausgang der Seilbahnstation, bestimmt 100 Leute. Auf Anstehen habe ich nun so gar keine Lust, deshalb verzichte ich auf den Besuch des Kreuzes. Streng genommen fehlen mir damit drei Meter zur vollständigen Besteigung, aber was soll’s?


Gipfelselfie
Gipfel
Schroffe Felsen
Höllental
Eibsee
Prsot!

Fast genauso lang wie die Schlange zum Gipfelkreuz ist die am Bratwurststand vor dem Münchner Haus, Deutschlands höchstgelegener Alpenvereinshütte. Sie hat 30 Betten. Um die 2.000 Personen übernachten hier jedes Jahr und können den Gipfel abends und morgens in aller Stille genießen. Das Privileg hatte ich auch schon mal, als Conny und ich im Februar 2019 eine Nacht im Iglu-Hotel unten auf dem Zugspitzplatt verbrachten. Wenn ich mich so zurückerinnere: Damals habe ich ungefähr genauso schlecht geschlafen wie letzte Nacht.


400 Gipfel in Sicht


Statt eines Mittagessens genieße ich noch ein bisschen die spektakuläre Aussicht. Besser als heute geht’s einfach nicht! Ich bin mir ziemlich sicher, dass wirklich alle der über 400 angeblich von der Zugspitze aus sichtbaren Gipfel zu sehen sind – vom Großglockner bis ins Allgäu. Gut erkennbar ist die Watzespitze, höchster Gipfel des Kaunergrats, wo die Hütte der Mainzer DAV-Sektion steht. Und fast zum Greifen nah ist der Habicht in den Stubaier Alpen. Dort auf dem Höhenweg war ich vor drei Monaten zu Beginn des Bergsommers unterwegs. Mit der Wanderung auf die Zugspitze findet der nun einen tollen Schlusspunkt.


Nach einer halben Stunde habe ich genug von dem Trubel. Ich kaufe eine Karte für die Talfahrt mit der Seilbahn und schwebe ein paar Minuten später Richtung Eibsee. Beim Berggasthof Eibsee Alm finde ich einen Platz auf der Terrasse und lasse mir ein Weißbier und eine Riesenportion Käsespätzle servieren. Verdient!


Unterkunft: Reintalangerhütte

Wegstrecke: 7 km (gesamt: 18,5 km)

Höhenmeter: +1.590 (gesamt: +1.960/-640)