So, Nov 25, 2012
Heute schlagen wir das nächste Kapitel unserer Florida-Reise auf und verlassen die Keys. Es hat uns sehr gut gefallen auf den Inseln und wir hätten es sowohl auf Key West als auch auf Key Largo sicher noch ein paar Tage länger ausgehalten. Aber es locken die puderfeinen Strände der Westküste.
An der ersten Kreuzung nach der letzten Brücke kommt rechter Hand wieder die Florida Keys Outlet Mall. Hier will Conny nur kurz ein paar Nikes für eine Freundin mitnehmen. Wir schauen dann allerdings auch nochmal bei Levi's rein und da der Laden auf alle Preise weitere 30 Prozent Rabatt gibt, verlassen wir die Mall doch wieder mit vollen Tüten. Aber mal ehrlich: Für 70 Dollar Sweater, Polo, T-Shirt und Gürtel - da muss man ja bekloppt sein, nichts zu kaufen.
Durch ziemlich eintönige landwirtschaftlich genutzte Gegend fahren wir weiter Richtung Tamiami Trail. Der war die allererste Ost-West-Verbindung durch die Everglades und wurde 1928 nach 13 Jahren Bauzeit und Einsatz der
damals astronomischen Summe von acht Millionen Dollar in Betrieb genommen. Für den Bau waren zweieinhalb Millionen Stangen Dynamit im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert worden. Man hatte einen Kanal durch die Sümpfe gesprengt und aus dem Abraum den Damm für die Straße aufgeschüttet.
Dass das Ganze eine verheerende Wirkung auf das Ökosystem hatte, versteht sich aus heutiger Sicht von selbst. In einem gigantischen Bauprojekt wird nun ein Teil des Highways auf Stelzen gesetzt, so dass darunter das Wasser aus dem Lake Okeechobee wieder frei Richtung Florida Bay fließen kann. Für uns hat das die Unbequemlichkeit einer Baustelle zur Folge, was wir aber gerne in Kauf nehmen.
Tierbeobachtung leicht gemacht
Gegen Mittag erreichen wir den "Shark Valley" genannten Teil des Everglades National Park. Unser letzten Montag gekauftes Tickets ist noch genau heute gültig, das wollen wir natürlich nutzen. Der Parkplatz am Besucherzentrum ist allerdings bereits überfüllt. Also parken wir direkt vorne am Tamiami Trail und laufen das kurze Stück die Straße runter zum Eingang. Dort muss ich meine Quittung vom Eintritt vorzeigen und die Dame hinter der Scheibe zählt gewissenhaft die Tage seit Montag auf ihrem Kalender nach. Sieben. Potzblitz, das ist richtig! Wir dürfen passieren.
Wer es beim Besuch von Nationalparks gewohnt ist, angestrengt die Landschaft nach Tieren abzusuchen, muss im Shark Valley denken, er sei im Zoo gelandet. Nur ohne Gitter. Die Alligatoren dösen hier direkt am Wegesrand und man kann den Reihern, Kormoranen und Anhingas ungestört bei der Jagd zuschauen. Klasse!
Auf der Loop Road durch die Sümpfe
Wir könnten auch zwei Stunden mit einem Shuttle-Bus in die Everglades hineinfahren oder uns auf die Warteliste für ein Leihfahrrad setzen lassen. Uns reicht aber völlig, was wir hier beim kurzen Spaziergang geboten bekommen. Außerdem hat Conny Hunger. Den stillen wir mit einem Hot Dog und Eis aus einem kleinen Indianer-Laden. Die Miccosukee, ein von den Seminolen abgetrennter Stamm, hat sich entlang des Tamiami Trails angesiedelt. An deren Häusern vorbei kommen wir auch auf dem Weg zur Loop Road, einem alten Teilstück des Tamiami Trail, der heute als unbefestigte Straße tief in die Everglades und das anschließende Big Cypress National Preserve führt.
In Sachen Tierbeobachtung ist diese Loop Road das bisherige Highlight überhaupt für uns. Die Alligatoren liegen hier in so großer Zahl an der Straße, dass man aufpassen muss, nicht einen zu überfahren. Und wenn man dann mal anhält, weil man gerade ein Prachtexemplar im Sumpf entdeckt hat und nach ein paar Augenblicken merkt, dass einen nicht nur die Echse genau beobachtet, sondern dass da auch zwei, drei...nein, zwanzig Ibisse in den Ästen sitzen, Fischadler über einem kreisen, des Gequake der Frösche wieder einsetzt, die Zirkaden ihr Konzert fortsetzen, weiter hinten einer der vom Aussterben bedrohten Waldstörche durchs Dickicht watet, während ein prächtiger Reiher heftig mit den Flügeln schlagend auf einem Baum landet, so ist das schon ein besonderes Erlebnis.
Bereits vor zwei Jahren wollte ich ja die Loop Road fahren. Damals war sie gesperrt weil Baustelle. Zahlreiche Brücken wurden erneuert oder ganz neu errichtet, um dem Wasser alte Wege freizumachen. Diese Durchflüsse sind jetzt natürlich die Nadelöhre für die Fische und so lauern an diesen Stellen die Jäger - wobei die Alligatoren im Grunde nur das Maul aufhalten und warten müssen, bis etwas reinschwimmt. Die Sümpfe sind ein einziges All-you-can-eat-Büffet. Über zwei Stunden benötigen wir für die 27 Meilen lange Strecke, die an der Monroe Station der Nationalparksverwaltung wieder auf die US Route 41, den Tamiami Trail, trifft.
Ein paar Meilen Richtung Westen halten wir am Kirby Storter Roadside Park. Dort führt ein Boardwalk in den Zypressenwald. Wir waren hier schon einmal und damals ließen sich ähnlich wenige Tiere blicken wie heute. Ganz anders auf der Weiterfahrt Richtung Naples: Ganze Schwärme hocken in den Bäumen, manch Mangrovenhain erscheint weiß vor Vögeln. Alle paar Meter sitzt ein Kormoran mit ausgebreiteten Flügeln auf einem Ast über dem Wasser um sich zu trocknen, stakst ein Reiher durch den Kanal neben der Straße, lauert ein Alligator am Ufer. Dazu verzaubert das Nachmittagslicht der tiefstehenden Sonne die Landschaft - einfach großartig. Das sind die Momente, für die man auf Reisen geht.
Unser Übernachtungsort: Naples
Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Naples, das sich ganz schön weit in die Everglades reingefressen hat. Da auf Sanibel das Preisniveau nicht unwesentlich höher ist als auf dem Festland, habe ich hier noch eine Übernachtung eingeschoben, bevor es dann morgen auf die Insel geht.
Naples erscheint mir als furchtbar unurban: Man fährt auf autobahnbreiten Straßen an Kanälen, Hecken und Mauern entlang, hinter denen sich die Neapolitaner in ihren Siedlungen verbarrikadiert haben. Dazwischen immer wieder Einkaufszentren, Büroparks und Country Clubs mit Golfplätzen - sehr eintönig das Ganze, aber eben mit sehr angenehmem Klima.
Die Stadt selbst hat gerademal etwas über 20.000 Einwohner und wohl auch einige historische Gebäude, samt der Vororte leben hier aber mehr als 300.000 Menschen. Großstadt also mit entsprechend breitem Hotelangebot. Priceline ließ sich da nicht lange bitten und schickte uns für 50 Dollar plus Tax in die Springhill Suites von Marriott in der Nähe der Interstate 75. Das Hotel ist nagelneu, der Empfang durch den Manager ausgesprochen nett und unsere Suite so groß, dass wir darin ein Tennismatch austragen könnten. Nice!
Das Zimmer sieht allerdings nach wenigen Minuten aus, als wäre ein Koffer explodiert. Conny hat die Einkäufe der letzten Tage ausgebreitet und sammelt Klamotten für eine Runde Wäschewaschen zusammen. Ich gehe dann mal zur Rezeption Kleingeld für die Maschine besorgen…
Fürs Dinner fahren wir in eine Filiale unserer Lieblings-Kette Outback. Goldene Regel: Kein Amerika-Urlaub ohne Steaks im Outback! Das Restaurant ist proppevoll am Sonntagabend, so dass wir ein paar Minuten auf einen Tisch warten müssen. Eine halbe Stunde später sollte es sich wie auf einen Schlag geleert haben. Die überwiegend älteren Herrschaften essen scheinbar pünktlich und alle zur gleichen Zeit zu Abend. So ganz will ich heute wieder nicht auf das geliebte Seafood verzichten: Bei Outback gibt es das Sirloin Steak in der Spezialausgabe mit Krebsfleisch und Sauce Hollandaise obendrauf. Ja dann - her damit!
Gefahren: 161 Meilen / 259 Kilometer
Hotel: Springhill Suites Naples - 63 USD via Priceline
Nützliche Links:
The Florida Keys & Key West - prima Reiseführer für die Keys
Visit Florida - Besucherinformationen zu Key Largo
Florida's Paradise Coast - Reiseinfos zu Naples und Marco Island
Visit Florida - das Wichtigste zu Naples auf einen Blick
Everglades National Park - Website der Nationalpark-Verwaltung
Everglades Boat Rentals - hier kann man Kajaks mieten und Ausflüge buchen
Big Cypress National Preserve - alles zum großen Schutzgebiet
Loop Road - zur kuriosen Geschichte der Straße
Shark Valley Visitor Center - hier sind Tiersichtungen garantiert
TripAdvisor Forum Florida - Antworten auf alle Fragen