2023 Schweiz Tag 4
Birg, Schilthornbahn, Jungfrau

Mi, 4. Oktober 2023

ÜBER DEN WOLKEN

Futsch ist die Aussicht aus der Ferienwohnung. Nach nächtlichem Regen ist Mürren in dichten Nebel gehüllt. Aber der Blick in die Webcams verrät, dass auf die umliegenden Berggipfel schon wieder die Sonne scheint. Also geht es mit der Schilthornbahn durch die Wolkendecke.


Mürren im Nebel

Gestern Abend hatte es, wie von allen Wetter-Apps angekündigt, angefangen zu regnen. Im Laufe des Tages sollen die Wolken wieder aufreißen, aber so lange wollen wir nicht warten. Ich habe eine Wanderung zum Grauseeli auf der To-do-Liste, ein in einer Senke zwischen Birg und Schilthorn gelegener Bergsee. Statt mühsam von Mürren aus 1.000 Höhenmeter durch den Nebel dorthin aufzusteigen, könnten wir ihn auch über einen einfachen Abstieg vom Gipfel des Birg aus erreichen.


Zur Sonne, zur Freiheit


Wir entscheiden uns für den kürzesten Weg Richtung Sonnenschein, besorgen bei Coop Frühstück zum Mitnehmen und steigen in die nächste Seilbahn Richtung Schilthorn. Die ist voller japanischer Touristen. Als die Gondel durch die Wolkendecke stößt, geht fast ein Freudenschrei durch die Menge. Ohne Rücksicht auf Verluste drängt alles zum großen Fenster auf der Sonnenseite. Leute, beruhigt euch! Die Sonne wird nicht gleich wieder untergehen.


An der Station Birg entkommen wir dem Gedränge. Birg ist die Mittelstation der Bergbahn, 300 Meter niedriger als das benachbarte Schilthorn, das es auf 2.970 Meter bringt. Das gilt als einer der besten Aussichtsgipfel der Schweiz – und wurde durch den James Bond-Film “Im Dienste ihrer Majestät” von 1969 weltberühmt. 


007 auf der Spur


Das für die Dreharbeiten gerade eben fertiggestellte, auch heute noch futuristisch anmutende Restaurant diente im Film als Basis des Bösewichts Blofeld und behielt danach den Namen des fiktiven Berggipfels “Piz Gloria”. Klar, dass sich das Ganze bestens vermarkten lässt. Es gibt auf dem Schilthorn ein Filmmuseum, ein Kino und natürlich einen Souvenirladen, in denen sich alles um den Bond-Klassiker dreht. Und im Restaurant einen 007-Burger, 007-Cappuccino, 007-Schoggi… Allein dieser ganze Rummel ist für mich ja Grund genug, NICHT bis aufs Schilthorn zu fahren. Nun sind wir immerhin auf dem Birg. Und auch von da ist die Aussicht fantastisch!


Birg
Birg Thrill Walk
Birg Thrill Walk
Birg
Birg
Birg: Blick zum Schilthorn

Nachdem die erste Touristengruppe weitergegondelt ist, haben wir die Terrasse fast für uns allein und können in aller Ruhe den Blick über die aus dem Wolkenmeer ragende Gipfelparade genießen. Spektakulärer geht’s nicht.


Doch, natürlich geht es noch spektakulärer! Unterhalb der Aussichtsplattform aus Glas und Gitterrosten, dem “Skyline Walk”, führt eine Stahlbau-Konstruktion, der “Thrill Walk”, in luftiger Höhe direkt am Felsen entlang. Den lasse ich Conny lieber mal alleine erkunden und hole mir drinnen einen Kaffee. Schließlich sind wir noch gar nicht zum Frühstücken gekommen.


Amüsiert schauen wir der nächsten Reisegruppe zu, wie sie aus der Seilbahn gestürzt kommt, hektisch ein Selfie nach dem anderen knipst und Minuten später wieder verschwindet. Einfach verrückt. 


Der Berg ist eine einzige Baustelle


Vom Birg aus können wir erkennen, dass die Wolken nun auch den See freigegeben haben. Also machen wir uns an den Abstieg. Der führt wie in einem Labyrinth mitten durch die Baustelle, die den ganzen Gipfel einnimmt. Im Zuge des Bauprojekts “Schilthornbahn 20XX” werden nicht nur die Seilbahnen völlig neu konstruiert, sondern die Bergstationen auch an das Trinkwassernetz von Mürren angeschlossen und in Zukunft über eine Druckleitung von der fast 1.000 Meter tiefer gelegenen Schiltalp versorgt. 


Klingt irre und sorgt dafür, dass es hier oben aussieht, als würden die Berge komplett umgegraben. Immerhin gehören dazu zig Kilometer Rohre, Speicher sowie eine Pumpstation auf dem Birg. Und wo man schon mal dabei ist, verlegt das Elektrizitätswerk Lauterbrunnen gleich noch eine zusätzliche Stromleitung auf das Schilthorn. Dass man aus dem kleinen Grauseeli nicht einfach ein Reservoir gemacht hat, verwundert fast schon. Aber damit wäre ein richtiges Kleinod verloren gegangen. Wunderschön, wie sich die Berge auf seiner glatten Oberfläche spiegeln. Mit “der reinen Natur”, wie es auf der Website der Schilthornbahn heißt, hat das alles hier allerdings herzlich wenig zu tun.


Birg
Birg
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli
Grauseeli

Für den Rückweg nach Mürren stehen nun mehrere Varianten zur Wahl. Der nördliche Teil des Grauseeli Loops führt an Skipisten entlang zur Schilthornhütte. Die hat allerdings bereits die Saison beendet, bietet sich also nicht zur Einkehr an. Da erscheint uns der Weg über die Schiltalp attraktiver, auch wenn wir dabei mehr oder weniger auf dieselben Berge schauen wie gestern. Wir wandern dann nämlich parallel zur weiter unten verlaufenden Via Alpina zwischen Rotstockhütte und Gimmelwald. Aber das war ja sehr schön gestern, also spricht nichts gegen diese Variante.


Schiltbach
Schiltbach
Mürren
Mürren
Mürren
Kaffee & Kuchen
Cheers
Dinner

Der Abstieg vom Grauseeli ist nicht ohne. Erst als wir nach Queren des Schiltbachs, der dem See entspringt, ein Almgebiet erreichen, flacht der Weg ab. Allerdings sind wir nun so tief, dass uns die Wolken wieder einhüllen. Bis wir gegen 13 Uhr Mürren erreichen, hat sich aber die Sonne durchgesetzt.


Der coolste Hang-Out-Spot von Mürren


Beim Café Liv, dem mit Abstand coolsten Hang-Out-Spot im Dorf, genießen wir Kaffee und Kuchen und traben anschließend bei der Touristeninformation vorbei, um die Kurtaxe zu bezahlen. Außer freiem Eintritt ins Schwimmbad hat man davon nichts, aber sie muss von jedem Übernachtungsgast entrichtet werden. Ich fände ja mindestens eine Freifahrt mit jeder Seilbahn als Gegenleistung angemessen.


Wir gönnen uns dann mal wieder ein Abendessen und gehen dazu ins Hotel Edelweiß. Es ist ein bisschen blauäugig, in Mürren auf gut Glück ein Restaurant aufzusuchen, denn weil nicht mehr alles auf hat, sind die, die noch geöffnet sind, oft ausgebucht. Wir bekommen aber einen Tisch, ein köstliches Fondue, das wir bis auf den letzten Klecks Käse leer machen, und dazu einen leckeren Fendant. Nice one!


Unterkunft: Chalet Raufthubel, Mürren

Wanderung: 7,5 km / Höhenmeter: +40 / -1.080


Nützliche Links:

Jungfrau Region - offizielle Tourismus-Website 

SBB - Homepage der Schweizerischen Bundesbahn

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