2023 Schweiz Tag 8
Lohner, Kandertal, Gasterntal, Berner Oberland

So, 8. Oktober 2023

ALPINER STEIG ÜSCHENEGRAT

Die Tour im Grenzgebiet von Berner Oberland und Wallis hatte ich vorab gar nicht auf dem Zettel. Aber ein paar Bilder vom Höhenweg an der Sunnbüel-Seilbahnstation haben gereicht, um unsere Neugier zu wecken.


An Optionen zum Wandern besteht rund um Kandersteg wahrlich kein Mangel. Aber erst gestern war ich auf die Beschreibung der Gratwanderung gestoßen und da ich weiß, dass auch Conny für solche Höhenwege zu begeistern ist, landete der Üschenegrat nun recht spontan auf der To-do-Liste.


Zum Startpunkt der Wanderung müssen wir wieder in dieselbe Ecke wie gestern, zur Sunnbüel-Bahn. Diesmal wollen wir aber mit dem Bus fahren. Als wir schon mehr als die Hälfte des Weges Richtung Ortsmitte zurückgelegt haben, fällt Conny auf, dass sie ihre Wanderstöcke vergessen hat. Sie rennt zurück zum Hotel und schafft es gerade so pünktlich zur Abfahrt an die Haltestelle – völlig außer Atem. Eine Frau will ihr direkt einen Sitzplatz anbieten. “La femme est fatiguée”, meint sie zu ihrer Nachbarin. “Oui, oui, et schlimm erkältet noch dazu”, denke ich mir. Conny winkt dankend ab. Bis zur Seilbahn hat sich ihr Puls wieder beruhigt.


Sunnbüel
Sunnbüel
Sunnbüel
Sunnbüel

Aufstieg zum Aussichtspunkt Gällihorn


Auf der Fahrt zur Bergstation bietet sich ein grandioser Blick ins gestern von uns besuchte Gasterntal. Der Vergleich mit Yosemite liegt wirklich auf der Hand! Um 10:15 Uhr sind wir oben und genießen noch zehn Minuten der Ruhe im Sonnenschein auf einer Liegebank. Dann starten wir unsere Wanderung. Erstes Zwischenziel ist ein Absatz unterhalb des Gipfels des Gällihorns, einem markanten Felskopf, den man schon unten in Kandersteg gut ausmachen kann. Der befindet sich 300 Meter höher, es geht also gleich sehr steil los.


Wir kommen an der Winteregghütte vorbei, um die an diesem Sonntagmorgen geschäftiges Treiben herrscht. Das Gälliwändli hier scheint eine überaus populäre Kletterwand zu sein. Nach 45 schweißtreibenden Minuten haben wir den Sattel erreicht. Die Aussicht ins Kandertal, auf die Kuppen von Balmhorn, Altels und Rinderhorn im Osten und zu den schroffen Wänden der Lohnergruppe im Westen ist sagenhaft.


The Sound of Switzerland


Als nächstes folgen wir dem felsigen Pfad unterhalb des Gipfelgrats. Auf der Karte verläuft der mehr oder weniger auf gleicher Höhe schnurgerade, in Wirklichkeit ist’s ein ständiges Auf und Ab mit zahlreichen Kehren. Aber allzu anstrengend ist das Ganze nicht – nur ziemlich frisch, denn wir befinden uns hier auf der Schattenseite des Berges. Von irgendwo wird der Klang eines Alphorns zu uns herauf getragen. Wir bleiben stehen und lauschen andächtig. Fast schon zu kitschig ist das.


Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Üschenegrat
Schwarzgrätli
Schwarzgrätli
Schwarzgrätli
Schwarzgrätli

Zum höchsten Punkt des Grats, der Wyssi Flue, ist es nochmal etwas Kraxelei, teilweise am Drahtseil. Sieht allerdings von unten herausfordernder aus, als es in Wahrheit ist. Um 13:15 Uhr sind wir oben auf 2.470 Meter. Jäh fällt der Berg an seiner Ostflanke ab in eine weite Hochebene namens Spittelmatte.

Schwarzgrätli
Schwarzgrätli
Schwarzgrätli
Schwarzgrätli
Berghotel Schwarenbach
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Berghotel Schwarenbach
Berghotel Schwarenbach
Berghotel Schwarenbach

Würde nicht so ein böiger Wind wehen, würden wir die Aussicht länger genießen, so machen wir uns bald an den Abstieg und auf die Suche nach einem geschützten Plätzchen für eine Rast. Der kleine, smaragdgrün schimmernde See unterhalb des Schwarzgrätli würde sich dafür anbieten. Wir gehen dann aber doch zügig weiter und steigen durch einen steilen Geröllhang ab zum Berghotel Schwarenbach.


Mittagsrast an geschichtsträchtigem Ort


Das gibt es schon seit 1742. Als Zollstation und Gasthaus an der uralten Handelsroute über den Gemmipass erlangte es mit dem aufkommenden Tourismus Berühmtheit. Persönlichkeiten wie Jules Vernes, Mark Twain, Lenin oder Pablo Picasso waren hier schon zu Gast. Am ruhmreichsten ist aber zweifelsohne die Geschichte von Kater Tomba, der 1988 im Schwarenbach geboren wurde und wohl an die 20 Mal Bergsteiger bis auf die Gipfel von Rinderhorn und Balmhorn begleitete. Immer wieder fand er von seinen Touren zurück zum Hotel. Leider wurde Tomba nur fünf Jahre alt und starb 1993 an Leukose. Wie viele Gipfel er noch hätte erklimmen können…


Es ist viertel nach zwei und so langsam ebbt der Mittagstrubel auf der Terrasse ab. Der Kellner verwickelt mich gleich in ein Gespräch über Fußball. Ich vergesse immer, dass man mich wegen meiner Handyhülle gleich als 05-Fan erkennt. Er kommt aus Dortmund. Da war ja was.


Walliser Craft Beer


Im Schwarenbach gibt es ein sehr gutes Rösti und als ich ein zweites Bier bestellen will, bekomme ich die Empfehlung, ein heimisches IPA von der Brauerei Valaisanne in Sion zu probieren. Stimmt, wir sind hier ja schon im Wallis! Nur 40 Minuten sind es vom Berghotel zum Daubensee. Den haben wir auf einer früheren Reise schon mal von Leukerbad aus erreicht. Ich hatte gar nicht auf dem Schirm, wie nah hier alles beieinander liegt. Das “Juicy IPA” ist jedenfalls hervorragend. Werde ich mir merken und nach den Dosen Ausschau halten.


Der Rest der Wanderung ist ein leichter Spaziergang über die Spittelmatte. Ein großer Findling am Wegesrand markiert die Grenze zwischen dem Kanton Wallis und dem Berner Oberland. Bis morgen, Wallis! 


Berghotel Schwarenbach
Spittelmatt
Spittelmatt
Spittelmatt
Spittelmatt

Ein letzter Gegenanstieg noch, dann erreichen wir gegen 16 Uhr die Seilbahnstation. Dummerweise ist der Busfahrplan nicht auf die Seilbahn abgestimmt. So müssen wir dann nach Kandersteg zurücklaufen. Das kriegen wir nun aber auch noch locker hin. Ein wunderschöner Tag geht zuende.


Unterkunft: Alfa Soleil, Kandersteg (jetzt Seiler's Vintage Hotel

Wanderung: 12,5 km / Höhenmeter: +/- 850


Nützliche Links:

Kandersteg - offizielle Tourismus-Website 

SBB - Homepage der Schweizerischen Bundesbahn

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