20150606 E5 Vorbereitung 01
Burg Gutenfels

Sa, 6. Juni 2015

UND DAS HAT MIT IHREM SINGEN DIE LORELEY GETAN

Vor eine Woche auf dem E5 hat der Alpenverein ein Wochenende am Rhein gesetzt. Gelegenheit für den Wanderführer, die Gruppe kennenzulernen, deren Fitness zu testen und uns allerlei Tipps und Informationen zur anstehenden Tour mit auf den Weg zu geben. Da wir für zwei Etappen der Alpenüberquerung gemeldet haben, stehen für uns auch zwei Vorbereitungswochenenden auf dem Plan. So finden wir uns an einem sonnigen Samstagmorgen am Bahnhof in Kaub ein, um einen der schönsten Abschnitte des Rheinsteigs in Angriff zu nehmen, den zwischen St. Goarshausen und eben Kaub.


Unter der Woche hatte die Wettervorhersage mal Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke angekündigt, doch der heißeste Tage war zum Glück schon gestern. Heute müssen wir uns zwar mit drückender Schwüle herumschlagen, aber in der dunstigen Luft dürfte wenigstens die Sonne nicht ganz so erbarmungslos mit ihren Strahlen auf uns einprügeln.


Burg Pfalz

Eine bunte Truppe macht sich bereit zur Alpenüberquerung


Wir parken am Seitenstreifen zwischen B42 und den Bahngleisen und werden direkt von unserem Wanderführer Manfred begrüßt, einem drahtigen Herrn, der mindestens 25 Jahre älter ist als wir - und uns im Hochgebirge ganz sicher spielend abhängen würde, das ist mal klar. Ein bunt durcheinandergewürfeltes Grüppchen ist da zusammengekommen, packt die Rucksäcke, schnürt die Schuhe und kommt gut gelaunt und locker miteinander ins Gespräch. Schließlich sind wir alle auf derselben Mission.


Der Zug rheinabwärts lässt dann noch etwas auf sich warten. In Kaub gibt es keinen Fahrkartenautomat, man kauft das Ticket direkt beim Schaffner. Oder der Schaffnerin. Als die sieht, dass da eine größere Anzahl von Menschen den Zug besteigt, kommt sie von der hintersten Tür nach vorne gerannt. Ist schließlich auch eine private Bahnlinie hier, da muss die Kasse stimmen. Für 3,60 EUR im Gruppenticket bekommen wir ein paar Minuten Panoramafahrt samt zweier Tunnel geboten. Die Zugbegleiterin lässt es sich auch nicht nehmen, uns auf die Figur der Loreley am Rheinufer hinzuweisen. Nun gut, wenn man wie wir aus der Region kommt, ist das vielleicht keine so große Sehenswürdigkeit.


In St. Goarshausen angekommen treffen wir noch einige Mitwanderer, Manfred gleicht die Namensliste ab, dann marschieren wir durch den Ort zu Füßen des Loreleyfelsens. St. Goarshausen ist ein architektonisch ziemlich grausamer Mix aus hübsch herausgeputzten historischen Fachwerkhäuschen, halb-verfallenen historischen Fachwerkhäuschen und Bausünden der Nachkriegszeit. Unterhalb der Burg Katz steigen wir in steile Serpentinen ein - los geht's!


Die Königsetappe des Rheinsteigs


Vor ein paar Jahren bin ich diese Etappe des Rheinsteigs schon einmal mit Conny gelaufen - allerdings in die andere Richtung. Von damals ist mir gerade die Loreley und die angrenzende Wohnsiedlung als besonders reizlos in Erinnerung. Aber natürlich genießen wir trotzdem kurz die Aussicht von dem berühmtesten aller Ausflugsziele am Rhein. Immerhin halbiert sich hier der Fluss in der Breite, während sich sein Bett 25 Meter in den Schiefergrund gegraben hat, die tiefste Stelle des schiffbaren Rheins. Fast 200 Meter ragen die Felswände rechts und links des Ufers in die Höhe.


Hoch über dem Rhein

Bald haben wir von einer Felsenkanzel aus die Loreley selbst im Blick, in der anderen Richtung rückt eine Rheinschleife weiter bereits Oberwesel ins Bild. Auch auf der gegenüberliegenden Seite kenne ich fast jeden Pfad. Allerdings muss ich zugeben, dass ich vergessen hatte, wie schön und abwechslungsreich der Weg nach Kaub ist. Zwischen Eichen und Kiefern, mal tief im Wald, mal auf aussichtsreichen Felsenpfaden, über munter plätschernde Bäche und an Wasserfällen vorbei, durch Felder und blühende Wiesen wandern wir - unterbrochen nur von einer längeren und zwei kurzen Pausen - die nächsten Stunden über den Rheinsteig. Immer mal wechselt man dabei die Begleitung, plaudert mit dieser oder jenem, wobei rasch klar wird, dass wir nicht die einzigen Neulinge in Sachen Fernwandern sind. Bei allen Unterschieden in Lebensalter und Körperstatur läuft die Gruppe erstaunlich homogen. Das passt!


Nach 20 Kilometern haben wir jeweils 650 Höhenmeter im An- und Abstieg hinter uns gebracht - und damit etwa das Pensum, das uns an einem durchschnittlichen Tag in den Alpen erwartet. Nur halt in etwas dünnerer Luft und mit einigen Kilos mehr auf dem Rücken.


Wir fahren ein kurzes Stück den Rhein hinauf und nehmen in Lorch die Fähre nach Niederheimbach. Im "Gästehaus zur Heimburg" erwartet uns eine gedeckte Kaffeetafel mit hausgemachter Donauwelle, kaltes Bier - und vor allem eine Dusche. Der Tag ist doch sehr schweißtreibend gewesen.


Theoretisch könnte es auch winterlich werden


Vor dem Abendessen steht noch etwas Theorie auf dem Programm - in Form schöner Fotos, anhand derer uns Manfred den Weg durch die Alpen erklärt. Ein ganz eigenes Kapitel ist das Thema Übernachtung auf den Hütten. Die werden auf der "Rennstrecke" E5 nämlich allesamt mehr als gut belegt sein. Die Aussicht, mir mit Dutzenden schnarchenden und aller Voraussicht nach auch nicht durchgehend nach Seife und Lenor duftenden Menschen ein Matratzenlager zu teilen, ist nicht gerade das, worauf ich mich am meisten freue. Aber jeder, der schon mal eine solche Tour gemacht hat, weiß zu berichten, dass man spätestens in der zweiten Nacht vor Erschöpfung schläft wie ein Stein. Beruhigend.


Klar ist auch, dass wir uns auf alle Wettersituationen werden einstellen müssen. Besonders augenfällig wird das, als Manfred uns ein Grüppchen Wanderer vor einem Wegweiser zeigt, der in einem anderen Jahr bis auf die oberste Spitze im Schnee steckt. Meine imaginäre Einkaufsliste wird immer länger...


Wein und Bier reichlich


Das Abendessen nehmen wir auf der Terrasse der Pension ein. Es gibt allerlei kreative Grillgerichte, Salate und von der Gastgeberin selbstgemachte Butter und Saucen. Alles sehr lecker. Dazu fließen Wein und Bier reichlich, wobei Dirk und ich fast die Einzigen sind, die hier auch mal nach der alkoholfreien Variante greifen. Ich bin schließlich im Training.


Um Mitternacht löst sich die gesellige Runde auf und wir fallen in die Betten. Wir teilen uns das Zimmer mit dem zweiten Bergführer, der erst vor kurzem eine Knie-OP hatte. Dass wir ausgerechnet ihm das kleinere Beistellbett überlassen, sorgt trotzdem nicht für Protest. Der geübte Tourengänger ist da wohl an ganz andere Schlafgelegenheiten gewöhnt…


Wanderung:  20 km

Höhenmeter: +/- 650

Unterkunft: Gästehaus zur Heimburg, Niederheimbach