Der etwa 80 Kilometer lange Stubaier Höhenweg gilt als einer der populärsten Hüttentreks der Alpen und stand schon länger auf meiner Bucket-list. Als eine avisierte Tour in den Dolomiten mit dem Alpenverein abgesagt wurde, machte ich mich im Februar 2023 an die Planung der Begehung, die klassischerweise in 7 Etappen plus Auf- und Abstieg erfolgt. Wieder dabei: mein alter Freund Dirk. Unsere gemeinsamen sommerlichen Touren sind schon zur schönen Tradition geworden.
Der für uns ideale Zeitraum Ende Juni stellte mich allerdings vor die Herausforderung, dass eine der Hütten entlang der Route, die Dresdner, noch gar nicht geöffnet sein würde. Mit der bereits ausgebuchten Franz-Senn-Hütte fiel gleich ein weiteres Etappenziel weg. Wir würden also improvisieren müssen.
Eine weitere Herausforderung tat sich im späten Frühjahr auf, nämlich überraschend heftige Schneefälle. Hatte der ganze Alpenraum zwischen Januar und März über einen extrem schneearmen Winter geklagt, brachten April und Mai reichlich von der weißen Pracht. Das bedeutete, dass viele Hütten mit Verspätung in die Saison starteten, der Stubaier Höhenweg bis zu unserer Tour noch nicht durchgehend von den Wegebauern inspiziert und ausgebessert sein würde. Es versprach also, eine recht abenteuerliche Wanderung zu werden...
22. Juni 2023
ÜBER SIEBEN GIPFEL SOLLST DU SEH'N
Der Einstieg in den Stubaier Höhenweg ist nicht kompliziert. Mit dem Zug nach Innsbruck, per Linienbus ins Stubaital, dann von der Seilbahn die ersten Höhenmeter geschenkt bekommen und schließlich gemütliches Einlaufen zur ersten Hütte. Die bietet einen grandiosen Panoramablick auf die "Seven Summits Stubai".
23. Juni 2023
VERFRÜHTER ABSTIEG
Lehrbuchmäßig führt die 1. Etappe auf dem Stubaier Höhenweg von der Starkenburger zur Franz-Senn-Hütte. Unser Ziel ist aber Milders. Das liegt direkt unterhalb der Starkenburger Hütte, nur etwa zwei Stunden Abstieg entfernt. Unser Plan sieht aber etwas kreativer aus.
24. Juni 2023
ZURÜCK INS HOCHGEBIRGE
Was wir gestern abgestiegen sind, müssen wir heute wieder hinauf. Uns steht also ein deutlich anstrengenderer Tag bevor, als wenn wir den Stubaier Höhenweg von der Franz-Senn-Hütte aus weiterwandern würden. Immerhin: Es gibt zwischendurch die Möglichkeit zum Boxenstopp.
25. Juni 2023
SOMMER, SONNE, WILDE WASSER
Wieder steht ein langer Abstieg an: Statt über die Dresdner Hütte geht es von der Neuen Regensburger Hütte hinunter ins Tal und entlang tosender Wasserfälle rauf zur Sulzenauhütte. Ein absoluter Traumtag!
26. Juni 2023
ÜBER DIE MAIRSPITZE
Endlich können wir den Höhenweg laufen, wie er im Buche steht! Fantastisches Sommerwetter liefert den perfekten Rahmen für die Kulisse aus gletscherbedeckten Gipfeln, mit denen wir auf dem Weg zur Nürnberger Hütte auf Augenhöhe kommen wollen.
27. Juni 2023
TIERISCHE BEGEGNUNGEN
Ähnlich kurz wie die vorherige ist die Etappe von der Nürnberger zur Bremer Hütte. Wieder geht es steil rauf und steil runter. Nur mit schöner Aussicht wird es nichts, denn erneut ist das Wetter umgeschlagen. Dafür zeigt sich die lokale Fauna.
28. Juni 2023
NEBEL DES GRAUENS
Auf dem Papier liest sich die 7. Etappe des Stubaier Höhenwegs gar nicht so beeindruckend. Dass die Wegweiser eine Gehzeit von sieben Stunden anzeigen, lässt allerdings anspruchsvolles Terrain vermuten. Und wir haben dafür den Tag mit dem miesesten Wetter der ganzen Woche erwischt.
29. Juni 2023
WIEDER DA: DER SOMMER
Endspurt! Unser Ziel ist Neustift im Stubaital. Die letzten Meter dorthin wollen wir per Seilbahn zurücklegen, der Elferbahn. Um die zu erreichen, müssen wir nach dem Abstieg von der Innsbrucker Hütte nochmal ein bisschen bergauf. Unter blauem Himmel ist das ein Vergnügen.
FAZIT
Nach dieser Tour steht für mich fest: Völlig zurecht wird der Stubaier Höhenweg als eine der schönsten Mehrtagestouren der Alpen bezeichnet. Der durchweg alpine Charakter mit schmalem Pfad und der ein oder anderen anspruchsvolleren Kraxelei war voll nach meinem Geschmack.
Dass wir auf unserer Tour gleich zwei Mal ins Tal absteigen mussten, war einerseits schade, andererseits wurden wir mit herrlichen Eindrücken auf dem Wilde-Wasser-Weg entschädigt. Und auch wenn wir etwas zu früh unterwegs waren, passte das Timing, denn das Wochenende nach unserer Heimfahrt brachte sintflutartige Regenfälle ins Stubaital und den tragischen Tod eines Ultra-Läufers, gefolgt von weiteren schweren Unwettern mit Murenabgängen und Überschwemmungen den halben Sommer über.
Von den Hütten enttäuschte keine. Alle hatten ihre liebenswürdigen Besonderheiten, überall trafen wir auf nette Menschen und eine entspannte, freundliche Atmosphäre. Auch in der Hinsicht war es sicher kein Nachteil, früh in der Saison unterwegs zu sein.
Die An- und Abreise mit Bus und Bahn klappte absolut reibungslos – bemerkenswert in einem Jahr, in dem so viele über die Unzuverlässigkeit der Bahn klagten. Zugegeben: Auch wir mussten in Reutin am Bodensee eine Stunde auf das deutsche Zugpersonal warten, aber der Fahrplan ist auf der Strecke so großzügig getaktet, dass die Verspätung bis zum Ende unserer Fahrt fast komplett aufgeholt wurde. Der direkte Zug zwischen Mainz und Innsbruck ist unschlagbar als komfortabelste Art, nach Tirol zu reisen. Gerne wieder!