20171001 Allgäu - Kempten

ALLGÄUER BERGTOUREN

So, Oct 1, 2017

IN DER STADT KEMPTEN



Was macht man, wenn man morgens beim Frühstück statt der Berge nur das milchige Weiß tiefhängender Wolken erblickt? Richtig, Gedanken über eine Alternative zum Wandern. Wir kommen an diesem Sonntag auf die Idee, mal etwas Kultur und Geschichte der Region aufzusaugen und fahren dazu nach Kempten, die größte Stadt im Allgäu.

Kempten ist wahrlich geschichtsträchtig. Immerhin reklamiert es den Titel der ältesten Stadt Deutschlands für sich. Wem dabei eher Trier oder Mainz einfallen, denkt nur an Gründungen der Römer. Die fanden bei der Eroberung des Alpenvorlands um 15 vor Christus allerdings bereits eine städtische Siedlung am Ufer der Iller vor. Die erwähnte der griechische Geograph und Historiker Strabon in seiner im Jahr 18 nach Christus erschienen Reisebeschreibung „Geographika“ als “Polis Kambodounon”. Hier hatten sich wohl die Kelten eingerichtet. Mittels archäologischer Funde ließ sich der Ursprung der Besiedlung allerdings noch nicht nachweisen.


Kempten gab es zweimal 


Später im Mittelalter wurde es dann richtig spannend, als gleich zwei Kemptens nebeneinander existierten - die katholische Stiftsstadt der Fürstabtei und die bald protestantische Reichsstadt, die wiederum von den Ländereien des Fürststifts umgeben war. Dementsprechend lassen sich bis heute in Kempten zwei Stadtkerne ausmachen.


1802 marschierten die Bayern ins Allgäu ein. Die Fürstabtei wurde säkularisiert, die beiden Städte vereinigt. Man kann sich leicht ausmalen, wie die lokalpatriotische Rivalität zwischen den beiden Teilen bis weit ins 20. Jahrhundert überlebte. Kempten hat also viel zu erzählen.



Das Auto stellen wir im Parkhaus Burgstraße am Rande der Altstadt ab. Gleich nebenan liegt der St.-Mang-Platz vor der gleichnamigen Kirche. Hier wollen uns später die Multimedia-Schau “Die Mauern brennen” in der Erasmuskapelle anschauen. Nun spazieren wir aber erstmal quer durch die Stadt zur Basilika St. Lorenz, deren Geschichte auf eine Klostergründung im Jahr 730 zurückgeht und die einst zusammen mit der sich anschließenden Residenz der Mittelpunkt des Fürststifts war.


In St. Lorenz geht gerade der sonntägliche Gottesdienst zu Ende, deshalb belassen wir es bei einem kurzen Blick auf das barocke Innere. Ich stelle Conny vor die Wahl: Besuchen wir das Alpinmuseum oder das Allgäu-Museum? Beide liegen um die Ecke der Basilika. Sie entscheidet sich für Letzteres. An der Kasse erfahren wir, dass heute freier Eintritt in alle Museen ist, denn es ist der erste Sonntag des Monats. Prima. Dazu bekommen wir auch noch ein Buch über die Dauerausstellung geschenkt.


Freier Eintritt ins Allgäu-Museum


Der Besuch des Allgäu-Museums lohnt sich aber auch, wenn man die 4 Euro Eintritt für Erwachsene zahlt. Auf mehreren Stockwerken des ehemaligen Kornhauses wird nicht nur die Geschichte der mittelalterlichen Doppelstadt veranschaulicht. Auch die Rolle Kemptens als früher Industriestandort, die wachsende Bedeutung der Milchwirtschaft für das Allgäu, das erst durch die intensive Viehhaltung in den letzten 150 Jahren seine vermeintlich typische Landschaftsform erhielt, sowie das Leben der Menschen in der “guten alten Zeit”, zwischen Arbeit und Freizeit in der Stadt und zwischen Arbeit und Andacht auf dem Land, werden im Museum schön übersichtlich präsentiert.


Nach zwei Stunden sind wir nicht länger aufnahmefähig. Nun das noch sicher ebenfalls sehenswerte Alpinmuseum zu besuchen, sparen wir uns. Stattdessen stärken wir uns mit Kaffee und Kuchen im Café der Bäckerei Sinz und spazieren anschließend durch den Hofgarten, in dem der Herbst allerdings schon weit vorangeschritten ist. Gerne hätte ich mir die Prunkräume in der Residenz angeschaut. Die sind allerdings wegen Renovierung bis nächstes Frühjahr geschlossen.



Unter der Stadt


Vorbei am 1474 errichteten Rathaus erreichen wir wieder die St.-Mang-Kirche. Dort holen wir uns Tickets für die Führung in die Erasmuskapelle. Auch die gibt es heute kostenlos. Punkt 15 Uhr geht es 23 Stufen hinab unter den Platz. Im Zuge dessen Neugestaltung stieß man vor einigen Jahren auf den bis 1535 genutzten Friedhof der Reichsstadt und das überraschend gut erhaltene Untergeschoss der Doppelkapelle für St. Michael und St. Erasmus. Das wurde freigelegt und zugänglich gemacht.


Projektionen lenken die Aufmerksamkeit der Besucher auf leicht zu übersehende Details an Decke und Mauern. So lassen sich an diesem Ort wichtige Stationen der Geschichte Kemptens miteinander in Verbindung bringen. Nach der römerzeitlichen Vorgeschichte des Platzes steht die Zeit ab dem 13. Jahrhundert ím Vordergrund, als der Bau mal als Beinhaus des Friedhofs, mal als Trinkstube des Stadtrats diente. Im Anschluss an die Multimedia-Präsentation dürfen wir die Führerin noch mit Fragen löchern. Auch der Besuch der Erasmuskapelle lohnt den regulären Eintritt von 4 Euro. Oder die Teilnahme an der klassischen Stadtführung “Kempten erleben”, die die Schau beinhaltet.



Nun gäbe es in Kempten noch weitere Sehenswürdigkeiten zu erkunden, etwa den Archäologischen Park Cambodunum. Uns reicht es aber mit dem Sightseeing für heute. Ohnehin dürfte es nicht unser letzter Besuch Kemptens gewesen sein. Zufrieden darüber, dass der Stadtrundgang so interessant war, fahren wir zurück nach Bolsterlang, wo der Bergbauernwirt Sonntagabend Spanferkel vom Grill auftischt. Schwein gehabt!


Nützliche Links

Kempten Tourist Info - was man als Besucher der Stadt wissen will

Museen der Stadt Kempten - Museen mit vielfältigem Kunst- und Kulturprogramm

Allgäu-Museum - das Museum hat eine eigene Website

Historisches Lexikon Bayerns - alles zur Geschichte der Reichsstadt

Historisches Lexikon Bayerns - die Geschichte der Fürstabtei

Allgaeu.de - alles zum Urlaub im Allgäu