2023 Schweiz Tag 10
Matterhorn, Zermatt, Wallis

Di, 10. Oktober 2023

DAS MATTERHORN IM BLICK

Die Tour von der Riffelalp über den Gletschergarten Dossen, die spektakuläre Hängebrücke über die Gornera, die uralten Weiler Zum See und Blatten und durch die Gornerschlucht in den Ortskern von Zermatt steht so in keinem Wanderführer, bietet aber viel Abwechslung ohne allzu große Anstrengung. Genau richtig für eine Einführung in die Bergwelt und die interessante Kulturlandschaft rund um Zermatt.


Bestens geschlafen haben wir in unserer Alpenroyal-Suite. In Sachen Mobiliar ist die nicht auf dem allerneuesten Stand, aber die Matratzen sind wirklich sehr bequem. Wir sind ja längst in einem Alter, in dem das relevant ist. Das Frühstück ist wieder inkludiert, das Buffet zwar nicht ganz so üppig wie in Kandersteg, aber allemal ausreichend, um gut gestärkt in den Tag zu starten. Für den habe ich uns natürlich wieder eine Wanderung geplant.


Unberührte Natur? Eher nicht


Zermatt ist ja gar kein so tolles Basiscamp für Tageswanderungen, finde ich. Die Lage am Talschluss, die teilweise brutal in die Berge gebaute Infrastruktur für den Skitourismus – von unberührter Natur kann hier keine Rede sein. Speziell zu dieser Jahreszeit kommt hinzu, dass man als Wanderer von dieser ganzen Infrastruktur nicht in vollem Maße profitiert, denn einige Seilbahnen sind nun wegen Revision außer Betrieb. Zwei Tage lassen sich aber allein um den Gornergrat schon gut füllen.


Der Gornergrat dürfte neben dem Jungfraujoch der berühmteste Aussichtspunkt der Schweiz sein. Seit 125 Jahren bringt eine Zahnradbahn Gäste auf über 3.000 Meter. Den Ausflug nach ganz oben wollen wir uns für den nächsten Tag aufheben. Heute fahren wir erstmal nur bis zur Zwischenstation Riffelalp. Am gleichnamigen Fünf-Sterne-Hotel beginnt ein schöner Wanderweg durch den Bergwald mit Lärchen und Eichhörnchen Richtung Schweigmatten.


Hängebrücke Gletschergarten Dossen
Riffelalp
Riffelalp
Gletschergarten Dossen
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Hängebrücke Gletschergarten Dossen
Hängebrücke Gletschergarten Dossen

Bis zu den Schweigmatten reichte der Gornergletscher während seines weitesten Vorstoßes Mitte des 19. Jahrhunderts. In nur 60 Jahren war er 600 Meter vorgedrungen und hatte dabei zahlreiche Almhütten und einige Wohnhäuser zerstört. Unvorstellbar heute. Von einem Gletscher ist hier weit und breit nichts zu sehen. Das Zungenende des Gornergletschers befindet sich mittlerweile über 2,5 Kilometer entfernt. Aber im Gletschergarten Dossen bekommt man auf zahlreichen Informationstafeln erklärt, welche Spuren die Eismassen hinterlassen haben. Wir drehen hier keine komplette Runde, sondern biegen nach einem kurzen Anstieg vom Hauptweg ab zu einer großen Hängebrücke.


Nervenkitzel über der Gornera


In 90 Metern führt die Brücke über die tosende Gornera. Das ist so eine Höhe, die ich nicht gut abkann. Mit starr geradeaus gerichtetem Blick gehe ich über die schwankende Stahlseil-Konstruktion. Dahinter führt ein Holzsteg durch ein hübsches Moorgebiet. Das Naturidyll endet an der Bergbahnstation Furi, einem gewaltigen Klotz aus Glas und Beton, an dem sich gleich vier Linien treffen. Ob man das Brummen der Antriebe irgendwann nicht mehr hört, wenn man in einem der Ferienhäuser in der Nachbarschaft wohnt?


Wunderbar ursprünglich präsentiert sich dagegen der Weiler Zum See. Hier stehen jahrhundertealte Wohn- und Speicherhäuser zusammen. Der älteste Stadel wurde 1480 erbaut. Kaum zu glauben, wenn man bedenkt, welchen Wetterkapriolen dieses Gebäude in all der Zeit ausgesetzt war. Ein Wunder auch, dass es keiner Seilbahn oder Skipiste zum Opfer gefallen ist. 


Hier, südlich von Zermatt, sind einige alte Siedlungen erhalten, größtenteils dank interessierter Mäzene, die die Gebäude vor Jahrzehnten den zersplitterten Erbengemeinschaften abkauften und behutsam sanierten. Der Verein Alts-Zermatt hat es sich zur Aufgabe gemacht, die historischen Schätze zugänglich und erlebbar zu machen. So lässt es sich auf drei bestens ausgeschilderten “Kulturwegen” den Spuren des bäuerlichen Lebens der letzten 800 Jahre nachgehen. Hätte ich früher davon gelesen, ich hätte wohl einen ganzen Tag nur dafür eingeplant.


Wer hat's erfunden?


Auch das benachbarte Blatten bietet ein intaktes ursprüngliches Siedlungsbild. Neueren Datums ist hier der “Ricola Schaugarten”, in den wir zufällig stolpern. Hier kann man die 13 Kräuter der berühmten Bonbons kennenlernen.


Zum See
Zum See
Zum See
Zum See
Zum See
Zum See
Blatten
Blatten
Blatten
Blatten
Restaurant Blatten

Direkt unterhalb davon liegt das Restaurant Blatten. Das sieht sehr einladend aus. Im Schatten finden wir keinen Platz, wir nehmen mit einem Tisch in der prallen Sonne vorlieb. Ich creme mir besser nochmal den Nacken ein. Einfach krass, wie die Sonne knallt. Es ist Oktober wohlgemerkt, nicht Juli!


Ich habe Geburtstag heute, da darf man sich mittags schon mal einen Drink gönnen. Außerdem ist es always Aperol o’ clock somewhere. Absolut köstlich auch: Hirsch-Carpaccio mit Parmesansplittern und Rucola. Ich habe nie einen besseren Parmesan gegessen. Conny gönnt sich einen klassischen schweizer Nachtisch: Meringues mit Eis und Sahne. Uneingeschränkte Empfehlung für das Blatten!


Gornerschlucht
Gornerschlucht
Gornerschlucht
Gornerschlucht
Gornerschlucht

Naturwunder direkt am Dorfrand


Nicht weit entfernt wartet dann das nächste Highlight unserer Wanderung: die Gornerschlucht. Holzstege führen durch einen engen Canyon, unter uns rauscht der Wildbach. Er hat sich seit der letzten Eiszeit diesen Weg durch den Serpentinit gesucht. Vor ein paar Jahren wurde der Steig restauriert. Der obere Teil der Schlucht kann allerdings seit einem Hochwasser in den 50er Jahren nur noch als Klettersteig beim Canyoning genutzt werden. 


Am Ende kommen wir an einem Kassenhäuschen raus, wo 5 Franken Eintritt fällig werden. Die junge Frau an der Kasse hat neben sich ein Baby in einem Körbchen liegen. Vier Tage alt sei es, erzählt sie mir, und ich glaube das sofort. Es ist wirklich winzig. Wie sehr kann man eigentlich einen Job lieben? 


Hinter der Schlucht vereinigt sich die Gornera mit dem Zmuttbach zur Mattervispa. Ihr folgen wir, begleitet von Baustellenlärm, in die trubelige Ortsmitte von Zermatt. Auch Zermatt hat sich einen alten Dorfteil bewahrt. Im sogenannten “Hinterdorf” gruppieren sich etwa 30 Stadel, Speicher, Ställe und Wohnhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert um sehr schmale Gässchen. Durch sie kommen wir auf dem Weg zu unserem Hotel.


Schickes Dinner im Place to be


Ich entspanne dann ein bisschen am Pool, von dem aus man einen herrlichen Blick auf das Matterhorn hat. Dann geht es zum Abendessen zurück ins Städtchen. Zur Feier des Tages hat Conny uns einen Tisch in einem schicken Restaurant reserviert. Der Schweizerhof bezeichnet seine Kitchen selbst als “Place to be in Zermatt” und verspricht auf der Website eine “Atmosphäre, wie sie auch in Zürich, Berlin oder New York sein könnte”. Bin mir nicht sicher, wie sehr Zermatt wie Zürich, Berlin oder New York sein sollte – jedenfalls legt hier ein DJ auf und der Kellner spricht Englisch.


Tatsächlich ist das moderne, bunte Innendesign aber ziemlich stimmig und das Essen sowieso. Ich entscheide mich für einen Trüffelburger im Charcoal Bun, Conny nimmt die Lammkoteletts – beides superlecker. 


Einen Faux-Pas leistet sich der Service, als mir die Maître d' erst ein mit Pyrotechnik garniertes Dessert bringt, zum Geburtstag gratuliert und meint, das ginge aufs Haus, das Ganze dann aber doch auf der Rechnung auftaucht. Ups! Conny ist es zu albern, sich zu beschweren. Wird das Budget nun auch nicht mehr sprengen.


Schweizerhof, Zermatt
Grizzly's Bar, Zermatt

Wir gehen noch auf einen Absacker in der Grizzly’s Bar vorbei. Die hat eine prima Craft Beer-Karte. Ich muss unbedingt das Hazy IPA der Haarige Kuh Brauerei aus Interlaken probieren. Ja, die heißt wirklich so. Sie hat auch ein passendes Logo auf Flaschen und Filzdeckel. Lasse ich mitgehen.


Unterkunft: Hotel Alpenroyal, Zermatt

Wanderung: 9,5 km / Höhenmeter: +170 / -775


Nützliche Links:

Zermatt - Zermatt Tourismus Website

SBB - Homepage der Schweizerischen Bundesbahn

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