2019 Zugspitze Igludorf
Zugspitzplatt

Do, 21. Feb 2019

EINE NACHT GANZ OBEN

Was könnte winterlicher sein, als die Nacht in einem Iglu im Gebirge zu verbringen? Klingt nach einer anstrengenden Expedition in eine entlegene Wildnis? Vielleicht. Aber auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, bietet das Iglu-Dorf genau das: Eine Nacht in einem Hotel aus Schnee. Und was soll ich sagen? Sauna und Whirlpool gehören zur Ausstattung!


Meine bessere Hälfte, die dem Winter an sich nicht allzu positiv gegenübersteht, war überraschend aufgeregt über mein Wir-schenken-uns-nichts-zu-Weihnachten-Geschenk: In zwei Monaten würden wir ihren Geburtstag 2.600 Meter über Meer bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt verbringen. Schlauerweise hatte ich ein Paket gebucht, das die Übernachtung in einem Vier-Sterne-Hotel am Fuß der Zugspitze beinhaltet, wo wir in einem Spa auftauen und am Abend ein mehrgängiges Menü genießen würden. Die Sache war also abgemacht!


An einem Donnerstagnachmittag Ende Februar fahren wir auf den Parkplatz an der Zugspitzbahn in der Nähe von Grainau. Gleich neben den Gleisen der Zahnradbahn gibt es einen gekennzeichnete Bereich für die Gäste des Iglu-Dorfs, wo wir kostenlos die Nacht über stehen bleiben können. Wir schlüpfen in unsere Skikleidung und nehmen nur das Nötigste für die Nacht in zwei Rucksäcken mit.


Wir wollen die Seilbahn zum Gipfel nehmen. Die Fahrt ist nicht im Übernachtungspreis inbegriffen, so werden noch einmal 46,50 Euro pro Person fällig. Bei der Dame an der Kasse erwähne ich, dass wir oben übernachten, das Rückfahrtticket also für morgen gültig sein sollte. Sie wünscht uns viel Spaß!


In zehn Minuten zum Gipfel


Kurz darauf sind wir auf dem Weg nach oben. 1.945 Höhenmeter überwindet die Seilbahn, die im Dezember 2017 ihren Dienst aufnahm und nach 55 Jahren die alte Eibsee-Seilbahn ersetzte. Sie hält gleich mehrere Rekorde: Ihr einziger Mast ist mit 127 Metern der höchste der Welt, die Höhendifferenz setzt dabei ebenfalls Maßstäbe und auch die freie Spannweite von 3.213 Metern ist unerreicht. Was für ein Meisterstück der Ingenieurskunst!


In zehn Minuten bringt uns die Gondel bis zur Plattform 20 Meter unterhalb des höchsten Punkts Deutschlands. Wir kommen gleichzeitig mit einer Wolkenfront an, die den Gipfel wie in Watte packt, so dass die Sichtweite von jetzt auf gleich auf null fällt. Timing ist alles.


Da wir bei der mauen Sicht nun bis zum Treffen mit unseren Guides bis 16:30 Uhr nichts Besseres zu tun haben, gönnen wir uns im modernen Restaurant Panorama ein spätes Mittagessen. Eine kräftige Käsesuppe und ein Hefeweizen für mich, einen Muffin für Conny. Gar nicht schlecht. Wer weiß, wann wir heute Abendessen serviert bekommen?


Käsesuppe

Briefing in der geheizten Stube


Wir nehmen die Gletscherbahn hinunter zum Zugspitzplatt, das etwa 300 Meter unter dem Gipfel gelegene Plateau. Hier im rustikalen Sonnalpin werden wir zusammen mit noch etwa 40 weiteren Gästen von zwei Mitarbeitern des Iglu-Dorfs begrüßt. Ein ausführliches, aber auch sehr unterhaltsames Briefing bereitet uns auf das anstehende Erlebnis vor. Anschließend schnappt sich jeder einen Expeditionsschlafsack, der sogar bei Temperaturen von minus 40 Grad warmhalten soll. Nicht dass uns heute Nacht solche Bedingungen erwarten würden. Gerade mal minus sieben Grad soll es kalt werden, ein eher milder Abend für diese Jahreszeit. Normalerweise muss man Ende Februar eher mit minus 20 rechnen.


Die meisten nutzen die letzte Gelegenheit, einen beheizten Sanitärbereich aufzusuchen, dann treffen wir uns draußen auf der Terrasse. Es hat aufgeklart. Die untergehende Sonne sorgt im Zusammenspiel mit den schnell vorbeiziehenden Wolken für eine sagenhafte Lichtstimmung. Bis zum Horizont sehen wir nichts als schneebedeckte Gipfel.


Restaurant Sonnalpin
Zugspitzbahnhof
Deutschlands höchster Maibaum
Pistenraupe
Pistenraupe am Rodelhang
Pistenraupe vor der Kapelle
Schneefernerhaus
Unser Guide nimmt das Schneemobil
Wir gehen zu Fuß zum Iglu
Zugspitzkapelle
Zugspitzkapelle
Conny mit großem Schlafsack
Unter diesem Schneeberg werden wir die Nacht verbringen...
Wolkenspiel
Fantastische Aussicht
Zugspitzgipfel
Abendrot
Abendrot
Abendrot
Schneefernerhaus im letzten Licht

Wo nun alle Skifahrer weg sind, hat ein Ballet von Pistenraupen die Vorbereitungen für den nächsten Tag übernommen. Die haben Vorfahrt hier oben, und so werden wir vorsichtig vom Restaurant an der kleinen Kapelle vorbei zum Eingang unserer eisigen Unterkunft geführt, eine Holztür an der Seite eines riesigen Schneehaufens. In was für eine eigene Welt wir nun eintreten...


Welt der Meere aus Schnee und Eis


Holzdielen auf dem Boden sorgen dafür, dass man sicher durch die Flure laufen kann. Ein riesiger aus dem Schnee geschnittener Haifisch ziert die Wand - “Welt der Meere” ist in diesem Jahr das Motto bei der Innenausstattung. Jede Kammer ist individuell gestaltet - mit Fischen, Seehunden, Walen, Pinguinen oder, wie in unserer Suite, mit zwei Eisbären, die über das mit Schaffellen bedeckte Bett wachen.



Ein großer Kraken ziert die Wand der Bar, wo sich nach einem ersten Rundgang alle Gäste an hölzernen Tischen versammeln. Es gibt Käse und Schinken, dazu Glühwein und heißen Tee. Die Begeisterung aller ist förmlich zu greifen! Wir bekommen noch ein bisschen was zum Konzept der Iglu-Dörfer erzählt, von denen es jeden Winter mehrere in Deutschland und der Schweiz gibt. Zusammengenommen zählen die jede Saison mehr als 10.000 Übernachtungen.


Anfang und Ende des Iglus: Der Gletscher


Der Iglu auf der Zugspitze wird im Dezember aus Altschnee gebaut, der vom Gletscher herübergeschoben und per Schneefräse auf große Kuppelzelte aus Gummi geschichtet wird. Zum Ausbessern sind die Erbauer aber auch auf frischen Schnee angewiesen. Je nachdem, wann der fällt, kann sich die Eröffnung verzögern. Normalerweise hat das Iglu-Dorf aber spätestens zu Silvester geöffnet und bleibt bis in den April hinein bestehen. Dann werden alle beweglichen Teile, Möbel, die Elektrik, Schilder und Türen, entfernt und Planierraupen erledigen den Abriss. Die Reste werden wieder auf den Gletscher geschoben.


Blick in die Bar
Und der Haifisch, der hat Zähne
Blick hinaus
Da geht's lang.

Es ist wichtig, nicht die ganze Zeit herumzusitzen, also geht es auf eine kleine Nachtwanderung über das nun unheimlich stille Zugspitzplatt. Uns wird bewusst, dass wir vom Hausmeister der Seilbahn abgesehen die einzigen Menschen hier oben sind. Direkt unterhalb des Gipfels gab es mal ein Hotel, das Schneefernerhaus, das aber 1992 nach 60 Jahren geschlossen und in eine Umweltforschungsstation umgebaut wurde. Nur ab und an verbringen Wissenschaftler mal eine Nacht hier oben, ansonsten laufen die Messgeräte und Computer alle ferngesteuert und vollautomatisch. Aus der Ferne sehen wir einige Lichter durch die Fensterscheiben der Labore blinken - die “Schneeferner-Disko”, wie unser Guide dazu sagt. 


Aufwärmen im Whirlpool


Auf der Liste möglicher Aktivitäten stehen noch ein Saunabesuch oder ein Bad im Whirlpool sowie eine nächtliche Rodelpartie. Wir tragen uns für den Indoor-Whirlpool ein und dürfen so nach dem Abendessen, bei dem Fondue oder Käsespätzle zur Auswahl stehen, ein Sprudelbad genießen. Da sich die meisten für die Outdoor-Variante entscheiden, haben wir den Pool sogar für uns allein. Durch ein Loch in der Decke kann der Dampf entweichen, weht aber auch der Wind immer mal wieder Schnee hinein. Bestens aufgewärmt nehmen wir noch einen Absacker zu uns, ziehen uns dann aber bald in

unsere Kammer zurück.


Wie empfohlen entledigen wir uns der Oberbekleidung und nehmen ein Set Unterwäsche für den nächsten Tag mit in den Schlafsack. Das, um die warm und trocken zu halten. Alles außerhalb des Schlafsacks gefriert nämlich über Nacht.


Erholsamer Schlaf? Eher nicht


Zu behaupten, dass wir einen geruhsamen Schlaf finden würden, wäre sicher eine Übertreibung. Ich schlafe in der ersten Nacht in der Höhe eh nie gut und Conny hat vergessen, alle Luft aus dem Schlafsack zu pressen, so dass sich ihre Füße in Eisklötze verwandeln. Eine Wärmflasche hätte hier wohl gut getan. Die gab es gestern Abend ja für schmales Geld zu kaufen… Wir fühlen uns jedenfalls beide morgens ziemlich gerädert, als eine der Mitarbeiterinnen auf ihrer Weckrunde mit heißem Zitronentee vorbeikommt.

Dick eingemummelt gegen die Wände


Wir werden aufgefordert, unsere Sachen zu packen - tatsächlich ist alles klamm oder gleich ganz gefroren - und uns um 7:30 Uhr zum Abmarsch an der Tür einzufinden. Bei dichtem Schneetreiben geht es in der Gruppe zurück zum Sonnalpin, wo schon das Frühstücksbüffet für uns vorbereitet ist. Das ist gar nicht mal schlecht. Es gibt frische Brötchen und Croissants. Und es fühlt sich unfassbar gut an, wieder in einem warmen Gebäude zu sein! Um 8 Uhr verabschieden sich die Gastgeber von uns unter großem Applaus. Einen tollen Job haben die gemacht!


Wir sind die ersten auf der Piste!


Als Bonus für die Übernachtung im Iglu-Dorf sind wir nun natürlich vor allen anderen zur Eröffnung der Skilifte zur Stelle. Die beginnen um 9 Uhr ihren Betrieb. Wir sind keine großen Wintersportler, wollen uns aber die Gelegenheit, hier oben zu rodeln, nicht entgehen lassen. Weiter geht’s mit dem Spaß im Schnee!